Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Laureen H*****, geboren am 3. November 1994, wegen Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 2 JN, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 23. März 2009, 33 P 86/98t-U-57, gemäß § 111 JN angeordnete Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht St. Johann im Pongau wird nicht genehmigt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Mit - rechtskräftigem - Beschluss vom 23. März 2009 (U57) übertrug das Bezirksgericht Innsbruck die Zuständigkeit dem Bezirksgericht St. Johann im Pongau. Das Kind wohne zwar mit seiner Mutter in P*****, Italien, sei jedoch in 5500 Bischofshofen, ***** gemeldet. Es sei daher zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht St. Johann im Pongau diese Pflegschaftssache führe.
Das Bezirksgericht St. Johann im Pongau lehnte es ab, die Zuständigkeit zu übernehmen. Der Pflegschaftsakt sei bereits seit 1. Juli 1998 beim Bezirksgericht Innsbruck anhängig und umfasse schon zwei Bände. Da es sich bei der Anschrift in Bischofshofen nur um eine Meldeadresse handle, an der sich weder Mutter noch Kind aufhielten, habe es keine Änderung im Aufenthalt des Kindes gegeben. Es sei daher offensichtlich zweckmäßiger, wenn das bisherige Pflegschaftsgericht den Akt weiterführe.
Das Bezirksgericht Innsbruck legte den Akt gemäß § 111 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Die vom Bezirksgericht Innsbruck verfügte Übertragung ist nicht gerechtfertigt.
Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch der dem Pflegebefohlenen zugedachte Schutz voraussichtlich besser verwirklicht werden kann. Maßgebend ist immer das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047300 [T7]). Es kommt auf den Mittelpunkt der Lebensführung - nicht etwa auf die polizeiliche Meldung (ständige Judikatur der zweitinstanzlichen Gerichte: EFSlg 57.693, 97.943,
105.524) - an (Mayr in Rechberger³ § 111 JN Rz 2; RIS-Justiz RS0047027 [T10]). § 111 JN ist als Ausnahmebestimmung einschränkend auszulegen (RIS-Justiz RS0046908 [T9]). Hier geht das übertragende Gericht selbst davon aus, dass die Minderjährige an der Anschrift in Bischofshofen gar nicht aufhältig ist. Besondere Umstände, dass durch die angestrebte Zuständigkeitsübertragung der dem Pflegebefohlenen zugedachte Schutz zweifelsfrei besser als bisher verwirklicht werden kann, sind damit nicht hervorgekommen.
Die Übertragung ist daher nicht zu genehmigen.
Anmerkung
E913827Nc11.09sEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070NC00011.09S.0702.000Zuletzt aktualisiert am
24.08.2009