TE OGH 2009/7/6 1Ob128/09v

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei V***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Bruckner, Rechtsanwalt in Schärding, wegen 850.000 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. April 2009, GZ 2 R 218/08d-43, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 2. Oktober 2008, GZ 32 Cg 76/07p-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.499,40 EUR (darin 583,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im November 2000 gewährte die beklagte Bank einer GmbH einen Betriebsmittelkredit in Höhe von (umgerechnet) rund 360.000 EUR mit einer Laufzeit bis 31. 10. 2005. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer (im Folgenden: Gesellschafter) übernahm zur Besicherung des Kredits unter anderem eine Haftung als Bürge und Zahler; weiters verpfändete er Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag. Er unterhielt selbst ein Girokonto bei der Beklagten, auf das sein Geschäftsführergehalt überwiesen wurde. Unstrittig ist, dass auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der Beklagten die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte" (ABB), zuletzt in der Fassung aus 2003, anzuwenden sind.

Im Jahr 2003 erwarb die Klägerin 7,5 % der Geschäftsanteile der GmbH und schloss in diesem Zusammenhang mit dem Gesellschafter einen Rahmenvertrag für die künftige Übernahme aller Geschäftsanteile. In Erwartung dieser Übernahme wurde mit der Beklagten eine Erhöhung des Überziehungsrahmens des Betriebsmittelkredits der GmbH auf 2 Mio EUR vereinbart und zugleich das Ende der Kreditlaufzeit auf den 30. 6. 2004 vorverlegt. Am 17. 6. 2004 wurde ein Abtretungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Gesellschafter errichtet, mit dem dieser die weiteren Geschäftsanteile um 1,1 Mio EUR übertragen sollte. Nach Abschluss dieses Abtretungsvertrags sprach der Gesellschafter mit einem Direktor der Beklagten, dem er mitteilte, dass er beabsichtige, eine Liegenschaft um 250.000 EUR anzukaufen. Der Bankdirektor erklärte sich damit einverstanden, dass der Gesellschafter dafür einen Teil des zu erwartenden Kaufpreises für die GmbH-Anteile verwende. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass der Gesellschafter über sein privates Girokonto im Übrigen nur nach Rücksprache mit dem Bankdirektor verfügen könne und dass das Guthaben so lange als Sicherheit für die Bankverbindlichkeiten der GmbH diene, bis diese Verbindlichkeiten von der Klägerin übernommen oder abgedeckt werden; das Konto des Gesellschafters wurde aus diesem Grund mit einem Sperrcode versehen. Vereinbarungsgemäß wurde ein Teilbetrag von 250.000 EUR aus dem auf dem Girokonto des Gesellschafters eingelangten Kaufpreis auf ein Treuhandkonto des mit der Abwicklung des Liegenschaftskaufs betrauten Notars weitergeleitet. Der Restbetrag verblieb auf dem Girokonto, das in der Folge durch die mit Genehmigung des Bankdirektors erfolgte Abbuchung verschiedener kleinerer Beträge einen Stand von rund 825.400 EUR erreichte.

In weiterer Folge stellte die Klägerin fest, dass sie der Gesellschafter durch Bilanzmanipulationen in die Irre geführt hatte, die dieser bei einem Gespräch am 27. 8. 2004 zugab. In einer daraufhin geschlossenen Vereinbarung trat er der Klägerin seinen Anspruch gegen die Beklagte „auf Auszahlung des Kaufpreises" in einem Betrag von 850.000 EUR ab. Die Beklagte verweigerte die vom Gesellschafter bzw von der Klägerin geforderte Rücküberweisung bzw Auszahlung unter Hinweis darauf, dass das Guthaben auf dem Girokonto des Gesellschafters als Sicherheit für die Verbindlichkeiten der GmbH anzusehen sei. Gleichzeitig (am 30. 8. 2004) übersandte die Beklagte der GmbH ein Schreiben, in dem sie den offenen Betriebsmittelkredit fällig stellte und die Zahlung der Gesamtschuld (einschließlich Zinsen und Spesen) von rund 3,4 Mio EUR bis zum 14. 9. 2004 verlangte. In der Folgekorrespondenz teilte die Beklagte der Klägerin unter anderem mit, sie habe sämtliche Kredite der GmbH mit Schreiben vom 30. 8. 2004 fällig gestellt und gleichzeitig den Gesellschafter als Bürgen direkt in Anspruch genommen. Sie kompensiere aufgrund der Kreditfälligstellung und der Bürgenhaftung ihren Anspruch auf die Rückzahlung der offenen Darlehensverbindlichkeit mit dem Guthaben des Gesellschafters in Höhe von 850.000 EUR. Dem widersprach die Klägerin mit Telefax vom 6. 9. 2004 mit dem Argument, eine Fälligstellung gegenüber dem Gesellschafter sei erst nach der Abtretung der Girokontoforderung an sie erfolgt und habe somit keine Wirkung. Zum Zeitpunkt der Abtretung an die Klägerin habe die Beklagte noch keinen fälligen Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter gehabt. Die Beklagte entgegnete darauf mit Schreiben vom 8. 9. 2004, dass nach österreichischem Recht die Aufrechnung ungeachtet einer ihr vorangegangenen Zession wirksam sei; unabhängig davon sei die Beklagte auch im Hinblick auf das ihr vertraglich eingeräumte Pfandrecht berechtigt, das Guthaben einzubehalten.

Die Klägerin begehrte nun von der Beklagten die Zahlung von 850.000 EUR samt Zinsen unter Hinweis auf die an sie erfolgte Abtretung der entsprechenden Forderungen des Gesellschafters aus dem Girokonto. Die Beklagte habe eine Aufrechnung erst zu einem Zeitpunkt erklärt, als der Gesellschafter bereits einen Auftrag zur Überweisung des Kontoguthabens an die Klägerin erteilt gehabt habe. Eine bloß in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Aufrechnungsmöglichkeit sei nicht auf Ansprüche aus einem Girokonto anzuwenden. Eine gesonderte Aufrechnungsvereinbarung habe nicht existiert. Ein Pfandrecht an der Forderung des Gesellschafters sei nicht wirksam begründet worden.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie sei erstmals mit Schreiben vom 2. 9. 2004 zur Überweisung von 850.000 EUR an die Klägerin aufgefordert worden. Sie habe aber bereits vorher den Kredit fällig gestellt und zugleich den Gesellschafter als Bürgen in Anspruch genommen. Die daraufhin erfolgte Aufrechnung sei bereits mit Schreiben vom 1. 9. 2004 dem Rechtsvertreter des Gesellschafters bekanntgegeben worden. Sie sei zulässig und rechtsgültig, zumal nach ständiger Rechtsprechung der Schuldner nach erfolgter Zession berechtigt sei, auch gegen den Neugläubiger mit allen Forderungen aufzurechnen, die gegen den Altgläubiger bestünden. Im Übrigen ergebe sich ein Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrecht auch aus bestimmten Regelungen der ABB. Das damit begründete Pfandrecht gehe einer allfälligen Abtretung des Guthabens an die Klägerin vor. Schließlich sei das Girokonto mit einem Sperrvermerk versehen und damit dem Inhaber eine freie Verfügung über das darauf erliegende Guthaben untersagt gewesen. Dies sei deshalb geschehen, weil das Guthaben als Sicherheit für die Verbindlichkeiten der GmbH gedient habe. Der Gesellschafter habe hievon Kenntnis gehabt und sei damit einverstanden gewesen; er habe vor jeder Barbehebung oder Überweisung um Zustimmung beim Bankdirektor anfragen müssen. Auch die Klägerin habe gewusst, dass das Guthaben als Sicherheit für die Gesellschaftsverbindlichkeiten diene.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus dem Wesen des Girokontovertrags ergebe sich, dass die Bank so lange Dispositionen des Kunden über Guthaben durchzuführen habe, als diesem keine Aufrechnungserklärung zugegangen sei. Hier habe der Rechtsvertreter des Kontoinhabers noch vor der Abgabe einer Aufrechnungserklärung durch die Beklagte einen Überweisungsauftrag erteilt. Gegenüber den allgemeinen Regelungen in den ABB komme jedoch mit dem Kunden (konkret) getroffenen Vereinbarungen Vorrang zu. Hier sei zwischen der Beklagten und dem Gesellschafter mündlich vereinbart worden, dass dieser über sein privates Girokonto nur nach Rücksprache mit der Beklagten verfügen könne und das Guthaben so lange als Sicherheit für die Bankverbindlichkeiten der GmbH diene, bis die Verbindlichkeiten von der Klägerin übernommen oder abgedeckt würden. Mit dieser Vereinbarung habe das Vertrauen des Kontoinhabers in die jederzeitige Verfügbarkeit seines Guthabens geendet, sodass das von der Rechtsprechung aus Gründen des Vertrauensschutzes angenommene konkludente Aufrechnungsverbot nicht zum Tragen kommen könne. Die Beklagte sei daher grundsätzlich zur Aufrechnung berechtigt gewesen. Der zeitlich früher erfolgte Überweisungsauftrag gehe auch nicht der Aufrechnung durch die Beklagte vor. Mit der erwähnten mündlichen Vereinbarung habe nämlich der Gesellschafter das Guthaben auf dem Girokonto auch zum Pfand zur Sicherung der Forderung der Beklagten gegen ihn bestellt. Bei der Verpfändung von Forderungen des Kunden gegen die Bank sei wegen der Identität von Pfandgläubiger und Drittschuldner eine Verständigung des Letzteren nicht erforderlich, weil das Pfandrecht jedenfalls mit der Entstehung der Forderung als vollzogen angesehen werden müsse. Da somit wirksam ein Pfandrecht am Guthaben begründet worden sei, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, dem Überweisungsauftrag Folge zu leisten und das Guthaben zurück zu überweisen. Auch die Aufrechnungsvoraussetzungen seien gegeben. Die Beklagte habe in ihrem Schreiben vom 1. 9. 2004 mit ausreichender Deutlichkeit ihren Willen bekundet, ihre Forderung gegen den Gesellschafter aufgrund seiner Bürgenhaftung gegen dessen Forderung aufgrund des Kontoguthabens aufzurechnen. Es sei auch nicht entscheidend, wann der Schuldner der abgetretenen Forderung die Aufrechnungserklärung abgegeben habe. Der Schuldner könne dem Zessionar nicht nur Forderungen gegen diesen selbst, sondern auch Forderungen gegen den Zedenten entgegensetzen, soweit sie vor der Zession entstanden sind.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Erstgericht habe den maßgeblichen Sachverhalt zutreffend nach österreichischem Recht beurteilt. Nach Z 49 ABB habe der Gesellschafter der Beklagten ein Pfandrecht eingeräumt, das sich insbesondere auch auf seine Ansprüche gegen die Beklagte aus Kontoguthaben bezogen habe. In dieser Vertragsbestimmung sei nicht nur der Pfandbestellungsvertrag zu erblicken, sondern auch das Verfügungsgeschäft. Als modus fungiere die - auf dem Willen des Kunden beruhende - Erlangung der Innehabung an den Pfandsachen durch das Kreditinstitut. Bei Forderungen bestehe die Innehabung darin, dass der Bank irgendeine Form der Verfügungsgewalt zustehe. Die in einem Kontoguthaben zum Ausdruck kommende Geldforderung des Kontoinhabers gegen die Bank sei zweifellos einer solchen Verfügungsgewalt unterworfen, weil er nur unter Mitwirkung des Kreditinstituts darüber disponieren könne. Der modus bestehe in einer Übergabe durch Erklärung. Ein sonst bei der Forderungsverpfändung nötiges Zeichen im Sinn des § 452 ABGB (Publizitätsakt) sei hier nicht erforderlich, weil das Kreditinstitut als Schuldner ohnedies von der Verpfändung Kenntnis habe und daher interessierten Dritten darüber Auskunft geben könne, sodass der Drittschuldnerverständigung keine Funktion zukomme. Damit erübrige sich aber auch ein Verpfändungvermerk in den Büchern des Kunden. Bei Guthaben aus Girokonten scheide ein Buchvermerk überdies schon deshalb aus, weil der jeweils aktuelle Tagessaldo in den Büchern des Kunden - so er solche überhaupt führe bzw führen müsse, was beim Gesellschafter als Privatmann ohnedies fraglich sei - nicht als eigenständige Forderung aufscheine. Dem Zweck eines Girovertrags, mit dem dadurch begründeten Buchgeld gleich wie Bargeld umgehen zu können, werde durch Z 51 Abs 2 ABB hinreichend Rechnung getragen. Diese Bestimmung statuiere eine Verpflichtung der Bank, unbeschadet ihres Pfandrechts Dispositionen des Kunden zugunsten Dritter über Guthaben auf Girokonten durchzuführen, solange dem Kunden keine Mitteilung des Kreditinstituts über die Geltendmachung des Pfandrechts zugegangen ist. Erhalte er jedoch eine Mitteilung im erwähnten Sinne, dann könne er pro futuro nicht mehr damit rechnen, uneingeschränkt über das Guthaben disponieren zu können. Im vorliegenden Fall sei noch vor der am 27. 8. 2004 zwischen der Klägerin und dem Gesellschafter vereinbarten Zession eine Mitteilung der Beklagten an den Gesellschafter gemäß Z 51 Abs 2 ABB ergangen. Diese Mitteilung sei in der „Vereinbarung" zu erblicken, dass das Girokontoguthaben bis auf Weiteres als Sicherheit für die Kreditverbindlichkeiten der GmbH diene und darüber nur mehr nach Rücksprache mit der Beklagten verfügt werden könne („Kontosperre"). Daraus folge, dass der Beklagten ein Pfandrecht am Kontoguthaben zugestanden sei, welches sie dazu berechtigt habe, die Durchführung des ihr zunächst am 30. 8. 2004 vom Gesellschafter und dann am 2. 9. 2004 auch von der Klägerin als Zessionarin erteilten Überweisungsauftrags abzulehnen und ihre Forderungen gegen den Gesellschafter aus dessen persönlicher Haftung vorrangig aus dem Kontoguthaben zu befriedigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil offenbar noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rechtsfrage nach Titel und modus beim Pfandrecht des Kreditinstituts gemäß Z 49 f ABB sowie zu den Besonderheiten dieses Pfandrechts an Guthaben auf Girokonten (Z 51 Abs 2 ABB) vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Soweit die Revisionswerberin den Vorwurf erhebt, das Erstgericht habe im Sinne des § 179 ZPO verspätetes Vorbringen der Beklagten zu Unrecht nicht zurückgewiesen, übersieht sie, dass ein vom Berufungsgericht bereits verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (siehe nur RIS-Justiz RS0042963).

An sich zutreffend sind die Vorinstanzen auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts davon ausgegangen, dass bereits vor Abtretung der Forderung des Gesellschafters aus dem Girokontovertrag an die Klägerin eine Verpfändung dieser Forderung an die Beklagte erfolgt ist. Bei der betreffenden (mündlichen) Vereinbarung handelte es sich allerdings weder um eine Mitteilung „gemäß Z 51 Abs 2 ABB" (so das Berufungsgericht), noch um die Bestellung eines Pfandes zur Sicherung der Forderungen der Beklagten „gegen den Gesellschafter" (so das Erstgericht), wurde doch ausdrücklich vereinbart, dass das Guthaben auf dem Girokonto des Gesellschafters so lange als Sicherheit für die „Bankverbindlichkeiten der GmbH" dient, bis diese von der Klägerin übernommen oder abgedeckt werden. Mit der eindeutigen Bezugnahme auf die Verbindlichkeiten der GmbH - und nicht etwa die Bürgschaftsverbindlichkeit des Gesellschafters - fehlt der vom Berufungsgericht angenommene Konnex zu den Z 50 f ABB, die sich (nur) auf Ansprüche des Kreditinstituts gegen den jeweiligen Kunden beziehen. Hier wurde hingegen eine eigenständige Abrede getroffen, mit der der Gesellschafter zugunsten der Beklagten zur Sicherung ihrer Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin (GmbH) ein (weiteres) Pfand bestellt hat, nämlich seine Ansprüche aus dem Girokontovertrag bis zur Höhe von 850.000 EUR.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin bestehen weder gegen die Gültigkeit des Pfandbestellungsvertrags noch gegen die wirksame Begründung eines Pfandrechts an der betreffenden Forderung des Gesellschafters Bedenken.

Soweit sich die Revisionswerberin auf eine vermeintliche Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit bzw strafgesetzwidriger Vereinbarung beruft, ist nicht recht ersichtlich, aus welchen Tatsachenfeststellungen sie die angesprochene Rechtsfolge der Nichtigkeit ableiten will. Die Erörterung des § 146 StGB ist insoweit unverständlich, als zwar der Gesellschafter wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt wurde, dies aber nicht gleichzeitig einen Vorwurf gegen die Beklagte begründen kann, deren Mitwirkung an der Irreführung der Klägerin ja gerade nicht festgestellt werden konnte. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei Abschluss der Pfandbestellung damit rechnen hätte müssen, dass es zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrags über die Geschäftsanteile kommen würde. Damit war auch die von der Revisionswerberin behauptete Interessenkollision für die Beklagte nicht ersichtlich. Warum es sittenwidrig sein sollte, wenn sich eine Bank nach der Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile an der Hauptschuldnerin vom mithaftenden früheren Gesellschafter ein weiteres Pfand bestellen lässt, ist nicht zu erkennen. Ihr ist ja jedenfalls die Möglichkeit abhanden gekommen, im Falle der sonstigen Uneinbringlichkeit ihrer Forderungen auf die Geschäftsanteile zu greifen, die vorher im Vermögen des mithaftenden Gesellschafters vorhanden waren.

Nicht leicht nachvollziehbar sind auch die Erörterungen in der Revision über die vermeintliche Nichteinhaltung des in § 452 ABGB für die wirksame Begründung eines Pfandrechts geforderten modus. Wenn wiederholt darauf hingewiesen wird, dass bei einem (buchführungspflichtigen) Zedenten eine Drittschuldnerverständigung als Publizitätsakt nicht ausreiche, sondern das Setzen eines Buchvermerks erforderlich sei, ist festzuhalten, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesellschafter buchführungspflichtig gewesen wäre oder sonst Geschäftsbücher geführt hätte, die auch sein Guthaben aus dem Girokontovertrag enthalten hätten. Derartiges hat die Klägerin im Verfahren auch nie behauptet. Nach den maßgeblichen Feststellungen handelte es sich auch um ein „privates Girokonto", auf das etwa das Geschäftsführergehalt des Gesellschafters überwiesen wurde. Die Revisionswerberin legt im Übrigen auch nicht dar, inwieweit der Gesellschafter in der Lage gewesen wäre, „Kontoauszüge mit dem Verpfändungsvermerk zu versehen". Bei einem keine Handelsbücher führenden Gläubiger genügt aber nach ganz herrschender Rechtsprechung als für die Begründung des Pfandrechts erforderlicher Publizitätsakt regelmäßig die Drittschuldnerverständigung (vgl nur Koch in KBB § 452 ABGB Rz 7 mwN). Auch ein solcher (Formal-)Akt kann jedoch unterbleiben, wenn Identität von Pfandgläubiger und Drittschuldner besteht, weil zugleich mit der Begründung des Pfandrechts durch entsprechende Vereinbarung der Pfandgläubiger notwendigerweise auch in seiner Stellung als Drittschuldner davon Kenntnis erlangt (vgl nur RIS-Justiz RS0110562; Koch aaO mwN).

Da somit durch die entsprechende Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und dem Direktor der Beklagten ein Pfandrecht am Kontoguthaben des Gesellschafters begründet wurde, durfte die Beklagte zur Aufrechterhaltung ihres Pfandrechts sowohl die Durchführung des Überweisungsauftrags des Gesellschafters vom 30. 8. 2004 verweigern als auch die danach von der Klägerin auf die erfolgte Zession gestützte Forderung auf Auszahlung des Kontoguthabens ablehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E91288

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00128.09V.0706.000

Im RIS seit

05.08.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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