Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Mustafa K***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 6. November 2008, GZ 40 Hv 142/08v-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mustafa K***** mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A) und mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (ersichtlich richtig gemeint - vgl ON 25 S 48 und US 11) Z 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er vom 7. Mai bis zum 29. Juni 2008 in Bad H***** in drei Angriffen
(A) außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er seine am 3. Dezember 1997 geborene Stieftochter Sabina M***** über dem Pyjama am Geschlechtsteil betastete;
(B) durch die unter Punkt A angeführten Handlungen mit seinem minderjährigen Stiefkind Sabina M***** eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die ausschließlich aus dem Grund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Vorweg ist festzuhalten, dass die Z 5a des § 281 Abs 1 StPO als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern will. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Soweit vor diesem Hintergrund geboten, ist zu den einzelnen Beschwerdeargumenten noch Folgendes auszuführen:
Die vom Beschwerdeführer den Zeuginnen Mevlida K***** und Sabina M***** mit spekulativen Vermutungen über deren Aussagemotivation (BS 6) abgesprochene, vom Erstgericht hingegen aufgrund des - hinsichtlich der Letzteren durch (vollständige) Vorführung der Bild- und Tonaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung gewonnenen (ON 25 S 45 - vgl 14 Os 156/08k, 12 Os 110/06b ua) - persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung mit ausführlicher Begründung (US 9 ff) bejahte Glaubwürdigkeit ist einer Anfechtung aus dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund entzogen (RIS-Justiz RS0099649). Insbesondere vermag die Rüge durch Verweis auf - von den Tatrichtern ohnehin erörterte (US 10) - Unsicherheiten der Zeugin Sabina M***** bei der näheren Beschreibung von Länge und Häufigkeit der Tathandlungen keine erheblichen Bedenken zu wecken. Gleiches gilt für den Hinweis auf eine verkürzt und damit sinnentstellt wiedergegebene Passage aus der kontradiktorischen Zeugenvernehmung (ON 3 S 18 f), mit welcher die Zeugin Sabina M***** nicht allgemein jeweils unbeabsichtigte Berührungen ihres Geschlechtsteils durch den Beschwerdeführer als möglich einräumte, sondern bloß eine konkrete Situation schilderte.
Indem schließlich die Häufigkeit der inkriminierten Vorfälle mit Hinweis auf Besuche der leiblichen Kinder des Beschwerdeführers und dessen zeitweilige Berufstätigkeit an Wochenenden in Frage gestellt wird, spricht die Rüge angesichts der pauschalen Individualisierung der gleichartigen Verbrechensmenge keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0116736; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 33 und 406). Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass sich die inkriminierten Übergriffe - entgegen der insofern weitwendigen Argumentation im Rechtsmittel - nach den Angaben der Zeugin Sabina M***** gerade auch an Wochenenden ereigneten, an welchen der Beschwerdeführer von seinem leiblichen Sohn besucht wurde (ON 3 S 17).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9125013Os40.09wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00040.09W.0618.000Zuletzt aktualisiert am
13.08.2009