TE OGH 2009/7/23 46R381/09h

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Veröffentlicht am 23.07.2009
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Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Streller als Vorsitzenden sowie Dr. Schaumberger und Dr. Zeller als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F***** Betriebsgesellschaft mbH, ***** N***** *****, vertreten durch Dr. Alexander Milavec, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Johannes *****, Angestellter, ***** Wien, wegen EUR 20.705,77 sA, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 29.6.2009, 31 E 2254/09k-8, den Beschluss :

Spruch

gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu

tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Auf Antrag der betreibenden Partei bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 3.6.2009 die Forderungsexekution wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung einer Kapitalforderung von EUR 20.705,77 und Kosten von EUR 729,42 aus dem Wechselzahlungsauftrag des Handelsgerichts Wien vom 26.4.1988, 23 Cg 239/88, sowie zur Hereinbringung weiterer Kosten aus verschiedenen Exekutionsverfahren, nämlich von EUR 493,30 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 14.11.1988, 40 E 9708/88, von EUR 66,43 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 15.2.1989, 40 E 8990/88, von EUR 9,89 aus dem Beschluss des Exekutionsgerichtes Wien vom 13.9.1990, 3 E 134/90, von EUR 559,65 aus dem Beschluss des Exekutionsgerichtes Wien vom 21.1.1991, 3 E 134/90, von EUR 103,49 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 27.9.1994, 13 E 9464/94x, von EUR 13,38 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 20.1.1995, 13 E 9464/94x, von EUR 728,29 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 14.6.1996, 18 E 6404/96m, von EUR 10,90 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 2.7.1996, 18 E 6404/96m, von EUR 13,74 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 28.8.2001, 13 E 9464/94x, von EUR 122,23 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 15.10.2007, 13 E 9464/94x, und von EUR 267,79 aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 19.3.2008, 13 E 9464/94x. Dem Exekutionsantrag war eine Kopie des Wechselzahlungsauftrags angeschlossen.

Gegen die im vereinfachten Bewilligungsverfahren ergangene Exekutionsbewilligung erhob der Verpflichtete fristgerecht Einspruch gemäß § 54c Abs 1 EO. Mit Beschluss vom 16.6.2009 forderte das Erstgericht die betreibende Partei im Sinne des § 54d Abs 1 EO auf, binnen 5 Tagen sämtliche der Exekution zugrunde liegenden Titel im Original vorzulegen.

Mit Antrag vom 19.6.2009 übermittelte die betreibende Partei die Exekutionstitel als PDF-Anhang im Wege des Web-ERV und verzeichnete Kosten nach TP 1 RATG von EUR 93,60.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht die mit Beschluss vom 3.6.2009 bewilligte Exekution ein, hob alle vollzogenen Exekutionsakte auf, aberkannte der betreibenden Partei die gesamten Kosten des Exekutionsverfahrens gemäß § 75 EO und wies das Kostenbegehren ab. Die betreibende Partei sei im Vorlageauftrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Exekutionstitel im Original vorzulegen seien. Diesem Auftrag sei sie nicht ordnungsgemäß nachgekommen, weil sie die Titel lediglich in Kopie (als PDF-Anhang) übermittelt habe.

Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zuspruch der Kosten, in eventu auf Abänderung des Beschlusses, sodass dem Kostenbegehren Folge gegeben werde. Es sei richtig, dass die betreibende Partei aufgefordert worden ist, die Titel im Original vorzulegen, die betreibende Partei sei diesem Auftrag auch nachgekommen: Die Original-Titel seien in der Kanzlei des Betreibendenvertreters eingescannt und als PDF-Datei dem Erstgericht übermittelt worden. Seit Einrichtung des Web-ERV sei die Rechtsaufassung des Erstgerichtes, dass einem Vorlageauftrag nur durch Übersendung der Originalurkunden nachgekommen werden könne, unrichtig. Nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) könnten alle Eingaben samt Beilagen an die Gerichte elektronisch (auch als PDF-Anhang) eingebracht werden. Ausnahmen mache das Gesetz nur bei Firmenbuch- und Grundbuchsgesuchen. Hier sei die die Grundlage der Eintragung bildende Urkunde nicht als PDF-Anhang einzubringen, sondern in ein Urkundenarchiv einzustellen und dem Gericht elektronisch zu übermitteln. Daraus folge, dass die Vorlage von Urkunden im Exekutionsverfahren als PDF-Anhangsdatei die rechtsrichtige Form der Einbringung sei. Auch § 54d EO stehe dem nicht entgegen. Der Zweck dieser Bestimmung liege darin, dafür Gewähr zu leisten, dass die im Exekutionsantrag behaupteten Titel tatsächlich vorhanden seien. Mit der Übermittlung als PDF-Datei könne dies ausreichend nachgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) können alle Eingaben und Beilagen von Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Maßgabe der §§ 5, 8a, 9 und 10 elektronisch eingebracht werden. Zweck dieser Bestimmung ist es, den Schriftverkehr zwischen Parteien und Gerichten/Staatsanwaltschaften zu vereinfachen, kostengünstiger zu gestalten und zu beschleunigen. Sie darf jedoch nicht so verstanden werden, dass dadurch jeder gesetzlichen Formvorschrift derogiert wäre oder auf gesetzlicher Grundlage erfolgende anders lautende Anordnungen eines Gerichtes unzulässig wären. Auch die ERV 2006 bestimmt in § 10 Abs 1, dass Eingaben und Beilagen im Grundbuchverfahren zwar elektronisch eingebracht werden können, Grundbuchsachen, die zu anderen Akten gehören (§ 448 Abs 4 Geo.), davon jedoch ausgenommen sind.

Im vereinfachten Bewilligungsverfahren ist nach rechtzeitigem Einspruch des Verpflichteten dem betreibenden Gläubiger gemäß § 54d Abs 1 EO aufzutragen, eine Ausfertigung des im Exekutionsantrag genannten Exekutionstitels samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit binnen fünf Tagen vorzulegen. Dabei wird die Vorgangsweise des Gerichtes nicht in dem Sinne vorweg festgelegt, dass es dabei eine bestimmte Verfahrensweise einzuhalten hätte (Feil, EO, Rz 1 zu § 54d). Auch durch die Bestimmungen der genannten Verordnung wurden die Befugnisse des Gerichtes hier nicht eingeschränkt. Das Erstgericht hat von der ihm zustehenden Möglichkeit, ausdrücklich die Vorlage sämtlicher Exekutionstitel im Original zu verlangen, Gebrauch gemacht. Diesem Auftrag ist die betreibende Partei nicht nachgekommen, weil sie an das Gericht nach Einscannen der Exekutionstitel in der Kanzlei des Betreibendenvertreters lediglich eine PDF-Anhangsdatei übermittelt hat. Dies entspricht – wie jede andere Form der elektronischen Übermittlung – nicht der ausdrücklich angeordneten Vorlage von Exekutionstiteln im Original. Die betreibende Partei war nach dem klaren Auftrag des Erstgerichts daher verhalten, die Originale der nach § 144 Abs 1 Geo. hergestellten und ihr übermittelten Ausfertigungen der Exekutionstitel beizubringen. Dies war für die betreibende Partei schon daraus ersichtlich, dass sich das Erstgericht mit der dem Exekutionsantrag beiliegenden Kopie des Wechselzahlungsauftrags nicht begnügt hat, sondern ausdrücklich die Vorlage sämtlicher Titel im Original aufgetragen hat. Die Übermittlung im elektronischen Wege entspricht dem ebenso wenig wie die Herstellung und Versendung von Kopien.

Die Einstellung der Exekution gemäß § 54e Abs 1 Z 1 EO unter Aufhebung der schon vollzogenen Exekutionsakte und Aberkennung der Exekutionskosten des betreibenden Partei (§ 75 EO) erfolgte zu Recht.

Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO iVm 78

EO.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus den §§ 78 EO

iVm 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Landesgericht für ZRS Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EWZ0014046R381.09h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2009:04600R00381.09H.0723.000

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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