Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Brunhilde S*****, vertreten durch Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1010 Wien, Laurenzerberg 2, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 3.979,10 EUR brutto sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Dezember 2008, GZ 8 Ra 94/08i-12, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 21. November 2007, GZ 3 Cga 187/07a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.259,64 EUR (darin 209,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war beim Beklagten vom 1. 10. 1969 bis zum 31. 1. 1997 als Angestellte beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete infolge vorzeitiger Alterspension wegen langer Versicherungsdauer.
Die Klägerin bezog vom Beklagten auf der Grundlage einer Pensionszuschussordnung (in der Folge: PZO) eine Zuschusspension in der Höhe von (zuletzt) monatlich 389,48 EUR, die vom Beklagten per 28. 2. 2007 eingestellt wurde. Seit dem 1. 3. 2007 hat die Klägerin vom Beklagten keine Zuschusspension mehr erhalten.
Mit Gültigkeit zum 1. 1. 1958 hatte der Bundesvorstand des Beklagten die „Pensionszuschussordnung für die Arbeitnehmer des Österreichischen Gewerkschaftsbundes" (PZO) als Teil der „Arbeitsordnung" beschlossen.
Mit Wirkung zum 1. 2. 1979 wurde in einer Vereinbarung zwischen dem Zentralbetriebsrat der Arbeitnehmer des Beklagten und dem Beklagten die Betriebsvereinbarung PZO (in der Folge: BV-PZO) beschlossen.
Sowohl in der PZO als auch in der BV-PZO findet sich folgender identer, auszugsweiser Inhalt:
„I. Allgemeine Voraussetzungen
Anwendungsbereich
§ 1 (1) Den Arbeitnehmern des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, auf deren Arbeitsverhältnis die Arbeitsordnung der Arbeitnehmer des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (im Folgenden als „Arbeitsordnung" bezeichnet) Anwendung findet, und ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen werden nach Maßgabe dieser Pensionszuschussordnung und nach Maßgabe der vorhandenen Mittel vom Österreichischen Gewerkschaftsbund Zuschüsse zu den Rentenleistungen der gesetzlichen Pensionsversicherung nach dem ASVG gewährt.
(...)
II. RUHEGENUSSZUSCHUSS
Anspruchsvoraussetzungen
§ 4 Anspruch auf Ruhegenusszuschuss hat der Arbeitnehmer (§ 1 Abs 1), dem ein Rentenanspruch aus der gesetzlichen Pensionsversicherung aus dem Versicherungsfall des Alters (...) zuerkannt wurde, wenn das Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Gewerkschaftsbund aufgelöst ist und nicht ein Ausschließungsgrund nach § 7 vorliegt.
(...)
Ausschluss des Anspruches
§ 7 Der Anspruch auf Ruhegenusszuschuss ist ausgeschlossen bzw erlischt, wenn
a) seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Österreichischen Gewerkschaftsbund und der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 4 drei Jahre verstrichen sind;
b) der Arbeitnehmer freiwillig aus dem Dienste des Österreichischen Gewerkschaftsbundes austritt, es sei denn, dass er einen berechtigten Austrittsgrund nach § 26 des Angestelltengesetzes hat;
c) der Arbeitnehmer gemäß § 27 Abs 1 lit d der Arbeitsordnung gekündigt bzw. gemäß § 27 des Angestelltengesetzes aus seinem Verschulden entlassen wird;
d) der Arbeitnehmer der Mitgliedschaft zum Österreichischen Gewerkschaftsbund gemäß § 19 der Statuten des ÖGB verlustig wurde oder ausgeschlossen wird.
Beginn, Ende und Ruhen des Anspruches
§ 8 (1) Der Anspruch auf Ruhegenusszuschuss beginnt bei Zutreffen der in § 4 genannten Voraussetzungen so viele Monate nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, als der Arbeitnehmer Monatsgehälter als Abfertigung gemäß § 16 der Arbeitsordnung erhalten hat.
(2) Der Anspruch auf Ruhegenusszuschuss endet mit dem Ablauf des Kalendermonats, in dem der Pensionsanspruch aus der gesetzlichen Pensionsversicherung ... durch Entziehung oder Erlöschen ... oder durch Aufhebung des Zuerkennungsbescheides im Wiederaufnahmeverfahren ... weggefallen ist.
(3) Der Anspruch ruht für die Dauer eines Vertragsverhältnisses zum Österreichischen Gewerkschaftsbund bis zur Höhe des aus diesem Vertragsverhältnis erzielten Einkommens. Eine andere die Pensionsversicherungspflicht begründende Beschäftigung darf nur mit Zustimmung des Präsidiums des Österreichischen Gewerkschaftsbundes bei sonstigem gänzlichem Ruhen des Ruhegenusszuschusses ausgeübt werden. Stimmt das Präsidium einer solchen Beschäftigung zu, kann es das gänzliche oder teilweise Ruhen des Ruhegenusszuschusses verfügen."
Die Klägerin begehrte Nachzahlung der bereits fälligen Pensionszuschüsse im Betrag von 3.979,10 EUR brutto sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei ihr auch künftig valorisierte Pensionszuschüsse in Höhe von (derzeit) monatlich 397,91 EUR brutto zu bezahlen. Sie sei gegenüber dem Beklagten aus einer direkten Leistungszusage einzelvertraglich sowie aufgrund Betriebsvereinbarung berechtigt, den Pensionszuschuss in der angeführten Höhe zu erhalten. Der Beklagte sei nicht berechtigt, Leistungen auszusetzen oder einzuschränken; die vorhandenen Mittel des Beklagten seien entgegen dessen anderslautenden Erklärungen auch ausreichend sie zu erfüllen. Das Angebot auf die Pensionszuschusszahlungen gegen Leistung eines Abfindungsbetrags zu verzichten, habe die Klägerin nicht angenommen.
Der Beklagte bestritt, beantragte Klageabweisung und wendete zusammengefasst ein, dass durch die Formulierung, dass Pensionszuschüsse nur nach „Maßgabe der vorhandenen Mittel" vom Beklagten zu zahlen seien, ein ausreichend bestimmter Widerrufsvorbehalt formuliert worden sei. Der Beklagte habe auch zu Recht die Pensionszusagen widerrufen, weil seine wirtschaftliche Existenz gefährdet gewesen sei. Ohne die von der Klägerin bekämpften Maßnahmen, wäre er im Jahr 2008 insolvenzrechtlich überschuldet gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. In rechtlicher Hinsicht ging es von der Anwendbarkeit des Betriebspensionsgesetzes (BPG) aus, verneinte aber die Voraussetzungen für eine Einstellung, Aussetzung oder Einschränkung der Betriebspensionsleistungen nach den §§ 8, 9 BPG. Selbst außerhalb des Anwendungsbereichs des BPG dürfe die Zusage einer Pensionsleistung selbst im Fall der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht einseitig abgeändert werden, sofern kein Widerrufsvorbehalt vorliege. Die vom Beklagten herangezogene Bestimmung, wonach Pensionszuschüsse „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" zu leisten seien, stelle keinen derartigen Vorbehalt dar. Weiters ergebe sich schon aus den vom Beklagten angebotenen Abfindungsbeträgen, dass dessen wirtschaftliche Situation es ermöglicht hätte, die Pensionszuschüsse einige Jahre weiter zu leisten. Die Einstellung sei daher zum gegenständlichen Zeitpunkt unzulässig erfolgt.
Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung des Beklagten das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Die BV-PZO des Beklagten sei eine Betriebsvereinbarung; ihr normativer Teil sei daher nach den §§ 6, 7 ABGB auszulegen. Maßgeblich sei, welchen Willen des Normgebers der Leser dem Text entnehmen könne. Zu beachten sei, dass den Parteien einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich unterstellt werden dürfe, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten. Bei mehreren nach den §§ 6, 7 ABGB in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten sei dann, wenn alle anderen Auslegungsgrundsätze versagen, jener der Vorzug zu geben, die diesen Anforderungen am Meisten entspreche. Durch den zuvor abgeschlossenen Individualvertrag unter Einbeziehung der Vertragsschablone PZO könne die Klägerin nicht schlechter gestellt werden als durch die nachfolgende Betriebsvereinbarung. Das (Nicht-)Vorliegen eines Widerrufsvorbehalts bestimme auch den Umfang der Anwendbarkeit des BPG. Danach werde in Leistungszusagen, die Anwartschaft und die daraus entspringenden Leistungen unterschieden. Im konkreten Fall stammen sowohl PZO als auch BV-PZO aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BPG. Nach Art V Abs 3 Satz 1 BPG sei dieses auf Leistungszusagen, die vor seinem Inkrafttreten gemacht wurden, nur hinsichtlich der nach seinem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden. Für vor Inkrafttreten des Gesetzes vereinbarte Widerrufsbestimmungen sehen §§ 8, 9 BPG „versteckte" Sonderübergangsbestimmungen vor. Festgehalten sei dort, dass, sofern Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Einzelvereinbarungen die vor Inkrafttreten des BPG abgeschlossen worden seien, nichts anderes bestimmen, künftige Anwartschaften (§ 8) bzw Leistungen (§ 9) nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen ausgesetzt, eingeschränkt oder eingestellt werden könnten. Enthalte daher die BV-PZO die Möglichkeit eines Widerrufs für Pensionsleistungen, sei diese Regelung, nicht das BPG anwendbar, auch wenn ein Teil der Anwartschaften für die Pension der Klägerin erst nach Inkrafttreten des Gesetzes erworben worden sei. Das Berufungsgericht teile jedoch die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass ein solcher Widerrufsvorbehalt nicht vereinbart worden sei. Ohne Vereinbarung eines Gestaltungsrechts könne der Arbeitgeber eine Pensionsvereinbarung aber nicht einseitig abändern, also insbesondere auch nicht an geänderte wirtschaftliche Verhältnisse anpassen. An den einen Eingriff in die Pensionsvereinbarungen rechtfertigenden Sachverhalt sei generell ein strenger Maßstab anzulegen. Widerrufsvorbehalte seien immer eng auszulegen. In der Formulierung „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" liege nach Ansicht des Berufungsgerichts lediglich ein allgemeiner Hinweis auf die erforderliche Existenz des Arbeitgebers, wofür sich auch aus der unmittelbar davor liegenden Wortfolge: „Nach Maßgabe dieser Pensionszuschussordnung" ein Anhaltspunkt entnehmen lasse. Ein Hinweis darauf, dass sich der Beklagte einen Widerruf der Leistungszusage etwa im Fall geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse vorbehalten habe wollen, ergebe sich aus § 1 PZO nicht. Ein solcher Hinweis auf Widerrufsmöglichkeiten aus wirtschaftlichen Gründen fehle auch in den sich ausdrücklich auf Fälle des Ausschlusses oder des Erlöschens des Anspruchs beziehenden §§ 7 und 8 BV-PZO. Für den verständigen Leser der Betriebsvereinbarung müsse sich gerade aus den einzelnen, in den §§ 7 und 8 BV-PZO genannten Tatbeständen der Schluss ergeben, dass sich ein darüber hinausgehender allgemeiner Widerrufsvorbehalt nicht „versteckt" im § 1 Abs 1 PZO finde. Diese Auffassung werde auch durch einen Vergleich mit den in anderen Verfahren geprüften Formulierungen bestärkt. So habe etwa in 9 ObA 306/01t der dort als Widerrufsvorbehalt beurteilte Punkt 1 der Pensionsordnung ausdrücklich einen „jederzeit widerrufbaren Anspruch auf Leistung eines Ruhegenusses" vorgesehen und habe es im Punkt 22 der damaligen Pensionsordnung geheißen, dass der Anspruch auf Ruhegenuss erlösche, wenn sich die Ertragslage des Arbeitgebers derart gestalte, dass der voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr zu leistende Ruhegenuss den Bilanzgewinn des Vorjahres übersteige. Das Gebot enger, also im Zweifel Widerrufsrechte begrenzender Auslegung ergebe sich auch aus der Ungewöhnlichkeit und im Bereich synallagmatischer Vereinbarungen grundsätzlichen Bedenklichkeit der Einräumung einseitiger Gestaltungsrechte. So könne etwa der Hinweis, dass eine Leistung „freiwillig" erbracht werde, in der Regel nicht als Widerrufsvorbehalt verstanden werden. Ebenso wenig beinhalte die Erklärung, eine Leistung werde „bis auf Weiteres" zugesagt, einen allgemeinen Widerrufsvorbehalt. Der Arbeitnehmer sei in Bezug auf die Betriebspension deshalb besonders schutzbedürftig, weil er durch seine Arbeit als aktiver Arbeitnehmer vorgeleistet habe und als Gegenleistung dafür nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf eine Betriebspension habe.
Der Widerruf sei eine Form der Leistungsbestimmung durch den Leistungsverpflichteten. Dabei handle es sich um eine Art negativer Leistungsbestimmung. Der Sache nach sei ein vereinbarter Widerrufsvorbehalt nichts anderes, als die Vorausvereinbarung einer einseitig vom Arbeitgeber bestimmten Schlechterstellung. Eine solche Vereinbarung sei § 1 Abs 1 PZO nicht zu entnehmen. Sozialleistungen, die ohne Widerrufsvorbehalt zugesagt werden, könnten - wie bereits ausgeführt - auch bei geänderten Umständen nicht widerrufen werden. Allenfalls könnte in Extremsituationen, die von den Parteien nicht vorhersehbar gewesen seien, aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anpassungs- oder Widerrufsrecht angenommen werden. Einer solchen Annahme stehe jedoch schon entgegen, dass der zu beurteilende normative Teil der BV-PZO nicht nach den §§ 914, 915 ABGB, sondern nach den §§ 6, 7 ABGB auszulegen sei.
Die einseitige Einstellung der Pensionszahlungen und die dadurch bewirkte Abänderung der Pensionsvereinbarung durch den Beklagten sei mangels Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts unzulässig erfolgt. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil von der hier vorzunehmenden Auslegung der Betriebsvereinbarung ein größerer Personenkreis betroffen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, es im klagsabweisenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision des Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Kernargument der Revision bildet die Bekämpfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach ein Widerrufsvorbehalt nicht vereinbart worden sei. Die Wortfolge „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" stelle nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin eine zweckentsprechende und ausreichend bestimmte Klausel für die Einschränkung, die Aussetzung, die Einstellung oder den Widerruf von Pensionsleistungen dar. Diese Wortfolge könne bei objektiver Betrachtung nicht anders verstanden werden, als dass der Beklagte dann, wenn er nicht über die Mittel zur Erbringung der Pensionszuschüsse verfüge, berechtigt sei, die Leistungen auch zu widerrufen. Im Hinblick auf die Formulierung des § 1 Abs 1 PZO haben die Arbeitnehmer des Beklagten als Normunterworfene der Betriebsvereinbarung die Wortfolge „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" niemals anders verstehen können, als dass sich der Beklagte - für den Fall einer wirtschaftlichen Notlage - ein Widerrufs- oder Aussetzungsrecht habe vorbehalten wollen. Mit der Bestimmung des „Anwendungsbereichs der Pensionszuschussordnung" in § 1 Abs 1 PZO sei klargestellt, dass die Anspruchsberechtigung dann wegfalle, wenn die Mittel zur Erfüllung der Leistung bei der Beklagten nicht mehr vorhanden seien. Im Zweifel dürfe eine Norm nicht so verstanden werden, dass sie - wie das Berufungsgericht offensichtlich vermeine - überflüssig und inhaltslos werde. Wenn die Pension „entsprechend den Mitteln" der Beklagten zur Auszahlung gelangen solle, sei nach Ansicht der Beklagten klar und deutlich, dass diese nicht zahlen müsse, wenn sie über diese Mittel nicht verfüge.
Rechtliche Beurteilung
Dazu hat der Senat erwogen:
Unstrittig ist, dass es sich vorliegend um eine vor Inkrafttreten des BPG geschlossene „Altvereinbarung" handelt. Der Rechtsmittelwerber geht selbst davon aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit der Einstellung der Pensionsleistung der Klägerin darauf ankommt, ob in der BV-PZO ein wirksamer Widerrufsvorbehalt enthalten ist. Er bestreitet auch nicht, dass der normative Teil dieses - unstrittig eine Betriebsvereinbarung bildenden Regelungswerks - nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Grundsätzen (§§ 6, 7 ABGB) auszulegen ist (vgl RIS-Justiz RS0050963). Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers zieht das Berufungsgericht gar nicht in Zweifel, dass sich der Leistungspflichtige einer solchen „Altvereinbarung" durch Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts dagegen absichern konnte, dass sich die Voraussetzungen, die ihn zu einem Ruhegeldversprechen bewogen haben, im Lauf der Zeit gravierend ändern oder überhaupt wegfallen können. Das Berufungsgericht stellt sich lediglich auf den (zutreffenden) Standpunkt, dass ein derartiger Widerrufsvorbehalt nicht vereinbart wurde. In diesem Zusammenhang vermag die Auffassung des Rechtsmittelwerbers, wonach die ArbeitnehmerInnen der Beklagten als Normunterworfene der Betriebsvereinbarung die Wortfolge „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" niemals hätten anders verstehen können, als dass sich der Beklagte für den Fall einer wirtschaftlichen Notlage ein Widerrufs- oder Aussetzungsrecht habe vorbehalten wollen, nicht zu überzeugen. Bei der Auslegung eines Kollektivvertrags - oder wie hier einer Betriebsvereinbarung - ist in erster Linie der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010089). Eine von den Kollektivvertragsparteien (Betriebsvereinbarungsparteien) mit einer Regelung verfolgte Absicht kann nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Text in hinreichender Weise ihren Niederschlag gefunden hat (9 ObA 119/08b). Davon, dass die vom Rechtsmittelwerber behauptete Absicht der Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts hinsichtlich bereits angefallener Pensionsleistungen im Text der BV-PZO in diesem Sinn ihren Niederschlag gefunden habe, kann hier nicht gesprochen werden. Daran vermag auch das Argument des Rechtsmittelwerbers nichts zu ändern, dass eine bloß wörtliche Auslegung dort nicht genüge, wo sie zu einem sinnlosen Ergebnis führen würde und eine Norm im Zweifel nicht so verstanden werden dürfe, dass sie überflüssig und inhaltslos werde. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem gesamten Text der BV-PZO kein als solcher erkennbarer allgemeiner Widerrufsvorbehalt zu entnehmen ist. Die §§ 7 und 8 dieser Betriebsvereinbarung regeln ausdrücklich den Ausschluss bzw das Ruhen des Anspruchs unter den jeweils angeführten genau umschriebenen Voraussetzungen. Dass angesichts dieser detaillierten Regelungen die ArbeitnehmerInnen des Beklagten die floskelhafte Formulierung „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" in § 1/1 BV-PZO nur im Sinn eines allgemeinen umfassenden Widerrufvorbehalts verstehen müssten, ist nicht nachvollziehbar.
Entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers, lässt die hier maßgebliche Formulierung „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" aber Schlüsse auf eine (mögliche) andere Absicht der Parteien zu. § 1 Abs 1 der Betriebsvereinbarung, der nach seiner Überschrift deren „Anwendungsbereich" regelt, normiert, dass den Arbeitnehmern des Beklagten „nach Maßgabe dieser Pensionszuschussordnung" und „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" vom Beklagten Zuschüsse zu den Rentenleistungen „gewährt" werden. Unter „Gewähren" kann aber auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im noch darzustellenden konkreten Zusammenhang nichts anderes als der Akt der Zuerkennung der Leistungen verstanden werden. Selbst nach der weitesten Auslegung des Wortsinns der Bestimmung ist daher der Absatz 1 des § 1 der BV-PZO nur dahin zu verstehen, dass denjenigen Arbeitnehmern, die die in der PZO festgeschriebenen Voraussetzungen erfüllen, bei Vorhandensein der entsprechenden finanziellen Mittel auf Seiten des Beklagten ein entsprechender Zuschuss gewährt (= zuerkannt) werden wird. (Nur) mit dieser Wortinterpretation lässt sich auch zwanglos vereinbaren, dass §§ 7 und 8 der BV-PZO zwar Ausschluss, Ende und Ruhen des (bereits zuerkannten) Anspruchs regeln, jedoch von einem Entzug wegen Mangels entsprechender Mittel nicht die Rede ist. Den Parteien der Betriebsvereinbarung ging es somit in § 1 Abs 1 entsprechend dem Titel des I. Abschnitts nur darum, die „Allgemeinen Voraussetzungen" der Zuschussgewährung zu regeln, nicht jedoch - systemwidrig - auch den Widerruf bereits gewährter Leistungen zu normieren.
Mit seinem Argument, dass die Pensionen an die Leistungsberechtigten jedenfalls nicht weiter zur Auszahlung gelangen sollten, wenn durch diese Leistung der Weiterbestand des Beklagten gefährdet werde, vermengt der Rechtsmittelwerber die Frage, ob ein Widerrufsvorbehalt überhaupt vereinbart wurde mit jener der Voraussetzungen unter denen ein solcher nach der ständigen Rechtsprechung ausgeübt werden darf. Es entspricht jedenfalls der herrschenden Auffassung, dass dann, wenn die Pensionszusage keinen Widerrufsvorbehalt enthält, diese vom Arbeitgeber bei Fortbestand des Unternehmens selbst bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage grundsätzlich nicht einseitig abgeändert werden darf (RIS-Justiz RS0021486) oder wie dies Runggaldier (Der Widerruf betrieblicher Sozialleistungen in FS Walter Schwarz, 160) formuliert: „Wer vorbehaltlos zusagt, hat eben auch unter geänderten Umständen zu leisten."
Bei der Beurteilung der vorliegenden Rechtssache geht es gerade nicht um eine Interessenabwägung, sondern um eine nach den Regeln der §§ 6, 7 ABGB vorzunehmende Auslegung einer Betriebsvereinbarung.
Die vom Rechtsmittelwerber im Zusammenhang mit seiner Auffassung, dass bei der Formulierung einer Widerrufsklausel selbst kein strenger Maßstab anzulegen sei, zitierten Entscheidungen vermögen seinen Standpunkt schon deshalb nicht zu stützen, weil diesen jeweils eindeutig als Widerrufsvorbehalt erkennbare Formulierungen zugrunde liegen.
Zusammenfassend ist auszuführen, dass die Betriebspension, auch wenn diese erst nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses anfällt, dem Arbeitnehmer wegen seiner Arbeitsleistung versprochen wird und auf dem Arbeitsvertrag beruht. Sie ist ein angespartes, „thesauriertes" Entgelt, das sich der einzelne Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit und Loyalität gegenüber dem Betrieb verdient hat. Die Arbeitnehmer verzichten in Zeiten der Konjunktur auf einen für sie vielleicht vorteilhaften Wechsel des Arbeitsplatzes und sie erbringen ihre Arbeitsleistungen, um unter anderem auch eine Betriebspension zu erhalten (RIS-Justiz RS0021639; 9 ObA 37/06s).
Auch aus § 915 ABGB (vgl im Übrigen zum „arbeitsrechtlichen Schutzprinzip" F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 548f; 9 ObA 128/04w; 9 ObA 127/03x; 9 ObA 1/01i; 9 ObA 39/00a; 8 ObA 289/95 ua) folgt, dass jedenfalls die Vereinbarung eines Widerrufs, also die Möglichkeit einen Anspruch des Arbeitnehmers nachträglich wieder zu beseitigen, zu kürzen oder auszusetzen, auch für die nicht dem BPG zu unterstellenden „Altvereinbarungen" so formuliert sein muss, dass der Arbeitnehmer keinen Zweifel darüber haben kann, unter welchen konkreten Umständen der Arbeitgeber zu welcher dieser Maßnahmen berechtigt ist.
Die hier zur Beurteilung stehende Formulierung „nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" mit Bezugnahme auf die „Gewährung" des Zuschusses, wird schon in Hinblick auf die eindeutigen Regelungen zur „Beendigung" des Zuschusses, die gerade nicht auf die wirtschaftliche Situation abstellen, diesen Voraussetzungen in keiner Weise gerecht.
Auf die Rüge eines sekundären Verfahrensmangels, weil keine Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation des Beklagten getroffen wurden, ist daher mangels Relevanz nicht einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E91710European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:009OBA00038.09T.0804.000Im RIS seit
03.09.2009Zuletzt aktualisiert am
28.02.2011