Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG, 12 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Franz S***** und Stefan S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 2. September 2008, GZ 11 Hv 8/08t-148, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Franz S*****, teils aus Anlass beider Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (demnach im Schuldspruch des Franz S***** wegen §§ 28a Abs 1 erster Fall SMG, 12 StGB [A/I], im freisprechenden Teil, im Einziehungserkenntnis und im Kostenausspruch hinsichtlich Franz S*****) unberührt bleibt, in Betreff des Angeklagten Franz S***** in den Schuldsprüchen A/II, A/III, C/I und in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch A/I umfassten Taten auch unter § 28a Abs 3 Z 4 SMG und in sämtlichen Schuldsprüchen des Angeklagten Stefan S***** sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.
Mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden werden Franz S***** im darüber hinausgehenden Umfang, Stefan S***** zur Gänze sowie mit ihren Berufungen beide Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten Franz S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Franz S***** des Verbrechens (zu ergänzen:) des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG, 12 „erster, zweiter und dritter Fall" StGB (A/I), (richtig:) des Vergehens (zu ergänzen:) der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §§ 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, 12 „erster, zweiter und dritter Fall" StGB (A/II), des Verbrechens (zu ergänzen:) des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 3 SMG (A/III) sowie der Vergehen nach §§ 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG aF, 12 „erster und zweiter" Fall StGB (C/I) und Stefan S***** des Verbrechens (zu ergänzen:) des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 erster Fall SMG, 12 „erster, zweiter und dritter" Fall StGB (B/I), (richtig:) des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §§ 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, 12 „erster, zweiter und dritter" Fall StGB (B/II) und der Vergehen nach §§ 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG aF, 12 „erster und zweiter Fall" StGB (C/II) schuldig erkannt.
Danach haben „vorschriftswidrig bzw den bestehenden Vorschriften zuwider"
A. Franz S*****
I. Suchtgift „in einer zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) ausmachenden Menge" erzeugt, teils andere zur Erzeugung bestimmt, teils dazu beigetragen, und zwar
1. und 2. in A***** im Dezember 2003 oder 2004 zwanzig Kilogramm und im Jänner/Februar 2004 oder 2005 zwei Kilogramm Marihuana aus Hanfpflanzen, indem er in beiden Fällen den abgesondert verfolgten Dietmar T***** mit dem Abtrennen der Blüten vom Stamm seiner Hanfpflanzen beauftragte;
3. und 4. in Graz, A***** und an anderen Orten von Ende 2005 bis 7. März 2007 Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von insgesamt 20,9 Gramm Delta-9-THC sowie 4.045 Gramm und eine weitere nicht näher feststellbare Menge Marihuana in durchschnittlicher Straßenqualität, indem er als Inhaber des Hanfshops P***** zahlreichen, im Urteilsspruch namentlich genannten Kunden des Unternehmens, welche obgenanntes Marihuana durch die Aufzucht und Ernte von Hanfpflanzen erzeugten, die hiefür erforderlichen Hanfpflanzen teils verkaufte, teils über die abgesondert verfolgten Verkäufer des Shops verkaufen ließ, teils die Pflanzen selbst aufzog und teils Beleuchtungskörper und diverse Sachbücher über Suchtgifterzeugung sowie Folder mit der Beschreibung der Suchtgifgewinnung im Geschäft bereit stellte;
II. in Graz, A***** und an anderen Orten von Ende 2005 bis 7. März 2007 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Marihuana angebaut, teils andere dazu bestimmt, teils dazu beigetragen, indem er
1. Hanfpflanzen zur Gewinnung von Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 25,1 Gramm Delta-9-THC für den Hanfshop P***** bis ins Blütestadium kurz vor Erntereife durch das Vorziehen von Hanfstecklingen aufzog, und Stefan S***** und die abgesondert verfolgten Angestellten des Hanfshops mit den Aufzuchtsarbeiten betraute;
2. und 3. als Geschäftsinhaber des Hanfshops P***** den abgesondert verfolgten, im Urteil namentlich genannten Kunden des Unternehmens, welche in der Folge Hanfpflanzen zum Zweck der Gewinnung von Marihuana mit einer Reinsubstanz von insgesamt 46,5 Gramm Delta-9-THC sowie von 653,3 Gramm und einer weiteren nicht näher feststellbaren Menge Marihuana in durchschnittlicher Straßenqualität aufzogen, die hiefür erforderlichen Hanfpflanzen teils verkaufte, teils über die abgesondert verfolgten Verkäufer des Shops verkaufen ließ, teils die Pflanzen selbst aufzog und teils Beleuchtungskörper und diverse Sachbücher über Suchtgifterzeugung sowie Folder mit der Beschreibung der Suchtgiftgewinnung im Geschäft bereit stellte;
III. in Graz und an anderen Orten „Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge (großen Menge) anderen überlassen", indem er
1. 22 Kilogramm Marihuana an die abgesondert verfolgten Michael L*****, Emanuel M***** und andere unbekannt gebliebene Personen gewinnbringend - teils auf Provisionsbasis - verkaufte,
2. von Dezember 2004 bis Jänner/Februar 2005 in A***** den abgesondert verfolgten Dietmar T***** und Michael L***** Marihuana teils als Probe, teils als Belohnung für Erntetätigkeit zur Verfügung stellte;
B. Stefan S*****
I. in Graz und A***** von Ende 2005 bis 7. März 2007 Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, teils andere zur Erzeugung bestimmt, teils dazu beigetragen, nämlich
1. und 2. Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von insgesamt 20,9 Gramm Delta-9-THC sowie 4.045 Gramm und eine weitere nicht näher feststellbare Menge Marihuana in durchschnittlicher Straßenqualität, indem er als Inhaber des Hanfshops P***** zahlreichen, im Urteilsspruch namentlich genannten Kunden des Unternehmens, welche obgenanntes Marihuana durch die Aufzucht und Ernte von Hanfpflanzen erzeugten, die hiefür erforderlichen Hanfpflanzen teils verkaufte, teils über die abgesondert verfolgten Verkäufer des Shops verkaufen ließ, teils die Pflanzen selbst aufzog und teils Beleuchtungskörper und diverse Sachbücher über Suchtgifterzeugung sowie Folder mit der Beschreibung der Suchtgiftgewinnung im Geschäft bereit stellte;
II. in Graz, A***** und an anderen Orten von Ende 2005 bis 7. März 2007 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge angebaut, teils andere dazu bestimmt, teils dazu beigetragen, indem er
1. Hanfpflanzen zur Gewinnung von Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 25,1 Gramm Delta-9-THC für den Verkauf im Hanfshop P***** bis ins Blütestadium kurz vor Erntereife teils selbst aufzog, teils die abgesondert verfolgten Angestellten des Hanfshops mit den Aufzuchtsarbeiten betraute,
2. und 3. als Geschäftsinhaber des Hanfshops P***** den abgesondert verfolgten, im Urteil namentlich genannten Kunden des Unternehmens, welche in der Folge Hanfpflanzen zum Zweck der Gewinnung von Marihuana mit einer Reinsubstanz von insgesamt 46,5 Gramm Delta-9-THC sowie von 653,3 Gramm und einer weiteren nicht näher feststellbaren Menge Marihuana in durchschnittlicher Straßenqualität aufzogen, die hiefür erforderlichen Hanfpflanzen teils verkaufte, teils über die abgesondert verfolgten Verkäufer des Shops verkaufen ließ, teils die Pflanzen selbst aufzog und teils Beleuchtungskörper und diverse Sachbücher über Suchtgifterzeugung sowie Folder mit der Beschreibung der Suchtgiftgewinnung im Geschäft bereit stellte;
C. Franz S***** und Stefan S***** in Graz und an anderen Orten Suchtgifte erworben, besessen und anderen in der Absicht überlassen, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
I. Franz S*****, indem er von 2004 bis 10. Februar 2005 und von 8. Juni 2005 bis 7. März 2007 psilocybinhältige Pilze gewinnbringend an die abgesondert verfolgte Olimpia Ma***** und andere unbekannt gebliebene Personen durch die abgesondert verfolgten Verkäufer des Hanfshops verkaufen ließ;
II. Stefan S*****, indem er
1. von September 2003 bis 7. März 2007 Marihuana von unbekannt gebliebenen Personen kaufte und vom abgesondert verfolgten Rene B***** zur Verfügung gestellt erhielt;
2. von 2004 bis 10. Februar 2005 und von 8. Juni 2005 bis 7. März 2007 psilocybinhältige Pilze gewinnbringend an die abgesondert verfolgte Olimpia Ma***** und andere unbekannt gebliebene Personen durch die abgesondert verfolgten Verkäufer des Hanfshops verkaufen ließ;
3. und 4. Marihuana im Zuge des Konsums in Gewahrsam hatte und in seiner Wohnung aufbewahrte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich aus den Gründen der Z 9 lit a und Z 10, von Franz S***** auch aus Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, von denen jener des Franz S***** teilweise (in Betreff der Subsumtionsrüge [Z 10] zum Schuldspruch A/I) Berechtigung zukommt.
Aus deren Anlass hat sich der Oberste Gerichtshof zudem davon überzeugt, dass dem Urteil auch in Bezug auf die verbleibenden Schuldsprüche in mehrfacher Hinsicht der von den Nichtigkeitswerbern insoweit nicht geltend gemachte, ihnen jedoch zum Nachteil gereichende, nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet:
Ausgehend von einem (bei Cannabiskraut gerichtsnotorischen) THC-Gehalt von 0,25 % bis 8 % (RIS-Justiz RS0087895) vermögen die zum Schuldspruch A/I getroffenen Feststellungen, wonach das von Franz S***** (teils als unmittelbarer Täter, teils als Beitrags-, teils als Bestimmungstäter) erzeugte Marihuana (in einer Gesamtbruttomenge von 26,045 Kilogramm) zu einem nicht näher quantifizierten Teil einen Reinheitsgehalt von 20,9 Gramm Delta-9-THC aufwies und ansonsten von „durchschnittlicher Straßenqualität" war, im Zusammenhalt mit den Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung auch mit Blick auf das zusammenfassende Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis, nach denen eine „zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b) ausmachende Menge" erzeugt wurde (US 2 und 39; vgl dagegen § 28a Abs 4 Z 3 SMG: eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge), die Annahme der Qualifikation des § 28a Abs 4 Z 3 SMG schon in objektiver Hinsicht nicht zu tragen, worauf der Rechtsmittelwerber Franz S***** aus Z 10 im Ergebnis zutreffend hinweist.
Dazu kommt, dass Feststellungen dazu fehlen, ob der Vorsatz dieses Angeklagten auf die Erzeugung einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftquantität gerichtet war. Die mehrfache Erwähnung einer auf die Gewinnung „großer" und „möglichst großer" Mengen Suchtgift (US 23, 25) gerichteten Täterintention reicht hiefür nicht aus.
Mit Ausnahme des Schuldspruchs A/I/1 (dem die in einer einzigen Tathandlung erfolgte Bestimmung des Dietmar T***** zur Erzeugung von 20 Kilogramm Marihuana in durchschnittlicher Straßenqualität, sohin einer - selbst bei Annahme der geringsten Wirkstoffkonzentration von 0,25 % THC - die Grenzmenge des § 28b SMG [20 Gramm THC] übersteigenden Suchtgiftquantität, zugrunde liegt [US 23 f]) lässt sich den Entscheidungsgründen zu den Schuldsprüchen wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels (Franz S*****: A/I/2-4, A/III; Stefan S*****: B/I) und der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel (Franz S*****: A/II; Stefan S*****: B/II) weiters nicht deutlich genug entnehmen, ob ein die jeweilige Grenzmenge (§ 28b SMG) erreichendes Suchtgiftquantum durch einen Einzelakt oder mehrere Teilakte in Verkehr gesetzt (A/III), erzeugt (B/I) oder durch Anbau der Cannabispflanzen gewonnen werden sollte (A/II und B/II) und ob der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) der Angeklagten von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste.
Mehrere, für sich allein die Grenzmenge nicht erreichende Suchtgiftquanten waren schon nach alter Rechtslage nur insoweit zu jeweils großen Mengen zusammenzurechnen, als der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste. Auf diese Weise konnte das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG aF wie auch jenes nach dem ersten Fall dieser Bestimmung auch als tatbestandliche Handlungseinheit im Sinn einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden (RIS-Justiz RS0112225). Wurde ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, konnten derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach § 27 Abs 1 dritter, sechster oder siebter Fall SMG aF begründen.
Nichts anderes gilt für die Verbrechen der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 SMG und des Suchtgifthandels nach § 28a SMG idgF in Bezug auf das Erreichen einer die Grenzmenge des § 28b SMG idgF übersteigenden Menge (vgl dazu den Einführungserlass des BMJ zur SMG-Novelle 2007, AZ BMJ-L703.040/0001-II 2/2008, Punkt B/2/e vorletzter Absatz; Schroll, RZ 2008, 92; RIS-Justiz RS0124018).
Bleibt zum - Franz S***** betreffenden - Schuldspruch A/III noch festzuhalten, dass die Annahme der erst mit der - am 1. Jänner 2008 in Kraft getretenen - SMG-Novelle 2007 (BGBl I Nr 110/2007) eingeführten Qualifikation der Überschreitung des Fünfzehnfachen der Grenzmenge nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG und damit die darauf basierende, gegenüber dem Grunddelikt des vor Inkrafttreten des § 28a Abs 1 SMG in Geltung gewesenen § 28 Abs 2 SMG aF höhere Strafdrohung auf ein Tatverhalten, welches - wie hier - vor Inkrafttreten dieser neuen Bestimmung lag, dem verfassungsgesetzlich vorgegebenen (Art 7 Abs 1 MRK) Rückwirkungsverbot des § 1 Abs 1 StGB widerspricht (12 Os 83/08k [12 Os 107/08i]; 14 Os 155/08p).
Schließlich hat das Erstgericht die den Schuldsprüchen C/I (Franz S*****) und C/II/2 (Stefan S*****) zugrunde liegenden Tathandlungen des gewerbsmäßigen „gewinnbringenden" Verkaufs von psilocybinhältigen Pilzen rechtsirrig auch unter §§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 Z 2 SMG aF subsumiert:
Um die rechtliche Qualifikation von Pilzen mit den Wirkstoffen Psilocin, Psilotin und Psilocybin abschließend klarzustellen, und um deren zunehmendem Bedeutungsgewinn Rechnung zu tragen, wurden nämlich mit der SMG-Novelle 2007 in einer eigenen Z 3 des § 27 SMG das Anbieten, Überlassen oder Verschaffen von Pilzen mit diesen Wirkstoffen sowie deren Anbau zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs mit einer Strafdrohung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe in die gerichtlichen Straftatbestände aufgenommen, womit (unter anderem) geregelt werden sollte, dass tatsächlich nur diese Tathandlungen vom strafrechtlichen Suchtmittelregime umfasst sind. Die Bestimmung wurde zudem bewusst von Abs 3 des § 27 SMG nicht umfasst (vgl dazu den Einführungserlass des BMJ zur SMG-Novelle 2007, AZ BMJ-L703.040/0001-II 2/2008, Punkte B/1/d und f).
Demzufolge scheidet eine Verurteilung wegen - nur im Tatzeitraum strafbaren - Erwerbs und Besitzes von psilocybinhältigen Pilzen sowie Gewerbsmäßigkeit in Bezug auf das Überlassen derartiger Pflanzen an andere aus (§ 1 StGB).
Die aufgezeigten Rechtsfehler zwingen zur Aufhebung des Urteils in Bezug auf den Angeklagten Stefan S***** - mit Ausnahme des freisprechenden Teils und des Einziehungserkenntnisses - zur Gänze und in Betreff des Angeklagten Franz S***** in den Schuldsprüchen A/II, A/III und C/I sowie in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch A/I umfassten Taten auch unter § 28a Abs 4 Z 3 SMG und demzufolge auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch bereits bei der nichtöffentlicher Beratung und insoweit zur Verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO).
Da nach Aufhebung eines Schuldspruchs nach § 28a SMG oder nach § 28 SMG wegen fehlender Feststellungen zur Beurteilung der Suchtgiftmenge als groß (§ 28b SMG) auch jene Annahmen, die einen - insoweit nicht erfolgten - Schuldspruch nach § 27 Abs 1 SMG allenfalls zu tragen vermögen, nicht bestehen bleiben, war die Kassation jeweils der gesamten Schuldsprüche A/II, A/III, B/I und B/II erforderlich (RIS-Justiz RS0115884; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 18).
Gleiches gilt für den verbleibenden Schuldspruch des Franz S***** wegen § 27 Abs 1 sechster Fall SMG aF (C/I), weil im Falle der Erweislichkeit eines die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfassenden Täterwillens, sohin einer neuerlichen Verurteilung wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, ein zusätzlicher Schuldspruch wegen des Überlassens von - nicht mehr relevanten - Restmengen nicht in Frage kommt (vgl 12 Os 48/08p; 12 Os 73/08i), sowie - um eine allfällige gesetzliche Diversion zu eröffnen (§§ 35, 37 SMG) - auch für den Stefan S***** betreffenden verbleibenden Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG aF (C/II; RIS-Justiz RS0119278; § 289 StPO).
Ein Eingehen auf das weitere, ausschließlich auf die schon von Amts wegen kassierten Schuldsprüche bezogene Beschwerdevorbringen des Franz S***** sowie auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Stefan S***** erübrigt sich daher.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Unterstellung der von den Schuldsprüchen A/I/3-4 und B/I umfassten Tathandlungen unter §§ 28a Abs 1 erster Fall SMG, 12 StGB (statt - wie von den Beschwerdeführern im Rahmen ihrer gleichlautenden Subsumtionsrügen gefordert - unter § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG, 12 StGB) - abgesehen von den dargestellten Feststellungsdefiziten - keinen Bedenken begegnet, weil der Vorsatz der Angeklagten nach den Urteilsannahmen darauf gerichtet war, durch ihr Verhalten nicht bloß zum Anbau von Cannabispflanzen zwecks Gewinnung von Suchtgift, sondern zur - nach den weiteren Konstatierungen vollendeten - Erzeugung von Suchtgift durch die im Urteil namentlich genannten Kunden des Hanfshops beizutragen (US 20 ff). Dass das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG mit einer im Hinblick auf die „Gewinnung" von Suchtgift ausführungsnahen, im Falle von Cannabispflanzen also einer nach den Vorstellungen des Täters der Trennung der Cannabisblüten und des Cannabisharzes von Blättern und Stängeln, maW dem Abschneiden der Pflanzen unmittelbar vorangehenden Handlung, versucht (und mit dem - hier aktuellen - gelungenen Abernten der Pflanzen vollendet) ist, wurde durch die - von den Beschwerdeführern ersichtlich missverstandene - Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 26. August 2008, AZ 14 Os 94/08t, bereits klargestellt.
Soweit mit den Rechtsrügen (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 9 lit b) jeweils ein Rechtsirrtum in Bezug auf die den Schuldsprüchen des Franz S***** zu A/I/3-4, A/II und C/I und des Stefan S***** zu B/I, B/II und C/II/2 zugrunde liegenden Taten und dessen mangelnde Vorwerfbarkeit behauptet wird, erschöpfen sich die Beschwerden in Verweisen auf Verfahrensergebnisse (ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Dr. Gerald R***** und den rechtskräftigen Freispruch des Stefan S***** vom Vorwurf der Begehung gleichgelagerter Taten in einem früheren gegen ihn geführten Strafverfahren), aus denen hervorgeht, dass die Veräußerung von Hanfpflanzen im Rahmen eines Handelsgewerbes bloß unter der Voraussetzung des Fehlens der subjektiven Tatseite straflos sein kann (US 13 f, 16), und weiters auf die - vom Erstgericht ohnehin ausführlich erörterte - Fortführung des Geschäftsbetriebs durch den Masseverwalter (US 42 f). Indem sie dabei die Urteilskonstatierungen übergehen, wonach die Angeklagten es - anders als der Masseverwalter - ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, vorschriftswidrig Suchtgift in Verkehr zu setzen und zu erzeugen sowie Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung von Suchtgift anzubauen und weiters andere zu solchen Tathandlungen zu bestimmen und dazu beizutragen (US 2 ff, 15, 19, 21 f, 23), mit denen das Erstgericht die vermissten Feststellungen zu treffen ausdrücklich abgelehnt hat (vgl auch US 28 ff), verfehlen sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Franz S*****, die das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde, aber nicht auch das amtswegige Vorgehen betrifft, beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Da in Ansehung des Stefan S***** der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen diesem Angeklagten auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Textnummer
E91480European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00057.09B.0721.000Im RIS seit
20.08.2009Zuletzt aktualisiert am
11.08.2011