Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich P*****, vertreten durch Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwältin in Leobersdorf, gegen die beklagte Partei Harald F*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1.863 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. März 2009, GZ 40 R 9/09h-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die vom Revisionswerber ausschließlich relevierte Rechtsfrage des Vorliegens des Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG idF vor MRN 2001 hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (8 Ob 87/08i, 7 Ob 244/03p mwN ua). Als selbständige Wohnung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle ist ein nach der Verkehrsauffassung selbständiger und in sich baulich abgeschlossener Teil eines Gebäudes zu verstehen, der geeignet ist, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen (RIS-Justiz RS0069338, RS0079355). War im maßgeblichen Zeitpunkt ein selbständig vermietbarer Raum auch tatsächlich genutzt oder vermietet, geht die Verkehrsauffassung dahin, dass damit die Zugehörigkeit dieses Raumes zu einer anderen vermieteten Wohnung aufgehoben wurde (RIS-Justiz RS0112564 [T3]). Der Selbständigkeit einer Wohnung steht nicht entgegen, dass WC und Wasseranschluss mit anderen gemeinsam ist (2 Ob 673/85 ua); andererseits führt die Teilung der Benützung einer Wohnung zwischen zwei Familien, indem diese baulich voneinander nicht abgesonderte Wohnräume getrennt benützen, nicht zur Annahme mehrerer selbständiger Wohnungen (5 Ob 76, 77/85 ua). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist das Inkrafttreten des MRG am 1. 1. 1982, für später abgeschlossene Mietverträge das Abschlussdatum. Nachträgliche Veränderungen können weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters herbeiführen (vgl 5 Ob 87/98z ua).
Beurteilt man die bauliche Ausgestaltung des Hauses des Klägers, wie sie von den Vorinstanzen festgestellt wurde, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach im hier maßgebenden Zeitpunkt des Inkrafttretens des MRG - neben der Wohnung im ersten Stock - zwei weitere (selbständige) und auch tatsächlich getrennt vermietete Wohnungen im Hochparterre vorhanden waren, keine iSd § 502 Abs 1 ZPO zu korrigierende Fehlbeurteilung erblickt werden. Bei den beiden Wohnungen im Hochparterre handelt es sich um zwei baulich und räumlich getrennte Wohneinheiten mit jeweils eigenem Badezimmer, welche auch der Befriedigung der individuellen Wohnbedürfnisse zweier Familien dienten. Der Umstand, dass der getrennte Zugang zu den beiden Wohnungen über das Stiegenhaus und ein gemeinsames Vorzimmer erfolgte und zwischen den beiden Wohneinheiten eine Doppelflügeltür vorhanden war, macht die beiden Mietobjekte noch nicht zu einer Wohneinheit (vgl 3 Ob 535/84 = JBl 1985, 238). Ebenso wenig ist entscheidend, dass die Räumlichkeiten eine Wohnfläche von ca 200 m2 aufweisen und bei Errichtung der Villa vor mehr als 100 Jahren als Großwohnung konzipiert waren.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E91225European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0100OB00027.09G.0616.000Im RIS seit
16.07.2009Zuletzt aktualisiert am
08.10.2012