TE OGH 2009/7/22 3Ob84/09p

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Veröffentlicht am 22.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Werner Thurner, Rechtsanwalt, Graz, Sporgasse 2, als Masseverwalter im Konkurs über die Verlassenschaft nach Friedrich V*****, auch vertreten durch Dr. Peter Schaden, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Gudrun R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger, Rechtsanwalt in Graz, und der Nebenintervenientin auf der Seite der beklagten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen 93.000 EUR, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 27. Februar 2009, GZ 2 R 26/09z-47, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Dezember 2008, GZ 28 Cg 56/07i-40, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Friedrich V***** starb am 3. Mai 2003. Seine Verlassenschaft wurde mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 seinen drei Söhnen jeweils aufgrund bedingter Erbserklärungen zu je einem Drittel eingeantwortet. Die Einantwortungsurkunde (wie auch der Mantelbeschluss) wurde den Erben jeweils am 11. Jänner 2006 zugestellt und mangels Erhebung von Rechtsmitteln rechtskräftig. Eine Nachlassabsonderung erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2006 eröffnete das nunmehrige Erstgericht als Konkursgericht den Konkurs über die Verlassenschaft nach dem Erblasser und bestellte den Kläger zum Masseverwalter.

Der Kläger erhob, gestützt auf sämtliche Anfechtungsgründe der KO, das Begehren auf Unwirksamerklärung einer Vereinbarung der Beklagten mit zwei Söhnen des Erblassers über einen Anspruch gegen die Verlassenschaft gegenüber den Konkursgläubigern und die Zahlung von 93.000 EUR an die Konkursmasse. Weiters stellte er Eventualbegehren.

Die Beklagte machte erst nach Beginn der mündlichen Streitverhandlung geltend, die Eröffnung des Konkurses sei mangels einer konkursfähigen Vermögensmasse nichtig. Der Nachlass sei mit am 8. Februar 2006 in Rechtskraft erwachsenem Beschluss eingeantwortet worden. Es fehle daher dem Kläger an Partei- und Prozessfähigkeit.

Der Kläger replizierte, der Beschluss über die Eröffnung des Konkurses sei unangefochten rechtskräftig geworden. Dadurch sei ein partei- und konkursfähiges Sondervermögen geschaffen worden, der Prozessrichter sei an die Rechtskraft der Konkurseröffnung gebunden.

Das Erstgericht wies mit Beschluss die Klage zurück und erklärte das von ihm durchgeführte Verfahren für nichtig. Die Verfahrenskosten hob es gegeneinander auf.

Zwar sei der Nachlass als rechts- und parteifähiges Objekt grundsätzlich konkursfähig. Mit der rechtskräftigen Einantwortung habe aber der Nachlass nach Friedrich V***** nicht mehr existiert. Die Konkurseröffnung sei unzulässig gewesen und mangels eines Rechtssubjekts auch wirkungslos. Mangels einer Nachlass-Separation nach § 812 ABGB im Verlassenschaftsverfahren könne sich der Kläger auch nicht auf eine solche berufen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs in der Hauptsache nicht zulässig und ein Revisionsrekurs im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig sei.

Es fügte den schon vom Erstgericht gebrauchten Argumenten noch hinzu, dass die Konkurseröffnung nicht bewirke, dass die Konkursmasse selbständiger Rechtsträger werde, und auch keine neue Parteifähigkeit schaffen könne. Ein von den Erben abtrennbares Sondervermögen bestehe nicht. In § 373 Abs 2 ZPO gehe es nur darum, wer in einem Rechtsstreit mit einer Konkursmasse als Prozesspartei zu vernehmen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist nicht zulässig.

Voranzustellen ist den weiteren Erwägungen, dass der Nachlass während des Streits über seine Parteifähigkeit als parteifähig zu behandeln ist (RIS-Justiz RS0035423 [T5]; Schubert in Fasching² Vor § 1 ZPO Rz 74; Fucik in Rechberger³ Vor § 1 ZPO Rz 6, je mwN), und daher auch dessen Rechtsmittel in der Sache zu behandeln sind.

Auch in dritter Instanz hält der klagende Masseverwalter an seiner Rechtsansicht fest, zufolge rechtskräftiger Konkurseröffnung sei die von ihm vertretene Konkursmasse parteifähig. Nach § 1 KO ist Konkursmasse das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners (5 Ob 528/79; 8 Ob 593/86 = SZ 59/228 ua; RIS-Justiz RS0101137). Ungeachtet der Konkurseröffnung bleibt die Masse ein Vermögen des Gemeinschuldners (5 Ob 189/71 = SZ 44/126 mwN; 3 Ob 238/02z; Buchegger in Bartsch/Pollak, KO4 § 1 Rz 41). Gibt es aber einen solchen nicht, kann es logischerweise auch keine Konkursmasse geben. Der bestellte Masseverwalter ist zwar Vertreter des Gemeinschuldners (5 Ob 270/66 = SZ 39/157; RIS-Justiz RS0106041), kann aber naturgemäß nur einen existierenden vertreten. Es gibt keine Rechtsgrundlage (auch im Revisionsrekurs wird keine darzustellen versucht) für die Schaffung eines Rechtssubjekts durch Konkurseröffnung.

Die Verlassenschaft als juristische Person hört mit Rechtskraft der Einantwortung (nach den hier insoweit noch nicht anwendbaren §§ 178 ff AußStrG 2003: des Einantwortungsbeschlusses) zu existieren auf (RIS-Justiz RS0008131; RS0012206; Apathy in KBB² § 547 ABGB Rz 1; Sailer aaO § 819 ABGB Rz 5). Dass die Verlassenschaft den Erben rechtskräftig eingeantwortet wurde, bestreitet der Kläger nicht. Folglich wäre nach diesem Zeitpunkt nur eine hier unbestrittenermaßen nicht existierende Separationsmasse partei- und konkursfähig (Sailer aaO § 812 ABGB Rz 6 mwN). Demnach ist die Lösung des Rekursgerichts ohne Weiteres aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzuleiten.

Soweit der Masseverwalter die - sogar die Rechtskraft überdauernde - Nichtigkeit der Einantwortung geltend macht, kann er dafür keine relevanten verfahrensrechtlichen Argumente aufbieten. Dass die angebliche Überschuldung der Verlassenschaft weder Gläubigern noch Erben bekannt gewesen sei, kann er weder einem Nichtigkeitsgrund nach dem AußStrG 1854 noch einem der besonders schweren Verfahrensverstöße nach §§ 56, 57 Z 1 oder 58 AußStrG 2003 (vgl § 66 Abs 1 Z 1 leg cit) unterstellen. Es kann daher auch offen bleiben, ob angesichts der Übergangsbestimmungen des § 203 Abs 6 bis 8 AußStrG 2003 einerseits und des § 205 leg cit andererseits (Tod des Erblassers im Jahr 2003) dafür das alte oder das neue Gesetze maßgebend wäre.

Auch sonst vermag der Revisionsrekurswerber erhebliche Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO bezeichneten Qualität nicht aufzuzeigen. Sein außerordentlicher Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E91582

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00084.09P.0722.000

Im RIS seit

21.08.2009

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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