TE OGH 2009/7/30 8ObA4/09k

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Veröffentlicht am 30.07.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Maggale als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Robert D*****, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei D*****, vertreten durch Lüth & Mikuz Gesbr Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Auskunft (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Oktober 2008, GZ 15 Ra 78/08w-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. März 2008, GZ 42 Cga 163/07b-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 445,82 EUR (darin enthalten 74,30 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der seit 5. 11. 2001 bei der Beklagten als Schleifer beschäftigte Kläger überquerte am Samstag, den 20. 11. 2004 nach Schichtende um 21:00 Uhr den nahezu ebenen Innenhof vor der Schleifhalle. Ca 10 bis 15 m vom Ausgang der Schleifhalle entfernt kam er auf dem nicht hell erleuchteten Innenhof wegen Eisglätte aufgrund überfrierender Nässe zu Sturz und brach sich dabei die 9. und 10. linke Rippe. Der Kläger trug feste Turnschuhe, die er auch zum Wandern trägt, und ging normal, ohne Hast. Er konnte jedoch die Eisglätte nicht erkennen, sondern bemerkte die Vereisung erst, als er bereits stürzte. Wann sich die Eisglätte gebildet hatte, konnte nicht festgestellt werden.

Firmenintern ist zur Beobachtung dieses Firmengeländes hinsichtlich der Rutschgefahr die Abteilung „Allgemeiner Werkschutz" zuständig, deren Leiter kein Vorgesetzter des Klägers war. Wenn die Abteilung „Allgemeiner Werkschutz" eine Rutschgefahr im Firmengelände feststellt, wird die Abteilung „Transporte & Instandhaltung von Freiflächen" verständigt. Nach Beginn der Nachtschicht um 18:00 Uhr werden im Regelfall drei Bestreifungen des gesamten Firmengeländes durch einen oder zwei Mitarbeiter absolviert. In der Nachtschicht am 20. 11. 2004 begann die erste Streife um 18:07 Uhr, eine weitere betreffend das Werk 1, in dem sich die Unfallstelle befindet, um 20:57 Uhr, die dann um 22:30 Uhr endete. Es wurde dabei keine glatte Stelle festgestellt und der Streudienst nicht verständigt. Nach dem Unfall des Klägers um 21:00 Uhr erfolgte eine Verständigung des Streudienstes und dieser war dann von 21:30 bis 24:00 Uhr im Einsatz. Nicht festgestellt werden konnte, wann und wo am 20. 11. 2004 vor 18:00 Uhr Bestreifungen stattfanden. Untertags werden keine Streifenprotokolle angefertigt. Es lässt sich jedoch erheben, wie viele und welche Mitarbeiter am 20. 11. 2004 vor 18:00 Uhr Dienst hatten, weiters wer Schichtleiter und Schichtleiterstellvertreter war. Im Allgemeinen sind im Bereich „Allgemeiner Werkschutz" täglich vier Schichten mit je fünf Mitarbeitern zu absolvieren. Dazu kommen beim Tagdienst noch drei Mitarbeiter und zwei Mitarbeiter im Tordienst. In der Nachtschicht am 20. 11. 2004 (18:00 Uhr bis 6:00 Uhr) waren vier Mitarbeiter im Einsatz.

Die Beklagte verweigerte dem Kläger genaue Informationen über die Personen und die Umstände aus denen sich feststellen ließe, wer für den Schaden des Klägers hafte.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm „alle Informationen" über die am 20. 11. 2004 auf dem Firmengelände der Beklagten diensthabenden Mitarbeiter der Abteilung „Werksicherheit" zu erteilen, insbesondere auch die Dienstpläne über diese Abteilung und die Aufzeichnungen dieser Abteilung über die am Unfalltag durchgeführten Kontrollgänge auf dem Firmengelände sowie die Namen und Adressen jener Personen, die am 20. 11. 2004 für die Verhinderung von Vereisungen und zu diesbezüglichen Meldungen zu Streumaßnahmen verpflichtet waren, auszufolgen, sowie weiters (als Eventualbegehren) - bereits rechtskräftig abgewiesen - die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger aus dem Grunde der Verweigerung von Informationen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus dem Unfall für alle Folgen aus der Nichterteilung der Informationen hafte. Er stützte dies zusammengefasst darauf, dass er Schadenersatzansprüche gegen jene Arbeitskollegen der Abteilung „Werksicherheit" erheben wolle, die es trotz der bereits eingetretenen oder eintretenden Vereisung unterlassen hätten, die zur Durchführung von Streuung zuständige Abteilung zu verständigen. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten dem Kläger als geschädigtem Arbeitnehmer gegenüber verpflichtet, diesem die Möglichkeit zu eröffnen, allfällige Schädiger in Anspruch zu nehmen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass den Arbeitgeber keine Verpflichtung treffe, die Daten anderer Arbeitnehmer bekanntzugeben, da er auch diesen gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten habe. Er könne diese nicht allfälligen Schadenersatzansprüchen aussetzen. Dies ergäbe sich auch aus § 333 ASVG. Der Kläger sei vielmehr gehalten, seine Ansprüche gegenüber der AUVA durchzusetzen. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten die Schneeräumung auch ordnungsgemäß durchgeführt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren dahin statt, dass es die Beklagte verpflichtete, dem Kläger die Dienstpläne und die Aufzeichnungen über die Kontrollgänge auszufolgen sowie die Namen und Adressen jener Personen, die am 20. 11. 2004 für die Verhinderung von Vereisungen und die diesbezüglichen Meldungen verpflichtet waren, bekanntzugeben. Es ging dabei rechtlich davon aus, dass § 333 ASVG diese Mitarbeiter nicht schütze und es daher durchaus möglich sei, dass der Kläger Ansprüche gegen sie erheben könne. Die Beklagte könne diese Mitarbeiter ausfindig machen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass sie diese vor Schadenersatzansprüchen schützen müsse. Da gar nicht feststehe, wann die Vereisung tatsächlich eingetreten sei, komme eine zeitliche Beschränkung hinsichtlich der am 20. 11. 2004 tätigen Personen nicht in Betracht. Auch könne der Kläger die Informationen nur hinsichtlich der Abteilung „Allgemeiner Werkschutz", nicht aber hinsichtlich der darüber hinausgehenden Abteilung „Werksicherheit" verlangen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es erkannte die Beklagte lediglich schuldig, dem Kläger die Dienstpläne der Abteilung „Allgemeiner Werkschutz" für den 20. 11. 2004 und die Aufzeichnungen dieser Abteilung zu den am genannten Tag auf dem Firmengelände der Beklagten durchgeführten Kontrollgängen vorzulegen sowie die Namen und Adressen jener Personen bekannt zu geben, die am Unfalltag zur Meldung von Vereisungen und Veranlassung von Streumaßnahmen verpflichtet waren. Das Mehrbegehren zur Bekanntgabe aller Informationen ua über die damals diensthabenden Mitarbeiter der Abteilung „Werksicherheit" sowie Ausfolgung deren Dienstpläne und Aufzeichnungen zu den am Unfalltag durchgeführten Kontrollgängen wurde ebenso wie das als Eventualbegehren gestellte Feststellungsbegehren - unangefochten und damit rechtskräftig - abgewiesen.

Das Berufungsgericht ging rechtlich davon aus, dass die Schadenersatzpflicht nach § 333 Abs 1 ASVG nur hinsichtlich des Arbeitgebers und gleichgestellter Personen auf vorsätzliche Schadenszufügungen beschränkt sei, nicht aber hinsichtlich Arbeitskollegen. Aus § 1157 ABGB über die Fürsorgepflicht sei eine allgemeine Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten, auch vermögensrechtliche Interessen seiner Arbeitnehmer zu wahren. Hier sei möglicherweise durch die Unterlassung einer Meldung der Vereisung fahrlässig eine Körperverletzung herbeigeführt worden. Daraus könne der Kläger allenfalls Schadenersatzansprüche ableiten. Die Beklagte könne als Arbeitgeber nicht über die Berechtigung derartiger Ansprüche entscheiden und müsse dies den Gerichten überlassen. Sie könne sich insoweit auch nicht auf ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem potentiellen Schädiger berufen. Die Ansprüche des Klägers gegenüber diesem potentiellen Schädiger müssten auch nicht mit den Ansprüchen gegenüber der AUVA ident sein.

Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht seien die Dienstpläne des „Allgemeinen Werkschutzes" und die Aufzeichnungen über die Kontrollgänge als gemeinschaftliche Urkunden im Sinne des § 304 Abs 1 Z 3 ZPO anzusehen, jedoch erschöpfe sich die Vorlagepflicht in der Möglichkeit zur Einsichtgewährung. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger „alle Informationen" zu erteilen, sondern nur die Informationen im dargelegten Umfang und hinsichtlich der zuständigen Abteilung Werkschutz und nicht auch der Abteilung „Werksicherheit".

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da zur Frage, inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht zur Bekanntgabe von Dienstnehmern, die als potentielle Schädiger eines Arbeitskollegen in Betracht kommen, verpflichtet sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grunde zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagte wendet vor allem ein, dass es doch auch um den Schutz jenes Dienstnehmers gehe, der mit den Schadenersatzansprüchen konfrontiert werde, während der Dienstgeber ja durch das Haftungsprivileg nach § 333 ASVG geschützt sei. Auch müsse sich der geschädigte Arbeitnehmer all das anrechnen lassen, was er bei einem Arbeitsunfall durch die AUVA an Leistungen erhalte. Der geschädigte Arbeitnehmer müsse daher zuerst alle Leistungen der AUVA in Anspruch nehmen und sich diese anrechnen lassen. Hier habe der Kläger „absichtlich" keinerlei Leistungen von der AUVA begehrt und sei im Übrigen mittlerweile auch aus dem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten ausgeschieden. Es stelle sich die Frage, inwieweit dann überhaupt noch die Fürsorgepflicht nachwirke. Vielmehr sei dann jedenfalls der noch bei der Beklagten beschäftigte Arbeitskollege schützenswert(er). Die Verpflichtung der Beklagten zur Preisgabe der vom Kläger begehrten Daten verstoße auch gegen den allgemeinen Datenschutz. All diese Ausführungen seien auch bei der Beurteilung der Berechtigung des Anspruchs auf Ausfolgung bzw Einsicht in die Urkunden zu berücksichtigen.

Hiezu ist Folgendes zu erwidern:

Vorweg ist zu beurteilen, inwieweit überhaupt ein Anspruch eines Arbeitnehmers auf Bekanntgabe von Daten betreffend Arbeitskollegen, die im Rahmen der Betriebsorganisation gerade zur Verhinderung eines ihn betreffenden Arbeitsunfalls (dass es sich hier um einen solchen handelte, bildet keinen Streitpunkt) verantwortlich sind, bestehen kann. Dabei ist in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen grundsätzlich auf die Bestimmung des § 1157 ABGB (§ 18 AngG) zurückzugreifen. Nach § 1157 Abs 1 ABGB hat der Dienstgeber die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm beigestellten Räumlichkeiten und Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden. Darin wird eine allgemeine Fürsorgepflicht jedenfalls hinsichtlich des Lebens und der Gesundheit der Dienstnehmer, aber auch von vermögensrechtlichen Interessen, abgeleitet (vgl etwa Krejci in Rummel ABGB3 § 1157 Rz 9 ff, aber auch Rz 39; Pfeil in Schwimann ABGB3 § 1157 Rz 2; Spenling in KBB2 § 1157 Rz 2, jeweils mwN). Vom Grundgedanken her geht es jedenfalls darum, die Arbeitnehmer, die in den Betrieb integriert, den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen und den Einflüssen des „Betriebes" ausgesetzt sind, zu schützen (vgl dazu auch Pfeil aaO Rz 1; ähnlich Mosler in ZellKomm § 1157 Rz 3). Besonders in großen Betrieben mit komplexen Betriebsorganisationen ist es nun geradezu typisch, dass der einzelne Arbeitnehmer nicht überblicken kann, welche Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsorganisation jeweils zur Wahrnehmung bestimmter Schutzfunktionen zuständig sind. Gerade dieses aus der Integration in einem großen Betrieb entstehende Risiko soll aber auch durch § 1157 ABGB abgedeckt werden. Daher ist auch grundsätzlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers als Adressaten der Bestimmung des § 1157 ABGB auf Bekanntgabe der im Rahmen der Betriebsorganisation zur Wahrung von Schutzmechanismen zugunsten geschädigter Arbeitnehmer zuständigen Arbeitskollegen zu bejahen.

Soweit nun die Beklagte auf Probleme verweist, die sich daraus ergeben, dass zwar nach § 333 ASVG eine Einschränkung der Schadenersatzpflicht des Dienstgebers und der diesem gleichgestellten „Aufseher im Betrieb" vorgesehen ist (vgl allerdings auch zur Haftung gegenüber dem Sozialversicherungsträger § 334 ASVG), nicht aber für einen Arbeitskollegen, so ist einerseits auf die Bestimmung des § 332 Abs 5 ASVG zu verweisen, der hinsichtlich auf den Versicherungsträger übergegangener Ansprüche eine Einschränkung vorsieht, und andererseits darauf, dass dies trotz wiederholter kritischer Betrachtungen weiter der geltenden Gesetzeslage entspricht (vgl dazu etwa Neumayr in Schwimann ABGB3 § 332 ASVG Rz 157 ff mwN). Das System des ASVG, wie es § 332 ASVG vorzeichnet, bewirkt auch nicht, dass sich hier der geschädigte Arbeitnehmer die ASVG-Leistungen anrechnen lassen müsste, sondern dass insoweit dann seine Schadenersatzansprüche ex lege auf den Versicherungsträger übergehen (vgl Neumayr aaO § 332 Rz 14 ff). Dies gilt aber nur für die sachlich kongruenten Ansprüche, also insbesondere nicht für die Ansprüche auf Schmerzengeld (vgl Neumayr aaO Rz 41 ff, insb Rz 53 mwN; weiters Danzl in Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld9 233 FN 698 mwN). Dementsprechend ist also auch unter diesem Aspekt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Bekanntgabe des verantwortlichen Arbeitskollegen durchaus zu bejahen, ohne dass der in der Revision erstmals und mehrfach erhobene Einwand einer absichtlich unterlassenen Inanspruchnahme von Leistungen der AUVA (ungeachtet der Qualifizierung als unbeachtliche Neuerung) damit schlagend werden kann.

Auch der Einwand, dass ein derartiger Auskunftsanspruch doch jedenfalls nicht mehr für ausgeschiedene Arbeitnehmer bestehen könne, entspricht nicht der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, weil danach durchaus von einer Nachwirkung der Fürsorgepflicht ausgegangen wird (vgl etwa Krejci aaO Rz 38 und Marhold in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 18 Rz 22 bzw zuletzt etwa OGH 9 ObA 104/07w = JBl 2008, 734).

Insgesamt ist also der Anspruch des Klägers auch als bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer auf Bekanntgabe der in der Betriebsorganisation verantwortlichen Arbeitskollegen zu bejahen. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass dieser Anspruch nur insoweit besteht, als er zur Verfolgung der Interessen auch tatsächlich erforderlich ist. Ausführungen dazu, warum einzelne Angaben zur Feststellung der zur Meldung der Vereisungen und Veranlassung von zu Streumaßnahmen Verpflichteten hier nicht erforderlich wären, finden sich aber nicht. Im Übrigen hat dem das Berufungsgericht durch die Abweisung des entsprechenden Mehrbegehrens (unangefochten) bereits Rechnung getragen.

Was nun den Anspruch auf Einsichtnahme in die Dienstpläne und Aufzeichnungen über die Kontrollgänge anlangt, so stellt sich auch die Frage, inwieweit es sich dabei um gemeinschaftliche Urkunden im Sinne des § 304 ZPO handelt, deren Vorlage (umso mehr: Einsichtnahme) nach Art XLIII EGZPO gefordert werden kann (vgl zur Gleichstellung mit den Augenscheinsgegenständen und den Auskunftssachen Kodek in Fasching/Konecny2 § 303 Rz 2; ebenso Konecny in Fasching/Konecny2 EGZPO Art XLIII Rz 1). Als „gemeinschaftliche Urkunde" werden zufolge § 304 Abs 2 ZPO solche Urkunden verstanden, die für Personen in deren Interesse errichtet sind oder die deren gegenseitige Rechtsverhältnisse beurkunden (RIS-Justiz RS0040484).

Die allgemeine Tendenz im Arbeitnehmerschutzrecht, die auch von der Europäischen Union vorgegeben wird, geht nun dahin auch eine Dokumentation der Schutzmaßnahmen zu gewährleisten (vgl dazu etwa Art 9 Abs 2 der Arbeitsschutzrahmen-RL 89/391/EWG; ebenso § 5 ASchG).

Auch wenn dahingestellt bleiben kann, inwieweit hier eine Verpflichtung zur Führung derartiger Dokumentationen zu bejahen wäre, so lässt sich daraus doch ableiten, dass dann, wenn diese Dokumentationen geführt werden, dies auch im Interesse der Arbeitnehmer, die Arbeitsunfälle hatten und zur Feststellung der dafür Verantwortlichen darauf angewiesen sind, geschieht (vgl allgemein dazu auch Kodek in Fasching/Konecny2 § 304 Rz 17 ff). Insoweit ist auch unter dem Aspekt des Grundrechts auf Datenschutz ein „überwiegendes berechtigtes Interesse" des geschädigten Arbeitnehmers zu bejahen.

Im Ergebnis war der Revision der Beklagten daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E91601

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:008OBA00004.09K.0730.000

Im RIS seit

29.08.2009

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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