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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Beschwer des Verpflichteten des Versteigerungsverfahrens bei Genehmigung des Zuschlags an den Meistbietenden; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Berufung; Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §17 Abs4 und §22 lita Nö GVG 1989 mangels unmittelbarer Wirksamkeit der angefochtenen BestimmungenSpruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Der (Gesetzesprüfungs-)Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Eine näher bezeichnete Liegenschaft, die damals im Eigentum der Beschwerdeführerin stand, wurde zwangsversteigert. Das Bezirksgericht Wiener Neustadt hat mit Beschluß vom 30. August 1996, Zl. 11 E205/95, der Meistbieterin diese Liegenschaft zugeschlagen.
Der Vorsitzende der Grundverkehrs-Bezirkskommission Kirchschlag stellte mit Bescheid vom 28. Oktober 1996, Zl. 9-G-96398, fest, daß die Übertragung an die Meistbieterin den Bestimmungen des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989 (im folgenden kurz: NÖ GVG 1989) entspricht. Die verpflichtete Partei (die nunmehrige Beschwerdeführerin) hat gegen diesen Bescheid Berufung erhoben.
Diese Berufung wurde von der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (im folgenden kurz: GVLK) mit Bescheid vom 17. März 1997, Zl. LF1-GV-A-1, mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Die Behörde stützt ihre Entscheidung im wesentlichen auf die §§3, 17 und 22 lita NÖ GVG 1989.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Gleichzeitig mit dieser Beschwerde wird auch ein Antrag gemäß Art140 B-VG auf Aufhebung der §§17 Abs4 und 22 lita des NÖ GVG 1989 gestellt.
3. Die GVLK legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Weiters habe auch das Bezirksgericht Wiener Neustadt und die Meistbieterin des Versteigerungsverfahrens eine Stellungnahme abgegeben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.a) Die GVLK hat die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Damit hat sie ihr eine Sachentscheidung über das Rechtsmittel verweigert.
Hätte sie dies zu Unrecht getan, so hätte sie die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. z. B. VfSlg. 11405/1987, 13280/1992, 13882/1994).
b) Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung auf §22 lita NÖ GVG 1989, der wie folgt lautet:
"§22. Ein Berufungsrecht kommt zu:
a) den im Rechtsgeschäft oder im Antrag gemäß §20 bezeichneten Vertragsteilen, wenn ihrem Antrag nicht stattgegeben wurde; dem Meistbieter und der verpflichteten Partei, wenn ein Bescheid gemäß §17 Abs4 (Anmerkung: die grundverkehrsbehördliche Genehmigung wird versagt) erlassen wurde;
b) ..."
Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargetan hat (vgl. VfSlg. 8992/1980, 9452/1982, 11210/1987, 12110/1989, 12274/1990, 13080/1992, 13788/1994 und VfGH 9.6.1997 B3324/96), mangelt dem Verpflichteten des Versteigerungsverfahrens bei Genehmigung des Zuschlags jede Beschwer. Der Verpflichtete befindet sich in derselben rechtlichen Situation, als wenn er über sein Eigentum als Vertragspartner einen Kaufvertrag abgeschlossen hätte. Er hat daher wohl einen Rechtsanspruch darauf, daß der Zuschlag an den Meistbieter bei Vorliegen der nach dem Grundverkehrsgesetz geforderten Voraussetzungen erteilt wird, wird er aber durch die Genehmigung des Zuschlages, gleich einem Verkäufer bei einem Veräußerungsgeschäft, in seinen privatrechtlichen Interessen nicht berührt. Da ein prozessuales Recht als Mittel der Rechtsverfolgung nicht weiter gehen kann, als das dahinter stehende materielle Recht, das im Prozeß (im Verwaltungsverfahren) durchgesetzt werden soll, ist auch das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin in den Administrativverfahren in gleicher Weise umfänglich begrenzt; die Beschwerdeführerin vermochte mithin zulässigerweise nur einen die Genehmigung des Zuschlages verweigernden Bescheid zu bekämpfen.
Daher bestehen auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Normen.
Da die belangte Behörde angesichts dieser Rechtslage die Berufung zu Recht zurückgewiesen hat, ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.
2. Im Hinblick darauf, daß die Behörde rechtsrichtig entschieden hat, ist es - angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften - auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde (vgl. z.B. VfSlg. 9326/1982, 10374/1985 und 11210/1987).
Daher war die Beschwerde abzuweisen.
III. Der gleichzeitig mit der Beschwerde - gemäß Art140 Abs1 B-VG - gestellte Antrag (zu G296/97 protokolliert) auf Aufhebung der §§17 Abs4 und 22 lita NÖ GVG 1989 als verfassungswidrig war zurückzuweisen. Da sich der bekämpfte Bescheid nämlich in materiell-rechtlicher Beziehung auf diese Gesetzesbestimmungen stützt, fehlt es jedenfalls an der für einen Individualantrag nach Art140 B-VG geforderten Voraussetzung, daß das angefochtene Gesetz für die antragstellende Person ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (z.B. VfSlg. 10074/1984, VfGH 9.6.1997 B458/97, G46/97).
IV. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG bzw. §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Versteigerung exekutiveEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1152.1997Dokumentnummer
JFT_10019392_97B01152_00