Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) mj Dominik L*****, geboren am*****, vertreten durch die Mutter Dr. Christiane L*****, diese vertreten durch Dr. Gunter Griss, Rechtsanwalt in Graz, 2.) Verlassenschaft nach dem mj Benedict L*****, geboren am *****, bisher im Verfahren nicht vertreten, gegen die Antragsgegnerin Catherine M***** bzw *****, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wegen Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO, über den Revisionsrekurs der Antragsteller, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. März 2009, GZ 7 R 30/09x-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Stainz vom 2. Februar 2009, GZ 1 C 9/09w-7, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Dem Revisionsrekurs des Erstantragstellers wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts in Ansehung des Erstantragstellers wiederhergestellt wird.
II. Der Verlassenschaftskurator wird als gesetzlicher Vertreter des als Zweitantragsteller bezeichneten Nachlasses nach dem mj Benedict L***** aufgefordert, binnen 2 Wochen bekannt zu geben, ob er die im Namen des Nachlasses erhobene Anfechtungsklage samt Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 20 AnfO sowie die weitere Verfahrensführung samt Revisionsrekurs genehmigt.
Bejahendenfalls hat er binnen 3 Monaten die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung zu erwirken und diese dem Obersten Gerichtshof zu übermitteln.
Text
Begründung:
In ihrer Anfechtungsklage brachten die Antragsteller vor, das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz habe mit einstweiliger Verfügung vom 14. März 2002 den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt ab 5. Februar 2002 für den mj Dominik mit 130,90 EUR und für den mittlerweile verstorbenen mj Benedict mit 136,50 EUR festgesetzt. Diese Entscheidung sei rechtskräftig. Mangels Vermögens des Unterhaltsschuldners in Österreich seien die Unterhaltsforderungen nicht durchsetzbar. Anträge auf Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse über den 1. Juni 2005 hinaus seien mit der Begründung abgewiesen worden, dass Vermögen des Unterhaltsschuldners in den USA vorhanden und dort nicht Exekution versucht worden sei. Tatsächlich sei aufgrund des Inhalts des vor dem amerikanischen Gericht zwischen den Eltern abgeschlossenen Scheidungsvergleichs eine Exekutionsführung in den USA unmöglich, weil kein Bundesstaat der USA in dieser Angelegenheit weiter tätig sein könne. Nunmehr habe der Unterhaltsschuldner aber seiner zweiten Gattin (der Antragsgegnerin) den Großteil des Kaufpreises für den Erwerb einer Liegenschaft in Österreich geschenkt. Laut Kaufvertrag habe der Kaufpreis 3 Mio ATS betragen, davon habe der Unterhaltsschuldner ca 2.850.000 ATS bezahlt; die Antragsgegnerin habe laut ihren eigenen Aussagen nur etwa 100.000 ATS zum Kaufpreis beigetragen. Angefochten werde der Erwerb der Liegenschaft mit dem Geld des Unterhaltsschuldners durch die Antragsgegnerin. Die Schenkung an die Antragsgegnerin erfülle alle Tatbestandsmerkmale einer nach § 2 Z 3 AnfO anfechtbaren Übertragung. Die Schenkung stelle eine benachteiligende Handlung des Schuldners dar. Darüber hinaus erfülle die Schenkung auch alle Tatbestandsmerkmale des § 2 Z 1 AnfO, weil sie in der der Antragsgegnerin bekannten Absicht vorgenommen wurde, die Antragsteller zu benachteiligen. Wie sich auch aus Äußerungen des Unterhaltsschuldners ergebe, habe dieser die Absicht, dafür zu sorgen, in Österreich niemals über pfändbares Vermögen zu verfügen. Die Antragsgegnerin sei schuldig, dem Erstantragsteller 5.759,90 EUR an rückständigem Unterhalt samt 4 % Zinsen sowie beginnend mit 1. Februar 2009 monatlich 130,90 EUR zu zahlen; dem Zweitantragsteller 5.596,50 EUR samt 4 % Zinsen an rückständigem Unterhalt; dies bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft. Beide Kläger verbanden die Klage mit dem Antrag, die Klage ob der Liegenschaft gemäß § 20 Abs 1 AnfO im Grundbuch anzumerken.
Das Erstgericht verfügte die beantragte Anmerkung der Klage im Grundbuch.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und wies den Anmerkungsantrag ab. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Über die Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage sei allein aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden. Voraussetzung für die Anmerkung der Anfechtungsklage sei, dass die Leistung des Anfechtungsgegners eine grundbücherliche Eintragung erfordere. Dies sei hier nicht der Fall, da nach dem Klagevorbringen nur die Schenkung eines Bargeldbetrags in Höhe von 2.850.000 ATS des Unterhaltsschuldners an die Antragsgegnerin angefochten werde. Wenn die Antragsgegnerin mit diesem Geld eine Liegenschaft erworben habe, sei ihr die Liegenschaft nicht durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen worden. Es werde weder der Erwerb der Liegenschaft angefochten, noch suchten die Antragsteller Befriedigung aus der Liegenschaft. Die Liegenschaft sei durch die anfechtbare Rechtshandlung selbst nicht betroffen, sondern stelle lediglich ein mögliches Exekutionsobjekt zur Durchsetzung des geltend gemachten Anfechtungsanspruchs dar. Dies führe zur Unzulässigkeit der Anmerkung der Anfechtungsklage. Auf die Frage der Prozessfähigkeit des ruhenden Nachlasses ging das Rekursgericht nicht ein.
Rechtliche Beurteilung
I.) Der Revisionsrekurs des Erstantragstellers ist zulässig und berechtigt.
1. Zur Bewertung:
Ist die Anfechtungsklage auf geldgleiche Ansprüche gerichtet, ist eine Bewertung des zu schützenden Anspruchs nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0042521). Dies trifft auch auf den Antrag auf Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO zu (7 Ob 33/03h).
Der sich aus § 58 JN ergebende Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt 4.000 EUR (130,90 EUR x 36 = 4.712,40 EUR).
2. Gemäß § 20 Abs 1 AnfO ist Voraussetzung der Anmerkung der Anfechtungsklage, dass zur Durchführung des behaupteten Anfechtungsanspruchs Eintragungen ins Grundbuch zu vollziehen sein werden, was dann der Fall ist, wenn sich aus dem Klagebegehren ergibt, dass die Befriedigung des Anfechtungsgläubigers aus der Liegenschaft gesucht wird, diese also von der anfechtbaren Rechtshandlung betroffen ist (3 Ob 37/07i; 2 Ob 507/92). Davon ist auszugehen, wenn der Anfechtungsgläubiger Befriedigung aus der Liegenschaft sucht, die dem Anfechtungsgegner durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen wurde. Wird eine Liegenschaft schenkungsweise, aber anfechtbar überlassen, wird bei der Einzelanfechtung regelmäßig nur die Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft zugunsten und bis zur Höhe der Forderung des Anzufechtenden begehrt. Auch bei dieser „Ersatzleistung im besonderen Sinne der Einzelanfechtung" ist die Anmerkung zulässig (König4, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, Rz 17/104). Verhindert werden sollen schlechtgläubige Verfügungen des Anfechtungsgegners, der Liegenschaftseigentümer aufgrund eines angefochtenen Rechtsgeschäfts wurde und in der Zeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Anfechtungsprozess zum Nachteil des Anfechtungsklägers die Liegenschaft weiter veräußern könnte, wodurch wegen des Gutglaubensschutzes des Erwerbers einem obsiegenden Anfechtungskläger der Befriedigungsfonds entzogen werden könnte (RIS-Justiz RS0050390; 6 Ob 145/99p). Hingegen wäre die Anmerkung nicht zulässig, wenn allein die Schenkung eines Bargeldbetrags an den Anfechtungsgegner angefochten wird. In diesem Fall wären zur Durchführung des Anfechtungsanspruchs tatsächlich keine grundbücherlichen Eintragungen in Ansehung jener Liegenschaft denkbar bzw erforderlich, die mit dem Bargeldbetrag erworben wurde; die Liegenschaft wäre nicht Objekt der anfechtbaren Rechtshandlung. Sie könnte - neben dem übrigen Vermögen der Antragsgegnerin - lediglich als Exekutionsobjekt zur künftigen Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs dienen. Dies wäre für die Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage nicht ausreichend (Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger Österreichisches Insolvenzrecht4, § 43 Rz 21). Wären im Rahmen des Anfechtungsverfahrens keine grundbücherlichen Eintragungen erforderlich, fiele auch der Zweck der Anmerkung nach § 20 AnfO weg, den guten Glauben Dritter (etwa eines zukünftigen Käufers der Liegenschaft) auszuschließen.
3. Ob nun die Schenkung eines Bargeldbetrags oder die Schenkung einer Liegenschaft angefochten wird, ist aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu beurteilen.
3.1. Zum Urteilsantrag ist vorerst auszuführen:
Bei Prüfung eines Anfechtungsanspruchs ist generell darauf abzustellen, welcher Zustand gegeben wäre, wenn das vom Schuldner aufgegebene oder veräußerte Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet worden wäre (7 Ob 66/97z; Feil, Konkursordnung, § 1 AnfO Rz 2 und § 2 AnfO Rz 13 f). Wurde durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Schuldner ein Geldbetrag entzogen, kann der Anfechtungsgläubiger demnach vom Anfechtungsgegner selbst Geld beanspruchen (RIS-Justiz RS0005227). Ist durch eine anfechtbare Rechtshandlung eine Sache an den Anfechtungsgegner veräußert oder geschenkt worden, so kann der Gläubiger verlangen, dass der Anfechtungsgegner ihm zur Hereinbringung seiner Geldforderung die Exekution auf die Sache gestattet, als ob die Sache vom Schuldner nicht veräußert oder verschenkt worden wäre. Die Anfechtungsklage muss in diesem Fall den Gegenstand, in den die Forderung vollstreckt werden soll, angeben und das Begehren enthalten, dass der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung zur Befriedigung der gegnerischen Forderung in diesen Gegenstand zu dulden habe (RIS-Justiz RS0050305; 3 Ob 216/01p). Auch ein auf Zahlung bei Exekution in dieses Objekt lautendes Klagebegehren wird aber als zulässig und üblich angesehen (MGA KO10 § 12 AnfO Nr 12; 6 Ob 167/99y mwN).
3.2. Das Rekursgericht legte dem Klagevorbringen des Erstantragstellers das Verständnis bei, die behauptete anfechtbare Rechtshandlung iSd § 20 AnfO bestehe nicht in der Schenkung der Liegenschaft, sondern in der Schenkung eines Bargeldbetrags von 2,9 Mio ATS an die Antragsgegnerin. Dem ist im Hinblick auf die im Anfechtungsrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zuzustimmen. Nach dieser sind Vereinbarungen und Vorgänge nach dem wirtschaftlichen Zweck zu betrachten, dem sie dienen (König4 aaO Rz 2/27 und Rz 3/47). Davon ausgehend ist das Klagevorbringen nur so zu verstehen, dass die vom Vater des Erstantragstellers und dessen zweiter Ehegattin gewählte Vorgangsweise beim Erwerb der Liegenschaft die wirtschaftliche Bedeutung und Zielsetzung hatte, den Eigentumserwerb an der Liegenschaft durch den Vater zu vermeiden und die Liegenschaft direkt in das Eigentum der zweiten Ehegattin gelangen zu lassen. Dem Klagevorbringen ist in ausreichender Weise die Behauptung zu entnehmen, es liege eine von den Parteien des Rechtsgeschäfts bewusst gewählte „Gestaltung" zur Vermeidung von anfechtungsrechtlichen Konsequenzen vor. Liegt nach den Klagebehauptungen die wirtschaftliche Zielsetzung der von den Parteien praktizierten Vorgangsweise darin, dem Vermögen des Unterhaltsschuldners und damit dem Erstantragsteller ein Befriedigungsobjekt in Form einer Liegenschaft zu entziehen, betrifft die Anfechtung diese Liegenschaft und kann die Klage angemerkt werden. Die Erfolgsaussichten der Klage sind im Bewilligungsverfahren nicht zu prüfen (Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 43 KO Rz 51; RIS-Justiz RS0050402).
Dem Revisionsrekurs des Erstantragstellers war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
II.) Der namens der Verlassenschaft nach dem mj Benedict L***** erhobene Revisionsrekurs kann hingegen derzeit vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt werden:
1. Zur Aktenlage in Ansehung der Vertretung der Verlassenschaft:
Die vorliegende Klage (samt Antrag auf Klageanmerkung) wurde dem Erstgericht im Jänner 2009 im elektronischen Rechtsverkehr vom Rechtsanwalt des Erstklägers übermittelt. Als erstklagende Partei scheint im Rubrum der Klage der mj Dominik L***** (vertreten durch seine Mutter, diese vertreten durch den Rechtsanwalt) auf; als zweitklagende Partei wird die Verlassenschaft nach dem mj Benedict L***** (dem verstorbenen Bruder der erstklagenden Partei) „vertreten durch zu bestellenden Verlassenschaftskurator" bezeichnet. Im Übersendungsblatt der Klage wird der Rechtsanwalt als Vertreter auch der Verlassenschaft benannt. Aus der Klageerzählung ergibt sich, dass ein Antrag auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators bereits gestellt worden sei. Im Laufe des Verfahrens über die Anmerkung der Klage brachte der den erstklagenden Minderjährigen vertretende Rechtsanwalt vor, es sei nicht richtig, dass er von dessen Mutter auch mit der Einbringung der Anfechtungsklage im Namen der Verlassenschaft nach ihrem Sohn Benedict betraut worden sei. Aus der Aktenlage ergibt sich weiters, dass mittlerweile mit (noch nicht rechtskräftigem) Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 9. Februar 2009, AZ 246 A 1200/08h-17, ein Verlassenschaftskurator bestellt wurde. Im vom Beklagtenvertreter vorgelegten Protokoll über die am 20. April 2009 beim Erstgericht stattgefundene mündliche Streitverhandlung über die Anfechtungsklage wird einerseits „einvernehmlich festgehalten ..., dass eine Klageführung betreffend die im Rubrum der Klage angeführte Verlassenschaft nach dem verstorbenen mj Benedict L***** ... nicht vorliegt und im vorliegenden Verfahren daher lediglich die Klage des mj Dominik L***** Gegenstand ist und zu behandeln sein wird".
2. Zur Prozessfähigkeit der als zweitklagenden Partei bezeichneten ruhenden Nachlasses und der Erforderlichkeit eines Sanierungsversuchs:
Gesetzlicher Vertreter des Nachlasses ist vor der Erbserklärung der Verlassenschaftskurator, nachher der erbserklärte Erbe (Fasching, Zivilprozessgesetz2, § 4 ZPO Rz 6). Bei schon bei Einleitung des Verfahrens vorliegender Prozessunfähigkeit ist gemäß § 7 ZPO das Verfahren für nichtig zu erklären, falls eine Heilung des Mangels nach § 6 ZPO nicht möglich ist (Fasching aaO § 1 Rz 12; 3 Ob 613/76 = SZ 51/93). Falls die Klage vom Prozessunfähigen eingebracht wurde, ist - nach erfolglosem Heilungsversuch - auch die Klage zurückzuweisen.
Im Verfahren über den Antrag auf Klageanmerkung schenkten die Vorinstanzen jedoch dem bereits bei Antragstellung auf Klageanmerkung gegebenen und fortdauernden Mangel der gesetzlichen Vertretung des Nachlasses keine Beachtung und erließen Sachentscheidungen in Ansehung beider Kläger. Ein unbeachtet gebliebener Mangel der gesetzlichen Vertretung ist in jeder Lage des Verfahrens - auch im Rechtsmittelverfahren vom Rechtsmittelgericht - von Amts wegen wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0035456). Vor Zurückweisung des Rechtsschutzantrags und Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens ist grundsätzlich ein Sanierungsversuch vorzunehmen. Im Hinblick darauf, dass im Verfahren über einen Antrag nach § 20 AnfO über die Bewilligung einer Eintragung im Grundbuch zu entscheiden ist, ist aber zu prüfen, ob im Rahmen dieses Verfahrens die Vornahme eines Sanierungsversuchs zulässig ist.
Dies hängt davon ab, ob die den Besonderheiten des Grundbuchsrechts Rechnung tragenden Vorschriften des dritten Hauptstücks des GBG - insbesondere § 94 Abs 1 Z 2 (Bewilligung eines Ansuchens, nur dann, wenn keine gegründeten Bedenken gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreiten bestehen) - zur Anwendung gelangen, oder die Vorschriften der ZPO oder jene des (allgemeinen) außerstreitigen Verfahrens, nach denen der aus der mangelnden Verfahrensfähigkeit einer Partei resultierende Vertretungsmangel grundsätzlich verbesserungsfähig ist (§ 6 Abs 2 ZPO; § 5 Abs 1 AußStrG). Die Beantwortung dieser Frage erübrigt sich auch nicht dadurch, dass mit der Grundbuchs-Novelle 2008 (BGBl I 2008/100) mit 1. Jänner 2009 § 82a GBG in Kraft trat (§ 137 Abs 4 GBG idF BGBl I 2008/100), nach dem bei einem Formgebrechen eines Antrags dem Antragsteller der Auftrag zu erteilen ist, dieses längstens binnen einer Woche zu beseitigen, stellt doch der hier gegebene Mangel der gesetzlichen Vertretung durch einen erst zu bestellenden Verlassenschaftskurator kein bloßes Formgebrechen iSd § 82a GBG dar (siehe auch § 82a Abs 2 letzter Satz GBG; Rassi in Ergänzungsband Grundbuchsrecht, § 82a Rz 2).
3. Der Meinungsstand zur Frage der Rechtsnatur der Klageanmerkung nach § 20 AnfO bzw zur Frage, in welcher Verfahrensart dieser Antrag abzuhandeln ist, ist uneinheitlich:
Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei der Anmerkung der Anfechtungsklage um eine besondere Form der Streitanmerkung (RIS-Justiz RS0050415). Von Koziol/Bollenberger (aaO § 43 KO Rz 23) und König4 (aaO Rz 17/108) wird die Bewilligung der Anmerkung der Klage nach § 43 KO bzw nach § 20 Abs 1 AnfO hingegen weder als Akt des Grundbuchs- noch des Konkurs oder des Exekutionsverfahrens beurteilt; sie stelle auch keine einstweilige Verfügung iS der EO dar (Koziol/Bollenberger aaO § 43 Rz 20). Koziol/Bollenberger sprechen von einer „besonderen prozessualen Verfügung", weshalb für den Rekurs die Bestimmungen der ZPO zur Anwendung kommen sollen; für die weiteren Verfügungen bezüglich dieser Anmerkung - insbesondere auch für deren Löschung - sei das Grundbuchsgericht zuständig; ein solcher Antrag sei ein Grundbuchsgesuch (Koziol/Bollenberger aaO; siehe auch 1 Ob 511/93). In der Entscheidung 7 Ob 67/97x wurde die Anwendung der prozessrechtlichen Vorschriften (und damit auch über die Rechtsmittelzulässigkeit) damit begründet, dass § 20 Abs 1 AnfO die Ausnahme von der grundbuchsrechtlichen Kompetenz trifft, indem ausschließlich das Prozessgericht als zuständig erklärt wird. In der Entscheidung 7 Ob 33/03h wird - was die Zulässigkeit des Rechtsmittels betrifft - ohne nähere Begründung die Anwendbarkeit der ZPO zu Grunde gelegt. G. Kodek (in Kodek, Kommentar zum Grundbuchsrecht § 61 Rz 87) nimmt dahin Stellung, dass über den Antrag auf Bewilligung jeglicher Streitanmerkungen auch dann, wenn er im Zug eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, im Grundbuchsverfahren zu entscheiden sei; auf den Klageanmerkungsantrag nach § 20 AnfO nimmt der Autor jedoch nicht gesondert Bezug. Was die Kosten des Verfahrens betrifft, wird nach der überwiegenden Rechtsprechung wiederum von der Anwendbarkeit der grundbuchsrechtlichen Vorschriften ausgegangen (6 Ob 691/79 = SZ 53/6; 6 Ob 145/99p; gegenteilig 7 Ob 73/97d).
Greift man zur Abgrenzung auf die zu § 1 AußStrG alt ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zurück, gehören Rechtssachen, die nicht entweder ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins Außerstreitverfahren verwiesen sind, auf den streitigen Rechtsweg (5 Ob 163/86 = SZ 60/18; 5 Ob 6/81 = SZ 54/129). Die erforderliche Abgrenzung wird insbesondere durch den inneren Zusammenhang des jeweils geltend gemachten Anspruchs mit einer entweder in die streitige oder in die außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesenen Materie bestimmt (5 Ob 163/86 = SZ 60/18).
Nimmt man unter Anwendung dieses Grundsatzes eine Abgrenzung vor, so ergibt sich der innere Zusammenhang der beantragten Klageanmerkung mit dem Anfechtungsprozess nicht nur aus der Zuständigkeit des Prozessgerichts auch für den Antrag auf Klageanmerkung, sondern vor allem daraus, dass dieser Antrag ohne zumindest gleichzeitig eingebrachte Klage (König aaO 17/104; Koziol/Bollenberger aaO § 43 Rz 23) nicht denkbar und zulässig wäre und über ihn auf Grundlage des Klagevorbringens zum geltend gemachten Anfechtungsanspruch zu entscheiden ist. Wenngleich es sich bei dem Anmerkungsantrag nach § 20 AnfO um eine „besondere" Art der Streitanmerkung, vergleichbar derjenigen nach § 61 GBG, handeln mag, ist im Hinblick auf die Frage, ob ein Sanierungsversuch zur Behebung eines Mangels der gesetzlichen Vertretung zulässig ist, die Anwendung der im dritten Hauptstück des GBG enthaltenen Vorschriften zu verneinen. In diesem Zusammenhang erscheint entscheidend, ob es durch Vornahme eines Sanierungs- bzw Verbesserungsversuchs zu einer ungerechtfertigten Rangverschiebung kommen könnte. Diese Gefahr ist aber - selbst bei einem in erster Instanz vorgenommenen Sanierungsversuch - schon deshalb nicht gegeben, weil der Klageanmerkung nach § 20 AnfO - wie bereits dargelegt - keine rangwahrende Wirkung zukommt, sondern sich ihre Wirkung im Ausschluss des guten Glaubens Dritter erschöpft, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben (RIS- Justiz RS0050390). Die sich aus der Anmerkung gemäß § 20 AnfO ergebenden Auswirkungen auf die Dispositionsfreiheit des Liegenschaftseigentümers sind mit den Auswirkungen einer Rangverschiebung nicht gleichzusetzen. Vom Grundgedanken der Wahrung des Rangprinzips durch das Verbot von Zwischenerledigungen wurde im Übrigen auch im grundbuchsrechtlichen Verfahren durch den mit der Grundbuch-Novelle 2008 neu eingefügten § 82a GBG abgegangen. Es kann somit nicht gesagt werden, dass ein Sanierungsversuch des Mangels der gesetzlichen Vertretung deshalb ausgeschlossen wäre, weil der Klageanmerkungsantrag nach § 20 AnfO zu jenen Rechtssachen gehörte, die erschließbar nach ihren Grundsätzen allein im Grundbuchsverfahren zu erledigen sind.
Als Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass ein Sanierungsversuch zur Behebung eines Mangels der gesetzlichen Vertretung (§ 6 Abs 2 ZPO) auch im Verfahren über einen Antrag auf Klageanmerkung nach § 20 AnfO durchzuführen ist.
4. Im vorliegenden Fall ist der Vertretungsmangel dadurch zu beseitigen, dass der Verlassenschaftskurator als gesetzlicher Vertreter des Nachlasses dem Verfahren beigezogen wird (§ 6 Abs 1 ZPO; Schubert in Fasching aaO § 6 Rz 9). Der Verlassenschaftskurator wird bekannt zu geben haben, ob er die im Namen des Nachlasses erhobene Anfechtungsklage samt Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 20 AnfO sowie die weitere Verfahrensführung und den Revisionsrekurs genehmigt. Tut er dies, wird der Mangel der gesetzlichen Vertretung rückwirkend geheilt. Da die Einbringung einer Anfechtungsklage eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung ist (RIS-Justiz RS0022013), wird gegebenenfalls auch der Mangel der erforderlichen besonderen Ermächtigung zu beseitigen sein, indem die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung der Klageführung erwirkt und die darüber ergangene Gerichtsentscheidung beigebracht wird (RIS-Justiz RS0022002).
Sollte der Verlassenschaftskurator oder das Verlassenschaftsgericht die bisherige Verfahrensführung nicht genehmigen, die gesetzte Frist fruchtlos ablaufen oder das Verlassenschaftsgericht die Genehmigung versagen, wäre in Ansehung der Verlassenschaft nach dem verstorbenen mj Benedict L***** die Nichtigkeit der bisher ergangenen Entscheidungen und des vorangegangenen Verfahrens über den Antrag auf Klageanmerkung nach § 20 Abs 1 AnfO auszusprechen und der Revisionsrekurs zurückzuweisen; andernfalls wird auch über den namens der Verlassenschaft erhobenen Revisionsrekurs eine Sachentscheidung zu ergehen haben.
Die Beschlussfassung über die Erteilung eines Verbesserungs- bzw Sanierungsauftrags hat mit Senatsbeschluss zu erfolgen (§ 5 OGHG; RIS-Justiz RS0049197; RS0035424; RS0035400; Kodek in Fasching aaO §§ 84 f Rz 12; für die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden: Mayr in Fasching aaO § 230 Rz 41).
Textnummer
E91197European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00087.09D.0623.000Im RIS seit
23.07.2009Zuletzt aktualisiert am
20.02.2012