Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Alexander L*****, vertreten durch Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwalt in Eferding, gegen die beklagte Partei H*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann ua Rechtsanwälte in Linz, wegen 184.948,15 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. Februar 2009, GZ 2 R 108/08b-29, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 8. April 2008, GZ 5 Cg 237/06g-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.360,72 EUR (darin 393,45 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:
1. Bei Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Ob dem Rechtsanwalt eine Sorgfaltsverletzung vorzuwerfen ist, bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0026458).
2.1. Die Auslegung des § 4 PHG in der bis 31. 12. 1999 in Geltung stehenden Fassung wirft in Anbetracht der zwischenzeitig vergangenen Zeit und der geringen Wahrscheinlichkeit, dass diese Norm ein weiteres Mal anzuwenden sein wird, keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO Rz 43; 3 Ob 139/00p).
2.2. Die Beschädigung der gelieferten Wollisolierung durch Mottenfraß aufgrund nicht ausreichender Imprägnierung und die daraus resultierende Notwendigkeit des Austauschs stellen jedenfalls Schäden am Produkt selbst dar, für die nach § 1 Abs 1 PHG nicht einzustehen ist. Mängelbehebungskosten stellen bloße Vermögensschäden dar, deren Ersatz im PHG nicht vorgesehen ist (vgl 2 Ob 162/97f ua). Aus diesem Grund kommt es im vorliegenden Fall auch nicht auf die Lösung der Frage an, ob die Bearbeitung gelieferter (imprägnierter) Schafwolle in der Form, dass die Wollfasern in eine Richtung gelegt werden („Parallelisieren") als Erzeugung im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 iVm § 3 PHG anzusehen ist.
3. Der Erzeuger ist nach ständiger Rechtsprechung nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers (RIS-Justiz RS0022662, RS0101969). Gleiches gilt für den Zulieferer von Rohstoffen (RIS-Justiz RS0023644). Der Händler muss sich mangels besonderer Umstände oder konkreter Verdachtsmomente auf die Auskünfte des Produzenten verlassen können (RIS-Justiz RS0106613). Dies muss insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem das Ausmaß der Imprägnierung nur durch umfangreiche chemische Analysen festgestellt werden könnte, zu deren Durchführung der Händler selbst gar nicht in der Lage ist.
4. Nach ganz überwiegender Rechtsprechung ist auch bei verborgenen Mängeln die Erkennbarkeit des Mangels keine Voraussetzung für den Beginn des Fristenlaufs nach § 933 Abs 2 ABGB (RIS-Justiz RS0018937). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof entgegen der unter anderem von P. Bydlinski (in Koziol/Bydlinski/Bollenberger § 933 Rz 12) vertretenen Auffassung auch für sich typischerweise erst nach mehreren Jahren zeigende Materialfehler festgehalten (2 Ob 535/90 SZ 63/171 [Korrosion eines Boilers aufgrund eines Materialfehlers]; 7 Ob 2129/96f [Deckenelemente]; ebenso neuerdings 3 Ob 150/04m [Abblättern von Farbe]).
5. In der Auffassung der Vorinstanzen, die einen anwaltlichen Beratungsfehler darin erblickten, dass die beklagte Partei auf diese Rechtslage nicht hingewiesen hat, ist eine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Anmerkung
E913816Ob94.09fEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00094.09F.0702.000Zuletzt aktualisiert am
24.08.2009