Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf F*****, vertreten durch Gabler Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Detlev S*****, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel, Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in Villach, wegen 7.874,40 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2008, GZ 2 R 208/08b-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 8. Juli 2008, GZ 7 C 77/08z-12, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt den Ersatz der Reparaturkosten für einen Streifschaden an der rechten Längsseite seines Pkw, der dadurch entstanden sei, dass der Beklagte auf einem Parkplatz seinen Kleinbus samt Bootsanhänger verkehrsbehindernd abgestellt und dem Kläger sorglose falsche Einweisungssignale gegeben habe. Der Beklagte hafte nach ABGB und EKHG.
Der Beklagte brachte vor, durch den Bootsanhänger habe eine Verkehrsbehinderung nicht bestanden. Der Beklagte habe beim Einfahren des Klägers auf den Parkplatz keine Sicht auf die schadensverursachende linke hintere Ecke des Bootsanhängers gehabt. Der Bootsanhänger sei jederzeit im Sichtbereich des Klägers gewesen, der Kläger sei unaufmerksam gefahren, weshalb diesen zumindest das überwiegende Verschulden treffe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte die Breite des Klagsfahrzeugs mit 1,8 m, die für dieses vorhandene Durchfahrtsbreite zwischen der linken hinteren Ecke des Bootsanhängers und der Flucht der östlich geparkten Fahrzeuge mit etwa 2,8 m fest. Trotz der behindernden Abstellung des Gespanns des Beklagten mit dem Bootsanhänger habe der Kläger einen groben Fahrfehler zu verantworten, sodass die behindernde Abstellung des Bootsanhängers durch den Beklagten derart in den Hintergrund trete, dass vom Alleinverschulden des Klägers auszugehen sei. Dem Beklagten könne auch aus seinen Hilfestellungen bei der Weiterfahrt des Klägers kein Vorwurf gemacht werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Ein Verstoß des Beklagten gegen § 23 Abs 1 StVO liege nicht vor, weil angesichts der festgestellten Breite des Pkw sowie der Durchfahrtsbreite die Zufahrt zum Parkplatz zwar erschwert, aber nicht unmöglich gemacht worden sei. Dass der Beklagte den Pkw mit Anhänger in der festgestellten Position aufgestellt habe, sei nicht rechtswidrig. Allein die Unachtsamkeit des Klägers habe den Schaden verursacht. Ein Mitverschulden des Beklagten liege nicht vor. Es bestehe kein Anlass, den Beklagten zum Schadensausgleich heranzuziehen, sodass die Frage, ob der Unfall überhaupt „beim Betrieb" des Beklagtenfahrzeugs stattgefunden habe, nicht beurteilt werden müsse.
Erst über Antrag des Klägers ließ das Berufungsgericht die Revision gemäß § 508 Abs 3 ZPO zu. Der Revisionswerber habe sich zwar im Berufungsverfahren nicht auf einen Verstoß gegen § 4 Abs 6 und § 104 Abs 9 KFG gestützt, mache aber in seinem Abänderungsantrag auch ein Abgehen des Berufungsgerichts von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu § 23 StVO geltend. Weil nicht von vornherein gesagt werden könne, dass die Argumentation des Revisionswerbers nicht stichhältig sei, sei die Revision zuzulassen gewesen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Weder der Revisionswerber noch das Berufungsgericht zeigen eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf.
Der Revisionswerber meint, das Berufungsgericht habe sich bei seinen Ausführungen zu § 23 Abs 1 StVO auf oberstgerichtliche Rechtsprechung aus dem Jahr 1977 gestützt und jüngere Rechtsprechung, die den Schutzzweck des § 23 Abs 1 StVO anders definiere, nicht berücksichtigt.
Diese Ausführungen sind nicht stichhaltig: Gemäß § 23 Abs 1 StVO hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeugs am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird. Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ist „gehindert" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung im Allgemeinen mehr als „behindert". Ein Lenker ist dann am Vorbeifahren gehindert, wenn ihm dieser Verkehrsvorgang unmöglich gemacht wird, während bei der Behinderung nur eine gewisse Erschwerung des Vorgangs vorliegt (RIS-Justiz RS0075051). Die Berufungsentscheidung hält sich im Rahmen dieser Judikatur.
Der Revisionswerber stützt sich auf die Entscheidung 8 Ob 22/86 = ZVR 1987/48, wonach der Schutzzweck des § 23 Abs 1 StVO darin liege, die Fahrbahn möglichst weitgehend für den Verkehr freizuhalten, um kein Verkehrshindernis aufkommen zu lassen.
Die genannte Entscheidung ist aber mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der damalige Kläger hatte sein Moped mitten auf der Fahrbahn einer Bundesstraße im Freilandgebiet bei Dunkelheit zum Stillstand gebracht, was der Oberste Gerichtshof nicht als Anhalten, sondern als Halten im Sinne des § 2 Abs 1 Z 27 StVO beurteilte. Ein nachfolgender Pkw fuhr auf das klägerische Moped auf, wodurch der Kläger schwer verletzt wurde. In diesem Zusammenhang führte der Oberste Gerichtshof aus, der Schutzzweck von § 23 Abs 1 und Abs 2 StVO liege darin, die Fahrbahn möglichst weitgehend für den Verkehr freizuhalten und kein Verkehrshindernis inmitten der Fahrbahn aufkommen zu lassen.
Der Revisionswerber beruft sich weiters darauf, dass nach den Feststellungen durch das abgestellte überlange Fahrzeuggespann des Beklagten ein Zufahren zur westlichen Parkkojenreihe verhindert war. Auch damit zeigt der Revisionswerber keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf: Durch diese Aufstellung des Fahrzeuggespanns des Beklagten wurden zwar allenfalls in der westlichen Parkkojenreihe geparkte Fahrzeuge am Wegfahren gehindert, der Kläger wurde jedoch weder am Vorbeifahren am Gespann des Beklagten noch am Wegfahren gehindert, sodass gegenüber dem Kläger ein Verstoß des Beklagten gemäß § 23 Abs 1 StVO nicht vorliegt.
Schließlich releviert der Revisionswerber, das Beklagtenfahrzeug samt Anhänger sei 12,8 m lang gewesen und hätte daher gemäß § 104 Abs 9 KFG wegen einer Überschreitung der nach § 4 Abs 5 KFG höchstzulässigen Länge (12 m) eine Bewilligung des Landeshauptmanns gebraucht.
Dem ist zu entgegnen, dass der Kläger in erster Instanz zur Länge des Gespanns des Beklagten kein Vorbringen erstattet hat, sodass das diesbezügliche Tatsachenvorbringen gegen das Neuerungsverbot verstößt. Darüber hinaus wäre dem Obersten Gerichtshof eine Überprüfung schon deshalb verwehrt, weil dieser selbständig beurteilbare Teilbereich vom Kläger in der Berufung nicht geltend gemacht wurde. Wurde die Entscheidung erster Instanz nur in einem selbständig beurteilbaren Teilbereich wegen unrichtiger Beurteilung angefochten, dann können andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043573 [T29, T31, T33, T36, T43]).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.
Anmerkung
E911622Ob24.09gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00024.09G.0610.000Zuletzt aktualisiert am
11.08.2009