Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss in der Strafsache gegen Ludwig L*****, wegen § 146, § 147 Abs 2, § 148 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 8 Bs 127/09x; 5 Ns 21/09s, 5 Ns 24/09g des Oberlandesgerichts Linz, über den Ablehnungsantrag des Ludwig L***** den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Linz (einschließlich des Präsidenten) ist nicht berechtigt.
Text
Gründe:
Das Oberlandesgericht Linz hat nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Obersten Gerichtshof (12 Os 10/09a) über die Berufung (ua) des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. Juli 2008, AZ 40 Hv 19/08f-371, zu entscheiden. Im Zusammenhang damit lehnte der Berufungswerber zuerst einzelne Richter des Oberlandesgerichts Linz ab und, nachdem dieser Ablehnungsantrag erfolglos blieb (5 Ns 21/09s des Oberlandesgerichts Linz), den Präsidenten des Oberlandesgerichts und schließlich den gesamten Gerichtshof als befangen ab.
Der Ablehnungswerber begründet den Ablehnungsantrag einerseits damit, dass der Präsident angekündigt habe, gegen ihn eine Strafanzeige wegen des Verbrechens der Verleumdung zu erstatten, andererseits macht er geltend, dass der Präsident zumindest als Mitwisser an der Entwendung von Beweismitteln aus dem Strafakt mitgewirkt habe. Das Landesgericht Salzburg habe im Zusammenwirken mit Richtern des Oberlandesgerichts Linz und im Zusammenwirken mit dem Präsidenten insgesamt 18 Beweisdokumente aus dem Strafakt entfernt und vernichtet; der Präsident habe diese Vorgänge nicht nur nicht aufgeklärt, sondern die Aufklärung sogar verhindert. Zu keinem Zeitpunkt hätten das Landesgericht Salzburg und das Oberlandesgericht Linz ein faires und rechtsstaatliches Verfahren durchgeführt. Der Präsident des Oberlandesgerichts Linz erklärte, sich nicht befangen zu fühlen.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Maßgebend ist, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem objektiven Betrachter Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Entscheidungsorgans zu wecken. Der Ablehnungswerber erhebt gegen den Präsidenten und die Richter des Oberlandesgerichts Linz strafrechtlich relevante Vorwürfe, die in keiner Weise belegt sind; es ist daher ausgeschlossen, dass die Behauptungen geeignet wären, bei einem objektiven Betrachter Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Präsidenten und der Richter des Oberlandesgerichts entstehen zu lassen. Gleiches gilt für die Ankündigung, gegen den Ablehnungswerber eine Strafanzeige wegen Verleumdung einzubringen. Sie kann die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Richters ohne Hinzutreten besonderer Umstände - an denen es hier fehlt - ebenso wenig zweifelhaft erscheinen lassen wie eine gegen den Richter eingebrachte Straf- oder Disziplinaranzeige (RIS-Justiz RS0046101).
Anmerkung
E911871 Präs 2690-2688.09vEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:001PRA02688.09V.0623.000Zuletzt aktualisiert am
11.08.2009