Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann H*****, geboren am 8. September 1959, *****, gegen die beklagte Partei Anette Gerda H*****, geboren am 28. Juni 1967, *****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, wegen Ehescheidung über den Delegierungsantrag der beklagten Partei folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der beklagten Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Schladming wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt die Scheidung aus dem Verschulden der Beklagten, die das überwiegende Verschulden am Scheitern der Ehe des Klägers behauptet und einen Mitverschuldenseinwand erhob. Sie führt zwei Zeuginnen mit Wohnsitz in Pichl und Mandling, welche Orte etwa in der Mitte zwischen Schladming und Radstadt situiert sind. Die Beklagte begründet ihren Delegationsantrag damit, dass sich beide Parteien die meiste Zeit in Schladming aufhalten würden, weil der Kläger dort berufstätig sei. Es wäre daher für beide Parteien zweckmäßiger, den Fall vor dem Bezirksgericht Schladming abzuhandeln. Der Kläger sprach sich gegen die Delegierung aus.
Das ursprünglich angerufene Bezirksgericht St. Johann im Pongau äußerte sich dahin, dass die Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers zum Bezirksgericht St. Johann im Pongau 38,66 km und zum Bezirksgericht Schladming 15,35 km betrage. Für den Fall, dass die Verhandlung im Rahmen des Gerichtstags am Gemeindeamt Radstadt stattfinde, würde die Entfernung von Forstau nach Radstadt etwa 8 km betragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Zwar ermöglicht es § 31 Abs 1 JN, aus Zweckmäßigkeitsgründen ein anderes als das zuständige Gericht zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, doch darf dies nur den Ausnahmefall darstellen und nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046441). Bei Widerstand der anderen Partei müssen besonders schwerwiegende für eine Delegierung sprechende Gründe vorliegen (RIS-Justiz RS0046455 [T6]). Davon ist hier jedoch nicht auszugehen, weil die Möglichkeit der Verhandlung der Rechtssache am Gerichtstag des angerufenen Gerichts in Radstadt nicht unbeachtet bleiben darf. Dieser Ort liegt in unmittelbarer Nähe des Wohnorts des Klägers, der sich nicht zwingend an jenen Tagen, an denen in der Scheidungssache verhandelt wird, am Ort seines Arbeitsplatzes aufhalten muss. Der Wohnsitz der beiden von der Beklagten geführten Zeuginnen liegt etwa in der Mitte zwischen Schladming und Radstadt, sodass auch daraus nichts für den Standpunkt der Beklagten abzuleiten ist. Eine Erleichterung allein für die Beklagte rechtfertigt aber ein Abgehen von der restriktiv zu handhabenden Zuständigkeitsordnung nicht. Davon, dass die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS-Justiz RS0053169 [T12]), kann daher keine Rede sein, weshalb die begehrte Delegierung abzulehnen war.
Anmerkung
E913365Nc9.09gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050NC00009.09G.0707.000Zuletzt aktualisiert am
24.08.2009