TE Vwgh Beschluss 2000/12/12 2000/11/0327

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Veröffentlicht am 12.12.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art144 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf sowie Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des K in G, vertreten durch Dr. Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Universitätsstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 5. Mai 2000, Zl. IVb- 79-18/1999, betreffend Einwendungen gegen eine Zahlungsaufforderung nach dem Vorarlberger Spitalgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. Mai 2000 wies die Vorarlberger Landesregierung Einwendungen des Beschwerdeführers gegen eine Zahlungsaufforderung des Landeskrankenhauses Feldkirch ab. Berücksichtigt wurden die Einwendungen nur im Hinblick auf die Vorschreibung von Verzugszinsen und auf die Nichtverrechnung von Mahnspesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-G vor dem Verfassungsgerichtshof. Er erachtete sich durch den angefochtenen Bescheid sowohl im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz als auch durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, des Vorarlberger Spitalgesetzes, in Rechten verletzt.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2000, B 1116/00-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Begründend wurde ausgeführt, im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach es dem einfachen Gesetzgeber aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes gestattet sein muss, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen, und nicht jede Unbilligkeit, die eine solche einheitliche Regelung in ihrem Vollzug mit sich bringt, als unsachlich gewertet werden könne, lasse das Vorbringen des Beschwerdeführers, welches überdies verkenne, dass Steuerleistungen keinen Anspruch auf eine wirtschaftliche Gegenleistung entstehen lassen, soweit darin die Verfassungswidrigkeit einschlägiger Bestimmungen des Vorarlberger Spitalgesetzes behauptet werde, die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Sache sei auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

In einem am 22. November 2000 zur Post gegebenen, als "Abtretungsantrag" bezeichneten Schriftsatz an den Verfassungsgerichtshof stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 und Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Danach heißt es in dem erwähnten Schriftsatz wörtlich:

"Da der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der zu erwartenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur weiteren Behandlung der Beschwerde zuständig sein wird, erstattet der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 4.10.2000 und die vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Verfahrensvorschriften an den Verwaltungsgerichtshof den nachstehenden

Ergänzenden Schriftsatz:"

Punkt B dieses ergänzenden Schriftsatzes lautet:

"B. Beschwerdepunkt

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in seinem Eigentumsrecht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt, wobei der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leidet."

Unter Punkt C ("Beschwerdegründe") verweist der Beschwerdeführer hinsichtlich der Begründung für die Gleichheitswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie hinsichtlich der Gründe für die behauptete Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen des Vorarlberger Spitalgesetzes auf die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Er beschränke sich daher darauf, auf die Argumente des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss vom 4. Oktober 2000 einzugehen. Der Schriftsatz enthält in weiterer Folge eine kritische Auseinandersetzung mit der Begründung des Verfassungsgerichtshofes im erwähnten Ablehnungsbeschluss.

Der Beschwerdeführer vertritt schließlich die Auffassung, die Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 2 B-VG sei nicht als meritorische Entscheidung dieses Gerichtshofes über den gestellten Rechtsschutzantrag anzusehen. Durch die Ablehnung des Verfassungsgerichtshofes werde der Verwaltungsgerichtshof auch zu Prüfungen "auf Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes kompetent" (zitiert wird Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8, Rz 1217).

Der Beschwerdeführer stellt abschließend den Antrag, "der Verwaltungsgerichtshof möge

1. in Ausübung seiner Befugnis nach Art. 135 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 B-VG den Antrag auf Aufhebung der in der ursprünglichen Beschwerdeschrift als verfassungswidrig bezeichneten gesetzlichen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof stellen und

2. den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufheben und das Land Vorarlberg als Rechtsträger der belangten Behörde zum Kostenersatz binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution verpflichten."

Mit Beschluss vom 24. November 2000, B 1116/00-7, trat der Verfassungsgerichtshof (der Referent) die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

2. Art. 144 Abs. 2 und 3 B-VG lauten:

"Art. 144.

...

(2) Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist. Die Ablehnung der Behandlung ist unzulässig, wenn es sich um einen Fall handelt, der nach Art. 133 von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist.

(3) Findet der Verfassungsgerichtshof, dass durch den angefochtenen Bescheid der Verwaltungsbehörde ein Recht im Sinne des Abs. 1 nicht verletzt wurde und handelt es sich nicht um einen Fall, der nach Art. 133 von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, so hat der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Dies gilt sinngemäß bei Beschlüssen nach Abs. 2."

§ 87 Abs. 3 VerfGG 1953 lautet:

"§ 87.

...

(3) Lehnt der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde ab oder weist er die Beschwerde ab, so hat, wenn bis dahin ein darauf abzielender Antrag des Beschwerdeführers gestellt worden ist, der Verfassungsgerichtshof, wenn dieser Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gestellt wird, der Referent, auszusprechen, dass die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wird. Ein solcher Ausspruch hat nicht zu erfolgen, wenn es sich um einen Fall handelt, der nach Art. 133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist."

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des VwGG lauten (auszugsweise):

"§ 28. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten

1.

die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,

2.

die Bezeichnung der Behörde, die den Bescheid (die Weisung) erlassen hat,

3.

den Sachverhalt,

4.

die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte),

              5.              die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

6.

ein bestimmtes Begehren,

7.

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

...

§ 32. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahr.

...

§ 34. (1) Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegen steht, sind ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

(2) Beschwerden, denen keiner der im Abs. 1 bezeichneten Umstände entgegen steht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, sind zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Dem Beschwerdeführer steht es frei, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde einzubringen.

..."

3. Der Beschwerdeführer hat in seinem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Abtretungsantrag die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde bereits vollständig ausgeführt. Insbesondere enthält der ergänzende Schriftsatz, der sich unzweifelhaft selbst als Ausführung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde versteht, Ausführungen zum Sachverhalt, die präzise Umschreibung eines Beschwerdepunkts sowie die Ausführung von Beschwerdegründen. Da auch ein bestimmtes Begehren vorliegt, sind die wesentlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 VwGG erfüllt. Es kann daher vorliegendenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass gemäß § 34 Abs. 2 VwGG die Vorschriften über Form und Inhalt einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde nicht eingehalten worden seien. Aus diesem Grund kommt auch ein Mängelbehebungsauftrag nicht in Frage. Ein solcher Auftrag dient nicht dazu, einem Beschwerdeführer, der bereits unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, auf die Verletzung welcher Rechte er die Überprüfung des angefochtenen Bescheides eingeschränkt wissen möchte, die Gelegenheit zu geben, außerhalb der Beschwerdefrist einen anderen, erfolgversprechenderen Beschwerdepunkt oder eine aussichtsreichere Beschwerde zu formulieren.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid ausschließlich in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in seinem "Eigentumsrecht" wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt. Dies ergibt sich auch aus der Ausführung seiner Beschwerdegründe, die ausschließlich verfassungsrechtliche Argumente enthalten sind, mit denen Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht bzw. die Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm dargelegt werden soll.

Zu einer Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in Rechten verletzt ist, ist der Verwaltungsgerichtshof, wie sich vorliegendenfalls auch aus Art. 144 Abs. 3 ?-VG (arg. "in einem sonstigen Recht verletzt") zeigt, nicht zuständig.

Die Beschwerde war aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren

in nicht öffentlicher Sitzung - vorliegendenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

Wien, am 12. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110327.X00

Im RIS seit

09.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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