Index
E3L E09303000;Norm
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde 1) des F 2) der M GmbH Nachfolge KEG und 3) der M GmbH, alle in W, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Witt und Partner KEG in Wien IV, Argentinierstraße 20A/2/A, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 13. März 1999 (richtig: 2000), Zl. Jv 665-3300, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird betreffend die doppelte Vorschreibung von Eintragungsgebühr für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft nach dem Umwandlungsgesetz und von Veröffentlichungsgebühr wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zu FN 132841f des Firmenbuches des Handelsgerichtes Wien war die Michael Graf & Partner GmbH (= Drittbeschwerdeführerin) protokolliert.
Mit Eingabe vom 28. September 1999, eingelangt am 30. September 1999 wurde dem Firmenbuchgericht mitgeteilt, dass in der Generalversammlung vom 28. September 1999 der Beschluss gefasst worden war, die GmbH auf die gleichzeitig errichtete M GmbH Nachfolge KEG (= Zweitbeschwerdeführerin) umzuwandeln. Es wurde der Antrag gestellt, die Auflösung und Löschung der Drittbeschwerdeführerin einzutragen.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 1999, Zl. 72 Fr 12349/99i, wurde vom Firmenbuchgericht festgestellt, dass die Drittbeschwerdeführerin aufgelöst ist und die Löschung der Firma beschlossen.
Mit gesonderter Eingabe vom 28. September 1999 (ebenfalls eingelangt am 30. September 1999) wurde der Antrag gestellt, die Zweitbeschwerdeführerin im Firmenbuch einzutragen. Diese Eintragung wurde mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom 1. Oktober 1999, Zl. 72 Fr 12348/99h, beschlossen und die Eintragung der Zweitbeschwerdeführerin in das Firmenbuch (unter FN187360f) bewilligt.
Mit Zahlungsauftrag vom 31. Jänner 2000 forderte der Kostenbeamte des Handelsgerichtes Wien betreffend den Firmenbuchvorgang 72 Fr 12349/99i (= Löschung der Drittbeschwerdeführerin) unter anderem Eingabengebühr von S 400,-- , Eintragungsgebühr für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in Höhe von S 3.500,--, weiters Bekanntmachungsgebühr in Höhe von S 3.000,-- und S 100,-- an Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG an.
Mit gesondertem Zahlungsauftrag vom gleichen Tag wurden betreffend den Firmenbuchvorgang 72 Fr 12348/99h (= Eintragung der Zweitbeschwerdeführerin) u.a. Eingabengebühr in Höhe von S 400,--, Eintragungsgebühr für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in Höhe von S 3.500,--, Bekanntmachungsgebühr in Höhe von S 3.000,-- sowie S 100,-- Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG festgesetzt. Dazu kam noch die Festsetzung diverser Gebühren für die Eintragung der Firma der Zweitbeschwerdeführerin, ihres Sitzes, der Geschäftsanschrift und ihrer Gesellschafter.
Dagegen stellten die Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag und brachten (soweit dies im Rahmen des jetzt geltend gemachten Beschwerdepunktes noch von Interesse ist) vor, dass die pauschale Eintragungsgebühr von S 3.500,-- gegen Art. 10 der RL 69/335/EWG verstoße und dass die Bekanntmachungsgebühr nur einmal erhoben werden dürfe.
Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge und vertrat (zusammengefasst) die Rechtsmeinung, die in der im Wege des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1997 novellierten TP 10 GGG vorgesehenen fixen Gebühren entsprächen dem Gemeinschaftsrecht. Da zwei verschiedene Anträge an das Firmenbuch gerichtet worden seien, seien die entsprechenden Gebühren auch jeweils zweifach angefallen. Die vorgenommene Vorschreibung sei daher zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer erachten sich zuletzt nur mehr in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung bzw. nur einfache Vorschreibung der Eintragungs- und Bekanntmachungsgebühr verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten der beiden Firmenbuchverfahren und des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da sich der Beschwerdepunkt nach dem Vorbringen im Mängelbehebungsschriftsatz ausdrücklich nur mehr auf die Eintragungs- und Bekanntmachungsgebühren bezieht, waren nur diese Bereiche in die nachstehende Beurteilung einzubeziehen, weil der Beschwerdeführer durch den Beschwerdepunkt den Prüfrahmen absteckt, innerhalb dessen eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof stattzufinden hat (vgl. Steiner in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 65 und die dort zitierte hg. Judikatur).
Gemäß § 5 Z. 4 FBG ist bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter anderem die Umwandlung nach dem UmwG einzutragen.
Das UmwG BGBl. 1996/304 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1 Kapitalgesellschaften können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen unter Ausschluss der Abwicklung durch Übertragung des Unternehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Gesellschafter oder in eine Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft (Nachfolgerechtsträger) umgewandelt werden.
§ 2
(1) ...
(2) Mit der Eintragung der Umwandlung bei der übertragenden Gesellschaft treten folgende Rechtswirkungen ein:
1.
...
2.
Die Kapitalgesellschaft erlischt, einer besonderen Löschung bedarf es nicht.
...
§ 5 (1) Die Hauptversammlung (Generalversammlung) einer Kapitalgesellschaft kann die Errichtung einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft und zugleich die Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf die Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft beschließen. An diesen Personengesellschaften müssen Personen, deren Anteilsrechte zumindest neun Zehntel des Grundkapitals (Stammkapitals) der Kapitalgesellschaft umfassen, wieder im gleichen Ausmaß als Gesellschafter beteiligt sein.
...
(4) Der Vorstand (die Geschäftsführung) der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft und die Gesellschafter der zu errichtenden Personengesellschaft haben die Umwandlung sowie die Errichtung der Personengesellschaft zur Eintragung bei dem Gericht, in dessen Sprengel die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat, anzumelden; hiebei sind die Vorschriften über die Anmeldung und Eintragung von Personengesellschaften zu beachten.
(5) Die §§ 2 bis 4 sind sinngemäß anzuwenden. Die Personengesellschaft entsteht mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Firmenbuch."
Nach TP 10 D I lit. b) Z. 9 GGG beträgt die Eintragungsgebühr betreffend "Umwandlung einer Kapitalgesellschaft gemäß UmwG" S 3.500,--.
Die Anm. 6 zur TP 10 GGG lautet auszugsweise:
"Fallen Einschaltungskosten für Veröffentlichungen im Inland an, so ist hiefür eine zusätzliche Gebühr in Höhe von S 3.000,-- zu entrichten; ..."
Was zunächst das Argument der Beschwerde betrifft, die Einhebung der Eintragungsgebühr verstoße gegen die Bestimmungen der RL des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (69/335/EWG), so ist der Beschwerde Folgendes entgegenzuhalten:
Die von der Beschwerde selbst wörtlich zitierten Bestimmungen des Art. 4 der Richtlinie lauteten auszugsweise:
"Art. 4 (1) Der Gesellschaftsteuer unterliegen die
nachstehenden Vorgänge:
...
b) Die Umwandlung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die keine Kapitalgesellschaft ist, in eine Kapitalgesellschaft ..."
Im vorliegenden Fall geht es gerade nicht um die Umwandlung eines Gebildes, das keine Kapitalgesellschaft, ist in eine Kapitalgesellschaft, sondern um die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein Gebilde, das keine Kapitalgesellschaft darstellt.
Damit liegt dieser Vorgang aber außerhalb des Anwendungsbereiches der zitierten Richtlinie und gehen die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen von vornherein ins Leere.
Der Vollständigkeit halber sei jedoch betont, dass die von der TP 10 D I lit. b Z. 9 GGG vorgeschriebene Gebühr für Umwandlungen einer Kapitalgesellschaft gemäß UmwG in Höhe eines fixen Betrages von S 3.500,-- nicht gegen Art. 10 iVm Art. 12 Abs. 1 lit. e der zitierten Richtlinie (wonach abgesehen von der Gesellschaftsteuer die Mitgliedsstaaten keinerlei andere Steuern und Abgaben auf die in Art. 4 genannten Vorgänge erheben; jedoch Abgaben mit Gebührencharakter erheben dürfen) verstößt, weil der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 20. April 1993, C-71 und C-178/91 "Ponente Carni", Slg. 1993, I- 1915, dazu Folgendes festgestellt hat:
"Die Höhe dieser Abgaben, die je nach der Gesellschaftsform verschieden sein kann, muss aber nach den Kosten des Vorganges, die pauschal ermittelt werden können, berechnet sein. In einer Abgabe, deren Höhe keinen Zusammenhang mit den Kosten des besonderen Dienstes aufweist, oder deren Höhe sich nicht nach den Kosten des Vorganges, für den sie die Gegenleistung darstellt, richtet, sondern nach den gesamten Verwaltungs- und Investitionskosten des mit dem Vorgang betrauten Dienstes, müsste eine Belastung gesehen werden, für die allein das Verbot des Art. 10 der Richtlinie gilt" (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 25. September 1997, Zl. 97/16/0050, 0061).
Der fixe Betrag von S 3.500,-- ist von seiner geringen Höhe her ein den Kosten des mit einer Umwandlung verbundenen Firmenbuchvorganges entsprechendes Äquivalent und keineswegs ein an den "gesamten Verwaltungs- und Investitionskosten" der Einrichtungen des Firmenbuches orientierter Betrag. Ein Konflikt mit der zitierten Richtlinienbestimmung wäre daher mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit zu verneinen.
Die Beschwerde ist jedoch im Recht, insoweit sie sich gegen die doppelte Vorschreibung von Eintragungs- und Bekanntmachungsgebühr wendet:
Mit Rücksicht darauf, dass trotz zweier getrennter Firmenbucheingaben und ungeachtet des gegen § 5 Abs. 5 iVm § 2 Abs. 2 Z. 2 UmwG verstoßenden Begehrens der ersten Eingabe auf "Löschung der GmbH" im Ergebnis zur Eintragung in das Firmenbuch (entsprechend der Vorschrift des § 5 Abs. 4 UmwG) die Umwandlung einer GmbH in eine KEG angemeldet war, hätte die belangte Behörde die stattgefundene Umwandlung nicht zweimal der Gebühr unterwerfen und dafür auch nicht zweimal Veröffentlichungsgebühr vorschreiben dürfen.
Zwar sind die das GGG und das GEG vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren 6 unter E 9 zu § 1 GGG referierte hg. Judikatur), jedoch wurde im vorliegenden Fall nur ein Umwandlungsvorgang firmenbuchmäßig behandelt und auf seiner Basis die Eintragung der Zweitbeschwerdeführerin vorgenommen. Für die Vorschreibung der mit dem ersten Zahlungsauftrag betreffend die Löschung der Drittbeschwerdeführerin festgesetzten Umwandlungsgebühr besteht keine Rechtsgrundlage, weil der Umwandlungsvorgang als Ganzes, also unter Einschluss der Eintragung des Nachfolgerechtsträgers zu behandeln und der dafür vorgesehenen Gebühr zu unterwerfen ist. Damit war aber für die von § 5 Abs. 5 iVm § 2 Abs. 2 Z. 2 UmwG ausdrücklich ausgeschlossene und überflüssigerweise beantragte und bewilligte separate Löschung der umgewandelten GmbH jedenfalls keine zusätzliche Gebühr unter dem Titel der Umwandlung zu erheben.
Da in Wahrheit - auch auf Basis der beiden ergangenen Firmenbuchbeschlüsse - nur ein Umwandlungsvorgang stattgefunden hat, erfolgte auch die zweimalige Vorschreibung der Veröffentlichungsgebühr für den Umwandlungsvorgang zu Unrecht, weil nur eine Umwandlung zu veröffentlichen war.
Daran vermag auch der von der belangten Behörden in ihrer Gegenschrift eingenommene Standpunkt nichts zu ändern, es wären gemäß § 3 Z. 15 FBG zwei Eintragungen vorzunehmen gewesen.
§ 3 Z. 15 FBG lautet:
"Bei allen Rechtsträgern sind einzutragen:
...
15. Vorgänge, durch die ein Betrieb oder Teilbetrieb übertragen wird sowie deren Rechtsgrund; die Eintragungen sind sowohl beim Erwerber als auch beim Veräußerer vorzunehmen; ..."
Wegen des lex-specialis-Charakters der Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2 Z. 2 und 5 Abs. 4 und Abs. 5 UmwG und dem darauf abgestellten Gebührentatbestand der TP 10 D I lit. b Z. 9 GGG erlischt die umwandelte Kapitalgesellschaft ex lege ohne besondere Löschung im Firmenbuch und ist nur die Eintragung des Nachfolgerechtsträgers auf Basis des Umwandlungsbeschlusses gemäß § 5 Z. 4 FBG vorzunehmen. Dadurch ist der zitierte spezielle Gebührentatbestand nur einmal verwirklicht. Für die Anwendung der Vorschrift des § 3 Z. 15 FBG bleibt daneben kein Raum.
Der angefochtene Bescheid war daher betreffend die Eintragungsgebühr für die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft nach dem UmwG und die Veröffentlichungsgebühr wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angesprochenen Kosten für das verfassungsgerichtliche Verfahren, weiters die gesondert angesprochene Umsatzsteuer und überflüssigerweise entrichtete Stempelgebühren.
Wien, am 7. Dezember 2000
Gerichtsentscheidung
EuGH 61991J0071 Ponente Carni VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000160570.X00Im RIS seit
24.10.2001Zuletzt aktualisiert am
16.07.2012