Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek und Dr. T. Solé sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Herbert H***** gegen die Antragsgegnerin A***** GmbH, nunmehr A***** GmbH & Co KG, wegen § 6 Abs 1 MedienG, über den Antrag der Generalprokuratur auf außerordentliche Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 362 StPO betreffend die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2004, GZ 091 Hv 115/03b-22, sowie des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Jänner 2005, AZ 18 Bs 293/04 (ON 33), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2004, GZ 091 Hv 115/03b-22, sowie des Oberlandesgerichts Wien vom 10. Jänner 2005, AZ 18 Bs 293/04 (ON 33), werden im außerordentlichen Weg aufgehoben und die Wiederaufnahme des erstinstanzlichen Verfahrens verfügt.
Text
Gründe:
In der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Herbert H***** gegen die Antragsgegnerin A***** GmbH, nunmehr A***** GmbH & Co KG, wurde die Antragsgegnerin im zweiten Rechtsgang mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2004, GZ 091 Hv 115/03b-22, gemäß § 6 Abs 1 MedienG zur Zahlung einer Entschädigung von 2.000 Euro sowie gemäß § 8a Abs 6 MedienG zur Urteilsveröffentlichung verpflichtet. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs wurde durch die im periodischen Medium A***** am 19. September 2003 veröffentlichte unwahre Behauptung, im Umfeld des Antragstellers wimmle es von „braunen Ratten", der objektive Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB verwirklicht.
Der Einzelrichter stellte dazu folgenden Sachverhalt fest:
Am 19. September 2003 ist in der satirischen Sendung „Das Letzte der Woche" nach Einblendung eines Fotos des Antragstellers Mag. Herbert H***** ein Film, in dem ein großes und ein kleines Nilpferd durch die Gegend trotteten, veröffentlicht worden. Zu diesem Beitrag verlas die Sprecherin folgenden Text: „Vizekanzler Herbert H***** ist Pate eines Nilpferdbabys im Wiener Tiergarten Schönbrunn. Der FPÖ-Chef hat seinem Patenkind bereits einen Besuch abgestattet. Das größere Tier ist übrigens der Vizekanzler. Die beiden haben sich übrigens auf Anhieb gut verstanden. Es gibt viele Ähnlichkeiten: in beider Umfeld wimmelt es von braunen Ratten."
Nach dem Eindruck, den der Seher dieses Beitrags gewinnt, wird dem Antragsteller mangelnde Abgrenzung gegenüber NS-nahen Positionen und den Trägern dieser Ideologie vorgeworfen, wobei ein erhöhtes Aufkommen von Personen rechtsextremer Gesinnung im Umfeld des Antragstellers geortet wird. Dadurch wird ein Charaktermangel offenbart, der geeignet ist, den Antragsteller in der öffentlichen Meinung herabzusetzen.
Tatsächlich umgibt sich der Antragsteller keineswegs mit einer Mehrzahl von Personen rechtsextremer Gesinnung. Er identifiziert sich weder mit rechtsextremen Positionen, etwa des Druckwerks „D*****", dem er lediglich einmal ein Grußwort zu einem runden Jubiläum zukommen ließ, noch stehen ihm Personen wie der Schriftleiter der Zeitschrift „D*****" Helmut M***** oder Mag. Johann G***** vom R***** nahe. Ebenso wenig kennt der Antragsteller Positionen des Herausgebers der periodischen Druckschrift „Z*****" Andreas M*****, die im Lichte einer NS-nahen Ideologie zu sehen wären; er hat sich zu keinem Zeitpunkt mit derartigen Positionen identifiziert. Der Antragsteller, der durch seine Mitarbeit im Nationalfonds auch mit Entschädigungen der Opfer des Dritten Reiches beschäftigt ist, steht auch keiner rechtsextremen Gruppierung nahe (US 4, 5).
Dazu verwies der Einzelrichter auf das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 12. Februar 2004, AZ 18 Bs 17/04 (ON 15 der Hv-Akten), wonach dem Antragsteller mangelnde Abgrenzung gegenüber in Österreich verpönten NS-nahen Positionen und Trägern dieser Ideologie dadurch vorgeworfen werde, dass von dessen persönlich ausgewähltem Mitarbeiterstab und Bekanntenkreis auf seinen Charakter sowie seine persönliche und politische Einstellung geschlossen werde (S 4, 5 in ON 15).
Zum misslungenen Wahrheitsbeweis führte das Erstgericht aus, in den von der Antragsgegnerin vorgelegten und in der Hauptverhandlung verlesenen Publikationen werde zwar „rechtes Gedankengut" mit „zum Teil extremen Positionen" vertreten, Mag. Herbert H***** hätte in seiner glaubwürdigen Zeugenaussage jedoch überzeugend darauf hingewiesen, sich mit derartigen Publikationen und Aussendungen niemals identifiziert, ja sie großteils gar nicht gekannt zu haben. Insbesondere wären ihm keine Äußerungen von Andreas M***** in Erinnerung, die im Lichte einer NS-nahen Ideologie zu sehen wären. Die Positionen des R***** hätte Mag. H***** ausdrücklich als „nicht förderlich" bezeichnet und dies auch parteiintern deklariert. Mag. G***** stünde er reserviert gegenüber. Dem Medium „D*****" hätte er lediglich ein Grußwort zu einem runden Jubiläum übermittelt; ein Naheverhältnis bestünde nicht; dessen Schriftleiter Helmut M***** hätte er höchstens zwei bis dreimal gesehen. Er hätte sich mit irgendwelchen Entgleisungen von Ortsorganisationen der FPÖ niemals identifiziert; mit der NS-Ideologie hätte er „nichts am Hut" (US 6, 7).
Der dagegen von der Antragsgegnerin erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 10. Jänner 2005, AZ 18 Bs 293/04 (ON 33 der Hv-Akten), ebenso wenig Folge wie der Berufung des Antragstellers wegen Strafe.
Zur Schuldberufung führte das Berufungsgericht aus, Ziel eines kongruenten - fallbezogen misslungenen Wahrheitsbeweises wäre es gewesen, eine vom Antragsteller zu verantwortende Existenz von Personen rechtsextremer Gesinnung in seinem näheren und persönlichen Umfeld nachzuweisen und nicht „bloß" im weiten Umkreis einer naturgemäß auch heterogene Strömungen umfassenden Partei. Hiezu hätte es nicht ausgereicht, im Sinn einer Pauschalverdächtigung die zweifellos gegebenen und für einen Bundesparteiobmann selbstverständlichen Kontakte zu Teilorganisationen der Partei, in welchen zum Teil fragwürdige ideologische Positionen vertreten werden, aufzuzeigen. Es hätten vielmehr konkrete Fälle aus seinem Mitarbeiterstab und Bekanntenkreis dargelegt werden müssen, die Rückschlüsse auf seine persönliche Einstellung im Sinn einer mangelnden Abgrenzung gegenüber NS-nahen Positionen und Trägern dieser Ideologie erlaubt hätten. Anhaltspunkte dafür hätte das Beweisverfahren jedoch nicht ergeben.
Wegen dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien behängt derzeit ein Verfahren der A***** GmbH, nunmehr A***** GmbH & Co KG, gegen die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Zahl 25620/05).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich ein Antrag der Generalprokuratur auf außerordentliche Wiederaufnahme des Verfahrens. Bei der Prüfung der Akten ergaben sich für den Obersten Gerichtshof - im Ergebnis im Sinne dieses Antrags - erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Sachverhaltsannahmen (§ 362 Abs 1 Z 2 StPO).
Die Beurteilung des Bedeutungsinhalts einer Textpassage, aber auch einer bildlichen oder filmischen Darstellung, ist Tatfrage (RIS-Justiz RS0092588; Rami in WK² Mediengesetz § 41 Rz 36 mwN). Dabei ist der Bedeutungsinhalt einer inkriminierten Textstelle, eines Bildes oder eines Films aus dem Gesamtzusammenhang der mit den damit inhaltlich im Konnex stehenden Ausführungen zu ermitteln, sohin auf den situativem Kontext abzustellen, in den der fragliche Aussagegehalt einzuordnen ist. Die urteilsmäßige Feststellung des Bedeutungsinhalts - allenfalls (angesichts des Grundsatzes „in dubio pro reo" aber keineswegs zwingend [RIS-Justiz RS0123503]) auch in der für den Äußernden ungünstigsten Variante - obliegt dem Gericht in Ausübung des ihm nach § 258 Abs 2 StPO zukommenden Beweiswürdigungsermessens.
Dabei ist auch das aktuelle Vor- und Begleitwissen jenes Rezipienten, an den sich die Publikation nach ihrer Aufmachung und Schreibweise sowie den behandelten Themen richtet, zu berücksichtigen. Dieser Wissensstand ist - neben der sinnfälligen Äußerung als solcher - ebenfalls Gegenstand des Beweisverfahrens. Daher sind auch zu Tatsachen, die insofern eine entscheidende Indizwirkung entfalten können, wie etwa eine entsprechende Vorberichterstattung, in der Hauptverhandlung Beweise aufzunehmen. Dies ist allerdings nur soweit nötig, als diese Tatsachen nicht ohnehin als notorisch vorausgesetzt werden können. Insbesondere in engem zeitlichen Konnex zu einer inkriminierten Publikation im Rahmen einer breiten öffentlichen Diskussion zu einem aktuellen Thema in Massenmedien verbreitete Wortmeldungen politischer Funktionsträger werden als solche allgemeinkundige und somit notorische Tatsachen anzusehen sein, wobei dies aber nur den Umstand der Veröffentlichung, nicht aber den tatsächlichen Wahrheitsgehalt erfasst (15 Os 6/08h mwN). So ist für die Beurteilung eines (ausreichenden) Tatsachensubstrats eines Werturteils nicht in jedem Fall ein „Mitliefern" der tatsächlichen Grundlage im inkriminierten Artikel erforderlich (11 Os 124/07f).
Eine in Ansehung dieser Tatfrage erheblich bedenkliche Ausübung richterlichen Ermessens ist mit dem Rechtsbehelf der außerordentlichen Wiederaufnahme (§ 362 StPO) zu überprüfen. Die im Bereich der Mediengerichtsbarkeit aus einer an der MRK orientierten, somit verfassungskonformen Interpretation innerstaatlicher Verfahrensbestimmungen abzuleitende Einschränkung des Beweiswürdigungsermessens hat zur Folge, dass eine aus Sicht des Obersten Gerichtshofs nicht sachgerechte Lösung der Tatfrage durch die Tatrichter viel eher als erheblich bedenklich zu qualifizieren ist, sodass die Erheblichkeitsschwelle iSd § 362 Abs 1 StPO daher bei der Kontrolle medienrechtlicher Entscheidungen in tatsächlicher Hinsicht niedriger anzusetzen ist als in anderen Fällen (11 Os 124/07f mwN).
Bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit einer Äußerung nach § 111 Abs 1 StGB hat das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK einzufließen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der EGMR in seiner Rechtsprechung die Grenzen für die nach Art 10 Abs 2 MRK zulässigen Einschränkungen von politischen Äußerungen in Medien äußerst eng zieht. Als Vorfrage ist zunächst stets zu klären, ob sich eine Publikation als dem Wahrheitsbeweis gänzlich entzogenes Werturteil darstellt oder im Kern Tatsachenbehauptungen enthält. Bei Werturteilen, zu deren Annahme der EGMR tendenziell neigt, liegen die Grenzen zulässiger Kritik beim Wertungsexzess, bei abfälligen Werturteilen ohne hinreichendes Tatsachensubstrat und bei formalen Ehrenbeleidigungen.
Im vorliegenden Fall sind die Gerichte ersichtlich davon ausgegangen, dass mit der inkriminierten Fernsehsendung ein Werturteil auf Tatsachengrundlage transportiert wurde.
Während die Feststellung, wonach der publizierte Satz „ln beider Umfeld wimmelt es von braunen Ratten" vom Zuseher dahin verstanden wird, dass ein erhöhtes Aufkommen von Personen rechtsextremer Gesinnung im Umfeld des Antragstellers geortet und diesem die mangelnde Abgrenzung von NS-nahen Positionen und Trägern dieser Ideologie vorgeworfen wird, nicht zu bemängeln ist, begegnet die Reduktion des Begriffs des „Umfelds" des Antragstellers auf den von ihm ausgewählten Mitarbeiterstab und Bekanntenkreis erheblichen Bedenken im Sinne des dargestellten Prüfungsmaßstabs.
Denn die Gerichte haben im vorliegenden Fall folgenden Aspekten nicht den gebotenen Stellenwert beigemessen: zum einen der damaligen - in der Sendung ausdrücklich genannten - Funktion des Antragstellers als FPÖ-Obmann; zum anderen der schon durch seine Stellung als Spitzenfunktionär dieser Partei indizierten, im satirischen Gewand transportierten politischen Kritik nicht nur - wie konstatiert - an seiner Person, sondern damit verbunden augenscheinlich auch an den in seiner Partei von einigen zum Teil hochrangigen Repräsentanten vertretenen, der NS-Ideologie entlehnten oder nahestehenden Positionen, die Gegenstand der öffentlichen Diskussion und medialen Berichterstattung auch vor und zur Zeit der Ausstrahlung des inkriminierten Beitrags waren (das Erstgericht selbst ist im Urteil vom 17. Mai 2004 davon ausgegangen, dass es sich bei den im Rahmen des Wahrheitsbeweises vorgelegten Publikationen um rechtes Gedankengut handelt, wobei teilweise auch extreme Positionen vertreten werden [US 6]). So gesehen wäre von dem in Rede stehenden Beitrag nicht nur das persönliche, von Mag. H***** selbst ausgewählte Umfeld betroffen, sondern die von ihm geführte Partei angesichts in ihrem Rahmen getätigter extremer politischer Aussagen.
Diesen Kriterien kommt mit Blick auf die Rechtsprechung auch des EGMR zur Ausübung politischer Kritik im Rahmen des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach Art 10 MRK Bedeutung für die Frage nach Verwirklichung des Tatbestands des § 111 Abs 1 StGB zu (s zB Kienapfel/Schroll, BT I4 Vorbem §§ 111 ff Rz 19 ff mwN). Ein Eingriff in Art 10 MRK ist demnach nur dann zulässig, wenn derselbe „in einer demokratischen Gesellschaft unentbehrlich ist und einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis entspricht" (EGMR 22. 2. 2007, Nr 5266/03, Nikowitz/Verlagsgruppe News GmbH gg Österreich [= MR 2007, 71] § 21). Bezieht sich eine Satire auf die öffentliche Position einer Person als Politiker, so hat dieser gegenüber solcher Kritik mehr Toleranz aufzubringen (EGMR 25. 1. 2007, Nr 68354/01, Vereinigung bildender Künstler gg Österreich [= MR 2007/124]; 15 Os 10/08x).
Lediglich der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass die - auf Basis der für glaubwürdig befundenen Aussage des als Zeugen vernommenen Antragstellers getroffene - erstgerichtliche Konstatierung, wonach sich Mag. Herbert H***** mit NS-nahen Publikationen, wie etwa jenen von Andreas M***** in der Zeitschrift „Z*****" nicht identifiziert habe, fallbezogen bedeutungslos ist. Sie geht nämlich insofern über das gegenständliche Thema des Wahrheitsbeweises hinaus, als Mag. Herbert H***** mit der Anspielung auf <it>braune Ratten in seinem Umfeld - lediglich - die mangelnde Abgrenzung zu Personen, die NS-nahes Gedankengut vertreten, vorgeworfen wurde, nicht aber die davon zu unterscheidende seinerseitige Identifikation mit der NS-Ideologie.
Die im Spruch bezeichneten Urteile waren daher im außerordentlichen Weg aufzuheben und die Wiederaufnahme des erstinstanzlichen Verfahrens zu verfügen. Im wiederaufgenommenen Verfahren wird den angesprochenen Umständen das erforderliche Augenmerk zu widmen sein.
Darin liegt - der Äußerung des Antragstellers zuwider - kein Verstoß gegen Art 1 des 1. ZPMRK durch Eingriff in seine Vermögensposition infolge Aufhebung eines rechtskräftig zuerkannten Entschädigungsanspruchs, hat der Oberste Gerichtshof doch zu 13 Os 16/09s - obiter - klargestellt, dass auch bei ausnahmsweise im Strafverfahren ergangenen Entscheidungen über zivilrechtliche, nicht akzessorische - also untrennbar mit einem Schuldspruch verbundene - Ansprüche (§§ 6 ff, 9 f MedienG) ein Erkenntnis in der Sache, also auch die Aufhebung der Entscheidung des untergeordneten Strafgerichts jedenfalls dann möglich ist, wenn der Antragsgegner (als zuvor am Verfahren Beteiligter) einen Erneuerungsantrag unter den dort dargestellten strikten Voraussetzungen (Art 34 und 35<bo> Abs 1 und 2 MRK) gestellt hat, gleichviel, ob die Aufhebung in Stattgebung dieses Antrags oder einer aus dessen Anlass erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erfolgt.
Umso mehr gilt dies im Falle einer aktuell vor dem EGMR anhängigen Individualbeschwerde des Antragsgegners, zumal sich der Antragsteller auch in diesem Fall angesichts der möglichen Feststellung einer Konventionsverletzung und eines daran regelmäßig anschließenden Verfahrens nach § 363a StPO keineswegs auf das Prinzip der Rechtssicherheit berufen kann (siehe schon 15 Os 125/08h mwN).
Vielmehr ist es Aufgabe des Obersten Gerichtshofs als oberster Instanz in Strafsachen, in Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf außerordentliche Wiederaufnahme gemäß § 362 Abs 1 Z 2 StPO zu Gunsten der Antragsgegnerin, der gemäß § 41 Abs 6 MedienG die Rechte des Angeklagten zukommen, also eines nach der innerstaatlichen Verfahrensordnung bestehenden Rechtsbehelfs (der im Übrigen die bloße Feststellung einer sich zum Nachteil eines Verfahrensbeteiligten auswirkenden Gesetzes-[Konventions-]verletzung nicht zuließe) - ebenso wie bei einem ohne Vorliegen eines Erkenntnisses des EGMR gestellten Antrag gemäß § 363a StPO (13 Os 135/06m) - über Art 46 MRK hinausgehend dem Geist der MRK auch in einem Fall Rechnung zu tragen, in dem noch kein Urteil gegen Österreich ergangen ist.
Textnummer
E91492European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00172.08W.0624.000Im RIS seit
24.07.2009Zuletzt aktualisiert am
08.11.2010