Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras und die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Maggala als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Roland Heitzinger, Rechtsanwalt in Wels, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Simon K*****, vertreten durch Dr. Martin Stossier Rechtsanwalt KG in Wels, gegen die beklagte Partei IEF-Service GmbH, Geschäftsstelle Linz, 4021 Linz, Gruberstraße 63, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 26.613 EUR sA an Insolvenz-Ausfallgeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. April 2009, GZ 11 Rs 43/09m-15, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Jänner 2009, GZ 9 Cgs 236/08d-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1) Über das Vermögen der in erster Instanz klagenden Partei wurde am 7. 4. 2009 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die Entscheidung der zweiten Instanz erging erst am 16. 4. 2009 und damit nach Eröffnung des Konkursverfahrens. In seiner Revision hat jedoch der Masseverwalter erklärt, das Verfahren gemäß § 7 Abs 2 KO aufzunehmen und das Berufungsverfahren zu genehmigen. Die Nichtigkeit der Berufungsentscheidung im Sinne des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO ist daher gemäß § 477 Abs 2 ZPO saniert. Die Bezeichnung der klagenden Partei war wie im Spruch ersichtlich richtigzustellen.
2) § 1 Abs 6 Z 2 IESG schließt „Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluß auf die Gesellschaft zusteht, auch wenn dieser Einfluß ausschließlich oder teilweise auf der treuhändigen Verfügung von Gesellschaftsanteilen Dritter beruht oder durch treuhändige Weitergabe von Gesellschaftsanteilen ausgeübt wird", vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt aus. Der Oberste Gerichtshof hat - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - zu dieser Bestimmung (bzw schon zur früheren, weitgehend wortidenten Ausschlussbestimmung des § 1 Abs 6 Z 4 IESG) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass dieser Ausschlusstatbestand auch jene Gesellschafter erfasst, die die Gesellschaftsanteile bloß treuhändig halten (8 ObS 21/03a; 8 ObS 15/08a; zuletzt 8 ObS 4/09k; Liebeg, Insolvenzentgeltsicherungsgesetz3 § 1 Rz 577), hat doch der Treuhänder nach außen die volle Verfügungsbefugnis und begründet ein Treuhandvertrag typischerweise nicht die persönliche Abhängigkeit eines Dienstnehmers im Sinne des § 1151 ABGB (hiezu allgemein RIS-Justiz RS0021332 mwN). Den in der Revision zitierten Entscheidungen ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung wird der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht nur dann erfüllt, wenn der Gesellschafter kraft seiner Beteiligungsverhältnisse die Beschlussfassung im Wesentlichen bestimmen kann, sondern auch dann, wenn er - wie hier - (wenn auch als Treuhänder) über einen solchen Anteil verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine Beschlussfassung auch in der Generalversammlung zu verhindern (RIS-Justiz RS0077381).
3) Ein Widerspruch der österreichischen Regelungen mit der Richtlinie, der hier dazu führen müsste, dass die Ausschlussbestimmung unangewendet bleibt, ist schon deshalb nicht ersichtlich, da die Richtlinie ja nur Arbeitnehmern im Sinne des Arbeitsvertragsrechts einen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt sichern will (vgl dazu schon Art 1 Abs 1 und Art 2 Abs 2 der Insolvenzrichtlinie 80/987/EWG; ebenso Schrammel/Winkler, Arbeits- und Sozialrecht der Europäischen Gemeinschaft, 113; Egger, Das Arbeits- und Sozialrecht der EU und die österreichische Rechtsordnung2, 398; Liebeg aaO § 1 Rz 2 mzwN; RIS-Justiz RS0076462 mwN; 8 ObS 27/07i). Hier kann aber eine einem Arbeitsverhältnis entsprechende Unterworfenheit des nunmehrigen Gemeinschuldners unter die funktionelle Autorität eines Dienstgebers im Sinne einer organisatorischen Gebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle nicht angenommen werden (vgl nochmals allgemein RIS-Justiz RS0021332 mwN). Dies ergibt sich nicht nur aus den typischerweise mit der gesellschaftsrechtlichen Stellung des nunmehrigen Schuldners verbundenen Einflussmöglichkeiten, sondern auch aus dem Umstand, dass der Treugeber(der Vater des vormaligen Klägers), der auch an Gewinn und Verlust des Unternehmens nicht beteiligt war, in die unternehmerischen Entscheidungen seines Sohns in keiner Weise involviert war.
Anmerkung
E916048ObS6.09dSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 6022/3/2010 = ZIK 2010/47 S 36 - ZIK 2010,36XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:008OBS00006.09D.0730.000Zuletzt aktualisiert am
24.03.2010