Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Ionut N***** und einen weiteren Angeklagten wegen Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Eduard G***** sowie die Berufung des Angeklagten Ionut N***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 19. Jänner 2009, GZ 449 Hv 6/08p-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Eduard G***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde ua Eduard G***** mehrerer Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1 bis 5) schuldig erkannt. Danach hat er in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit Ionut N***** mit Gewalt gegen eine Person bzw durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
(1) am 2. April 2008 Gewahrsamsträgern des Unternehmens Z***** Bargeld in Höhe von 2.018 Euro, indem Ionut N***** der Angestellten Andrea T***** mit seiner Gaspistole einen Schlag ins Gesicht versetzte und anschließend das Bargeld aus der geöffneten Kassenlade entnahm, während Eduard G***** Aufpasserdienste leistete, und beide mit dem Bargeld die Flucht ergriffen;
(2) am 12. April 2008 Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** Bargeld in Höhe von 700 Euro, indem Ionut N***** der Angestellten Ayse Y***** seine Gaspistole gegen den Hals hielt und den Bargeldbetrag aus der geöffneten Kassenlade entnahm, während Eduard G***** mit drohender Körperhaltung daneben stand, ehe sie zusammen mit dem geraubten Bargeld die Flucht ergriffen;
(3) am 19. April 2008 Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** Bargeld in Höhe von 4.055,69 Euro, indem Ionut N***** der Angestellten Rüya C***** einen Schlag mit der Gaspistole versetzte und einen Schuss in Richtung des Gesichts von Martin S***** abfeuerte, wodurch Rüya C***** eine blutende Rissquetschwunde über dem linken Auge und Martin S***** eine Bindehautentzündung erlitten, während Eduard G***** direkt hinter Ionut N***** stand, mit diesem gemeinsam in die geöffnete Geldlade griff und das Bargeld entnahm, mit welchem sie die Flucht ergriffen;
(4) am 24. April 2008 Gewahrsamsträgern des Unternehmens Z***** Bargeld in Höhe von 993,33 Euro, indem Ionut N***** Romana Tr***** einen Schlag mit seiner Gaspistole gegen ihren Hals versetzte, sodann einen Schuss aus seiner Gaspistole abfeuerte, um auch die Angestellte Ljilja J***** zur Herausgabe ihrer Geldlade zu nötigen, während Eduard G***** die im Geschäft befindlichen Kunden in Schach hielt und abwechselnd mit seiner Gaspistole auf Romana Tr***** und Ljilja J***** zielte, ehe die beiden Angeklagten den Inhalt der Kassenladen an sich nahmen und damit flüchteten;
(5) am 2. Mai 2008 Gewahrsamsträgern des Unternehmens Z***** Bargeld in Höhe von 1.335 Euro, indem Ionut N***** dem Angestellten Adnan Sa***** mit seiner Gaspistole einen Schlag gegen dessen linke Halsseite versetzte, während Eduard G***** mit seiner Gaspistole ebenfalls auf diesen Angestellten zielte, ehe Ionut N***** in die bereits geöffnete Geldlade griff und Bargeld in genannter Höhe entnahm und sie gemeinsam die Flucht ergriffen.
Rechtliche Beurteilung
Die ausschließlich aus dem Grund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Eduard G***** geht fehl.
Mit seinem im Rahmen der Instruktionsrüge (Z 8) erhobenen Einwand, das Erstgericht habe die Geschworenen nicht darüber belehrt, dass der Tatbestand des § 143 (zweiter Fall) StGB einen gerade auf bestimmungsgemäßen Gebrauch der Waffe oder deren Einsatz als Mittel zur qualifizierten Drohung gerichteten Vorsatz voraussetze, nimmt der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig nicht Maß am gesamten Inhalt der Rechtsbelehrung (RIS-Justiz RS0100695). Diese erläuterte nämlich den Begriff der „Verwendung einer Waffe" iSd ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0093914, RS0093846, RS0094078; vgl Eder-Rieder in WK² § 143 Rz 12 f) als Gebrauch der Waffe „zur Ausführung der Gewalt oder einer qualifizierten Drohung", maW ihren Einsatz als „Mittel der Gewalt oder der qualifizierten Drohung" (S 11 der Beilage ./B zu ON 83). In weiterer Folge wurden die Geschworenen richtig dahingehend aufgeklärt, dass der (zumindest bedingte) Vorsatz auch die - solcherart zuvor erläuterte - Verwendung der Waffe umfassen muss (S 12 der Beilage ./B zu ON 83).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§§ 344, 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten (§§ 344, 285i StPO). Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9125713Os54.09dEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00054.09D.0618.000Zuletzt aktualisiert am
13.08.2009