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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §26 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf sowie Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Churerstraße 1-3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 3. April 2000, Zl. Ib-277- 177/99, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 9. September 1999 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Landeck der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ein Straferkenntnis (vom 9. September 1999) samt Anzeige "zur Einleitung eines Führerscheinentzugverfahrens wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG zur weiteren Veranlassung". Mit diesem Straferkenntnis war dem Beschwerdeführer angelastet worden, am 22. April 1998 um 21.20 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug auf der Arlbergstraße S 16 bei Kilometer 3 in Zams in Fahrtrichtung Imst gelenkt und die auf Grund von Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 53 km/h überschritten zu haben. Wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10 a StVO 1960 wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 verhängt. Aus der dem Schreiben weiters angeschlossenen Anzeige war ersichtlich, dass die Geschwindigkeit mittels Radarmessgerät gemessen worden war.
Mit Bescheid vom 30. November 1999 entzog die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, F und G gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 4 FSG für die Dauer von zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides. Sie sprach aus, dass der Führerschein gemäß § 29 Abs. 3 FSG unverzüglich abzugeben sei; gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangte Behörde vom 3. April 2000 wurde der vom Beschwerdeführer der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand. Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde. Gemäß § 26 Abs. 3 FSG in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998 hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber andern Straßenbenützern begangen wurde - die Entziehungsdauer zwei Wochen zu betragen.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass mit der gegenständlichen Übertretung, wegen der der Beschwerdeführer rechtskräftig bestraft wurde - aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass das eingangs genannte erstinstanzliche Straferkenntnis mit Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. November 1999 bestätigt wurde - , eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG durch den Beschwerdeführer verwirklicht wurde, die im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung und die erstmalige Begehung einer derartigen Übertretung die Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 3 FSG für zwei Wochen zur Folge habe. Dass bis zum Entziehungsbescheid der Erstbehörde ein Zeitraum von 19 Monaten verstrichen sei, hindere die Entziehung nicht, weil der Beschwerdeführer das Verfahren durch unbegründetes Vorbringen verzögert habe, sodass er die lange Verfahrensdauer selbst zu vertreten habe und die "Sonderbestimmungen des § 26 Abs. 3 FSG" allein schon wegen der Verfahrensfristen unanwendbar seien. Auf den Einwand der seit der Tatbegehung verstrichenen langen Zeit sei daher nicht einzugehen.
Insoweit der Beschwerdeführer dem zunächst entgegensetzt, die belangte Behörde habe eine Wertung seines Verhaltens im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG unterlassen, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2000, Zl. 99/11/0341, mit weiteren Hinweisen) die Wertung hinsichtlich jener bestimmten Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem bestimmtem Zeitraum normiert ist - wie auch im vorliegenden Fall - zu entfallen hat.
Im Übrigen ist die Beschwerde aber im Ergebnis begründet:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein Delikt im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG jedenfalls dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffenden Person, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0227, vom 27. Juni 2000, Zl. 99/11/0384 und vom 11. Juli 2000, Zl. 98/11/0303). Auf der Grundlage dieser Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
Das Entziehungsverfahren wurde im vorliegenden Fall erst nach der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 9. September 1999 eingeleitet, somit erst etwas mehr als 16 Monate nach der Tat vom 22. April 1998. Feststellungen, dass der Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt erneut einschlägig im Straßenverkehr in Erscheinung getreten sei, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht getroffen. Der Hinweis in der Gegenschrift, dass der Beschwerdeführer am 25. Dezember 1998 erneut auf der Arlbergschnellstraße S 16 in Bludenz-Bings die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 34 km/h überschritten habe und deshalb mit Straferkenntnis vom 13. Jänner 1999 rechtskräftig wegen der Übertretung nach § 52 lit. a Z. 10 a StVO 1960 bestraft worden sei, reicht hiezu nicht aus. Ausführungen in der Gegenschrift ersetzen nicht notwendige Feststellungen im angefochtenen Bescheid.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig, er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 41617994.
Wien, am 12. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000110151.X00Im RIS seit
13.03.2001