Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Alireza A***** N***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. November 2008, GZ 121 Hv 88/04d-103, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Alireza A***** N***** des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach §§ 158 Abs 1, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 10. Dezember 1999, 14. Dezember 1999 und 20. Dezember 1999 in Wien als Geschäftsführer der S***** GmbH (§ 161 StGB) nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaft einen der Gläubiger der Gesellschaft, und zwar die NO***** GmbH, durch Zahlung von insgesamt 500.000 ATS (36.337,21 Euro) begünstigt und dadurch wenigstens einen der anderen Gläubiger benachteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider durfte das Erstgericht Anträge auf Vernehmung der Zeugen Dr. Lilian H***** und Dr. Peter Sa***** zum Thema der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der späteren Gemeinschuldnerin und zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt der Antragstellungen zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im fraglichen Zeitraum für das gegenständliche Verfahren die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (S 453/IV), sowie eines informierten Vertreters der R***** und R***** zum Beweis dafür, dass zum Faktum IV kein Schaden entstanden ist (S 507/IV), ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abweisen, legten sie doch nicht dar, weshalb die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 330) und inwieweit die genannten Personen neben rechtlichen Schlussfolgerungen, die nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sind, über sinnliche Wahrnehmungen zu berichten in der Lage sein sollten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 352).
Als aktenfremd erweist sich der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die Tatrichter hätten die Antwort der Sachverständigen Mag. Ri***** auf die Frage der Verteidigung, ob sie konkret wisse, ob durch Zahlungen der Firma S***** an die Firma NO***** der Haftungsfonds für Gläubiger geschmälert wurde („Nein, das weiß ich nicht konkret. Es ergibt sich aber, wenn Geld überschießend an einen Gläubiger geht, dann gehe ich davon aus, dass sonst noch Geld für den Deckungsfonds der anderen Gläubiger vorhanden wäre, aber ich kann das nur vermuten. Ich kann das nicht verifizieren, ich kann das nur mutmaßen, dass das Geld noch vorhanden gewesen wäre."), mit Stillschweigen übergangen, wurde diese Aussage nach dem ungerügt gebliebenen Protokollsinhalt doch zweifelsfrei vom Zeugen Dr. Peter P***** getätigt (S 441 f/IV). Die genannte Expertin gab vielmehr an, dass durch die Zahlung von 500.000 ATS nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dieser Betrag nicht den Gläubigern zugeflossen ist (S 457/V). Die behauptete Unvollständigkeit liegt somit nicht vor.
Die Darstellung einer Diversionsrüge ist - unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO - auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 659 f). Indem der Beschwerdeführer bloß pauschal behauptet, bei einer Begünstigung eines Gläubigers erscheine eine Verurteilung weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen notwendig, legt er nicht dar, weshalb bei einer gegen § 158 Abs 1 StGB verstoßenden Veranlassung von Geldflüssen in Höhe von immerhin über 36.000 Euro und des damit einhergehenden - vom Nichtigkeitswerber bestrittenen - erheblichen sozialen Störwerts im Hinblick auf diversionelle Maßnahmen eine Bestrafung nicht geboten sein sollte, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Bereits solcherart verfehlt die Beschwerde jedoch den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Mag auch ein Geständnis nicht als generelle Voraussetzung für eine diversionelle Erledigung angesehen werden können (RIS-Justiz RS0119093), unterlässt der Rechtsmittelwerber bei seiner Kritik, es sei unzutreffend, wenn das Erstgericht ausführt, dass mangels Schuldeinsicht ein diversionelles Vorgehen nicht in Betracht gekommen wäre, jeglichen Hinweis auf Umstände, die unter dem Aspekt spezialpräventiver Notwendigkeit einer Bestrafung eine zumindest bedingte Unrechtseinsicht oder eine partielle Übernahme der Verantwortung für das Bewirken der eine strafrechtliche Haftung begründenden Tatsachen indiziert hätten (Schroll, WK-StPO § 198 Rz 36).
Da die Diversionsvoraussetzungen wie dargelegt kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich ein Eingehen auf den, ersichtlich für das Nichtvorliegen schwerer Schuld infolge Schadensgutmachung (vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 25) ins Treffen geführten Vorwurf fehlender Feststellungen zu einem insbesondere durch die Aussage des Zeugen Dr. P***** indizierten, vom Angeklagten mit dem Masseverwalter abgeschlossenen und auch eingehaltenen Vergleich, der im Jahr 2002 zu einem Ausgleich der verursachten Benachteiligung geführt habe.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E91263European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00026.09A.0624.000Im RIS seit
24.07.2009Zuletzt aktualisiert am
11.08.2011