Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer, Rechtsanwalt in Horn, gegen die beklagte Partei U*****-AG, *****, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Februar 2008, GZ 10 Ra 130/07x-28, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Juli 2007, GZ 8 Cga 117/06k-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Vorinstanzen haben übereinstimmend eine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen des Klägers durch die von der Beklagten am 16. August 2006 zum 31. März 2007 erklärte Kündigung verneint, weil er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Zeitraums von neun bis zwölf Monaten ab Ausspruch der Kündigung eine ungefähr gleich dotierte Vollzeitbeschäftigung als Außendienstmitarbeiter in einem Versicherungsunternehmen oder Maklerbüro erlangen könnte. Als wesentlich wurde dabei berücksichtigt, dass der Kläger als selbstständiger Landwirt mit seinem 22 ha Ackerland und 2 ha Wald umfassenden Betrieb bei steuerlicher Pauschalierung einen jährlichen Reingewinn von 8.000 bis 10.000 EUR erzielt, und dass er von der Beklagten eine Abfertigung im Ausmaß von 14 Monatsgehältern erhalten hat.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wendet sich die außerordentliche Revision nur mehr mit dem Argument, der Kläger verliere durch die Kündigung auch seine im Dienstvertrag geregelte Anwartschaft auf eine Pensionszulage. Hochgerechnet auf den Zeitraum des voraussichtlichen Pensionsbezugs stelle dieser Nachteil eine ganz gravierende finanzielle Beeinträchtigung dar. Eine Vereinbarung, die es dem Dienstgeber ermöglicht, eine bereits erworbene Pensionsanwartschaft des Arbeitnehmers nach Willkür zunichte zu machen, sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nichtig. Soweit das Berufungsgericht in seiner Entscheidung von dieser Judikatur abgewichen sei, liege eine erhebliche, die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen ist aber nicht beizutreten. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist (§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG), muss vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen des betroffenen Arbeitnehmers beeinträchtigt werden (DRdA 1989/24 [Floretta]; RdW 1996, 332; RIS-Justiz RS0051640, RS0051741, RS0051746). Für diese Umstände ist der anfechtende Arbeitnehmer behauptungs- und beweispflichtig (RdW 2002/364 mwN = Arb 10.874; RdW 2001/250; RIS-Justiz RS0051640).
Die Revisionsausführungen lassen die für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen außer Acht, dass dem Kläger im Dienstvertrag lediglich "ohne Rechtsanspruch" eine Pensionszulage "in Aussicht gestellt" wurde und es in der Vergangenheit tatsächlich nur selten zur Auszahlung einer Pensionszulage an ehemalige Außendienstmitarbeiter gekommen ist.
Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass bei einer solchen Vertragsklausel von einer bereits gesichert erworbenen Pensionsanwartschaft des Klägers noch gar nicht die Rede sein konnte, weshalb sich auch die Frage eines zulässigen Widerrufs nicht stellt, ist jedenfalls vertretbar.
Allgemein kann sich die Beurteilung, ob durch eine Kündigung wesentliche Interessen des Dienstnehmers beeinträchtigt werden, immer nur auf die Umstände des Einzelfalls beziehen, wobei den Gerichten ein Ermessensspielraum zukommt (vgl RIS-Justiz RS0051741 [T3], RS0051753 [T10]). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO würde sich nur dann stellen, wenn das Berufungsgericht bei Ausübung dieses Ermessens zu einem unvertretbaren, im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierenden Ergebnis gelangt wäre. Der vorliegende Sachverhalt bietet für ein solches Eingreifen keinen Anlass.
Anmerkung
E915549ObA93.08dSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 6020/8/2010XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:009OBA00093.08D.0804.000Zuletzt aktualisiert am
04.02.2010