Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Apollonia K*****, 2. Mag. Anna R*****, beide vertreten durch Dr. Werner Steiner, Mitarbeiter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, *****, 3. Erich G*****, 4. Muniver M*****, vertreten durch Mirsad M*****, 5. Camka A*****, und 6. Edelgard N*****, gegen die Antragsgegner 1. Immobilienverwaltung Horst L*****, vertreten durch Dr. Christian Böhm, Dr. Axel Reckenzaun, Rechtsanwälte in Graz, 2. die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1125 *****, mit den Häusern *****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 2 WEG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erst- und Zweitantragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 6. März 2009, GZ 3 R 189/08y-34, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Am 29. 6. 1994 wurde bei einer Hausversammlung, zu der sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft geladen waren, zum Tagesordnungspunkt „Kosten-Nutzen-Rechnung der Haussprechertätigkeiten" ein Mehrheitsbeschluss dahin gefasst, dass die Barauslagen der von der Mehrheit gewählten „Haussprecher", die im Zusammenhang mit Hilfstätigkeiten für die Hausverwaltung aufgewendet wurden, als Betriebskosten der Liegenschaft zu werten und allen Wohnungseigentümern vorzuschreiben seien. Bei diesen Barauslagen handelt es sich um konkrete Materialkosten, Kosten von Telefonaten, Porti, Schreibmittel, Kopien, Fahrtspesen etc.
Für die Liegenschaft ist ein Hausverwalter bestellt. Dem Hausverwalter wurde durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer aufgetragen, diese Positionen in die Betriebskostenabrechnung des Hauses aufzunehmen.
Die Antragsteller bestreiten die Ordnungsgemäßheit der dementsprechend erstellten Hausverwaltungsabrechnungen der Jahre 2002, 2003 und 2004 mit der Behauptung, diesbezüglich bedürfe ein Beschluss der Einstimmigkeit, ansonsten könnten nur jene Wohnungseigentümer mit den Barauslagen belastet werden, die den sogenannten „Haussprechern" Vollmacht und Auftrag erteilt haben.
Beide Vorinstanzen wiesen das Begehren auf ordnungsgemäße Rechnungslegung ab.
Das Rekursgericht führte aus, dass der in Frage stehende Mehrheitsbeschluss mangels Anfechtung durch einen der Wohnungseigentümer in Rechtswirksamkeit erwachsen sei. Allfällige Mängel seien geheilt.
Nach Inkrafttreten des § 22 WEG 2002 entspreche das Aufgabengebiet der hier bestellten Haussprecher dem der nunmehr im Gesetz vorgesehenen „Eigentümervertreter". Solche könnten durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer bestellt werden. Eine taxative Aufzählung der Aufwendungen für die Liegenschaft kenne das WEG nicht. Es bestünden daher keine Bedenken dagegen, Barauslagen solcher „Haussprecher", die wie „Eigentümervertreter" mit bestimmten Kontrollaufgaben betraut seien, als Aufwendungen für die Liegenschaft zu beurteilen, ohne dass dies der Einstimmigkeit bedürfe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Erst- und Zweitantragstellerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs erweist sich mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG als unzulässig.
Zufolge § 20 Abs 1 WEG ist ein Verwalter verpflichtet, Weisungen der Mehrheitseigentümer zu befolgen, soweit diese nicht gesetzwidrig sind. Zufolge § 28 Abs 1 Z 6 WEG fällt die Bestellung eines Eigentümervertreters unter die Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung, die von der Mehrheit der Wohnungseigentümer wahrzunehmen ist. Weil es vorliegendenfalls nicht auf die Organstellung der sogenannten „Haussprecher" für die Eigentümergemeinschaft im Sinn des § 22 Abs 1 WEG ankommt, spielt auch der Umstand keine Rolle, dass ihre Bestellung und der maßgebliche Mehrheitsbeschluss vor Inkrafttreten des WEG 2002 gefasst wurden. Eine Analogie hinsichtlich des Bestellungsmodus liegt schon deshalb auf der Hand, weil die zu erfüllenden Aufgaben im Rahmen der ordentlichen Verwaltung bleiben.
Darüber hinaus steht nicht in Frage, dass der von den Haussprechern geleistete Aufwand für die Eigentümergemeinschaft insgesamt notwendig und nützlich war.
Insofern bestehen keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Weisung der Mehrheit der Wohnungseigentümer an den Hausverwalter, die Barauslagen der Haussprecher als Aufwendungen im Sinn des § 32 WEG zu behandeln und dementsprechend in die jährlichen Hausbewirtschaftungskostenabrechnungen aufzunehmen.
Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung sind alle jene Verfügungen, die dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, wie sie sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, im Wesentlichen dem Interesse aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten erfordern (ständige Rechtsprechung: 1 Ob 701/77 = SZ 51/56; 5 Ob 640/78 = SZ 51/115, 3 Ob 583/84 = SZ 58/129; 3 Ob 71/86 = SZ 59/203, 7 Ob 736/77 = MietSlg 30.082 ua; H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 40 zu § 28 WEG mwN).
Dass mit dem vorliegenden Mehrheitsbeschluss über den Ersatz von Barauslagen an sogenannte „Haussprecher", auch wenn sie nicht die Qualität von Eigentümervertretern im Sinn des § 22 WEG aufwiesen, der Bereich der ordentlichen Verwaltungsmaßnahmen nicht überschritten wurde, ist jedenfalls vertretbar und wirft damit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.
Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu führen.
Textnummer
E91153European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00086.09X.0609.000Im RIS seit
09.07.2009Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012