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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §360 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der AL in D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. September 2000, Zl. 04- 15/460-2000/4, betreffend Verfahren gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 die Schließung des Gastgewerbebetriebes der Beschwerdeführerin verfügt. Nach der Begründung dieses Bescheides erließ die Erstbehörde am 5. September 2000 eine Verfahrensanordnung, mit welcher die Beschwerdeführerin gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 aufgefordert wurde, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Für die Einstellung des Gasthausbetriebes sei eine Frist bis 12. September 2000 gewährt worden. In dieser Verfahrensanordnung sei deutlich zum Ausdruck gekommen, welches Ergebnis die Beschwerdeführerin innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken habe, nämlich dass der Betrieb des Gasthauses einzustellen sei, widrigenfalls die Schließung des gesamten Betriebes verfügt werde. Ein der Rechtsordnung entsprechender Zustand wäre im gegenständlichen Fall das Nichtbetreiben des gastgewerblichen Betriebes gewesen. Das Bemühen, eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung zu erlangen, wäre für sich allein noch nicht als "Wiederherstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" anzusehen gewesen. Dass die von der Schließung betroffenen gastgewerblichen Räumlichkeiten dieselben seien, die für den Betrieb des Buschenschanks nach Ablauf der vierwöchigen Untersagungsfrist genützt werden könnten, sei im gewerberechtlichen Verfahren unbeachtlich. Es wäre Sache des Ehegatten der Beschwerdeführerin, sich auf Grund anderer gesetzlicher Grundlagen gegen die Versiegelung zu wehren. Die Beschwerdeführerin wäre berechtigt, den Widerruf des gegenständlichen Bescheides zu beantragen, wenn sie vermeine, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand hergestellt zu haben, wenn also der Gastgewerbebetrieb eingestellt sei. Der Behörde II. Instanz sei es verwehrt, die von der Erstbehörde gesetzte Frist für die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu erstrecken.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in den Rechten auf Unterbleiben unnötiger und existenzgefährdender Lärmschutzauflagen, auf Gewährung einer angemessenen Frist zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes und auf freie Ausübung des Gastgewerbes verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, abgesehen von der extrem kurz gefassten Frist von sieben Tagen in der Verfahrensanordnung der Behörde I. Instanz und dem nicht bewilligten Fristerstreckungsantrag, die bereits für sich gesehen eine rechtsmissbräuchliche Gesetzesanwendung darstellten, sei nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1994 als schärfstes Mittel einer einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme die Schließung (lediglich) von Teilen eines gesetzwidrig betriebenen Betriebes vorgesehen. Die Schließung des gesamten Betriebes dürfe hingegen nur in einem Verfahren nach § 360 Abs. 3 leg. cit. erfolgen, wenn die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Nach ständiger Judikatur sei es in der Regel durchaus ausreichend, als einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme die Stilllegung jener Maschinen oder die Schließung jener Teile des Betriebes zu verfügen, die die Genehmigungspflicht der gesamten Anlage ausgelöst hätten. Es müsse überdies möglich sein, die betreffende Sicherheitsmaßnahme oder Vorkehrung mit dem Ausmaß der angenommenen Gefährdung und Belästigung vergleichend in Beziehung zu setzen. Die Schließung des Betriebes als härteste Zwangsmaßnahme dürfe nur verfügt werden, wenn mit anderen Maßnahmen der gebotene Erfolg nicht erreicht werden könne. Überdies sei auf Grund der gegenständlichen Konstellation auch davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall § 15 Z. 2 GewO 1973 zur Anwendung komme, wonach eine gewerbliche Tätigkeit nur dann nicht ausgeübt werden dürfe, wenn Bestimmungen der Gewerbeordnung oder der hierauf gegründeten Verordnungen dieser Tätigkeit entgegenstünden und die etwa erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage nicht das Recht der Ausübung des Gewerbes unterbinde, wenn dieses Gewerbe zum Teil auch ohne Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne. Jedenfalls hätte keine gänzliche Schließung des Betriebes erfolgen dürfen, da z. B. bereits durch Verplombung des Herdes gewährleistet gewesen wäre, dass keine warmen Speisen mehr an die Gäste verabreicht hätten werden können und somit in der Zwischenzeit das Objekt für die Privatzimmervermietung im Rahmen "Urlaub am Bauernhof" und der "Direktvermarktung H.L." oder für gänzlich private Zwecke genutzt hätte werden können. In der der Beschwerdeführerin auferlegten äußerst kurzen Frist zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes liege eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen habe, dass die ausständige Umwidmung in Kürze erfolgen werde und sie auch sonst bemüht gewesen sei, alle Auflagen zu erfüllen.
Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1997 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z. 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2 § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendige Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
Die Beschwerdeführerin verkennt zunächst die Rechtslage, wenn sie unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes meint, in einem Verfahren nach § 360 Abs. 1 GewO 1994 sei die Schließung des gesamten Betriebes unzulässig. Sie übersieht dabei nämlich, dass mit der Gewerberechtsnovelle 1997 eine derartige Ermächtigung der Behörde in das Gesetz Eingang gefunden hat.
Wie aus dem Beschwerdevorbringen ersichtlich ist, hat die Beschwerdeführerin den in Rede stehenden Gastgewerbebetrieb ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinn des § 77 GewO 1994 betrieben, was die belangte Behörde als Anlass für die Schließung dieses Betriebes nahm. War aber - mangels Vorliegens der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung - solcherart der Betrieb der gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage insgesamt unzulässig, so konnte der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nur in der Einstellung dieses Betriebes liegen. Das einzigartig adäquate Mittel zur Erzielung dieses Zustandes ist aber die Schließung des gesamten Betriebes. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher entgegen dem Beschwerdevorbringen in der auf § 360 Abs. 1 GewO 1994 gestützten Schließung des gesamten Betriebes der Beschwerdeführerin eine überschießende Maßnahme nicht zu erblicken.
Was schließlich die Länge der der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde eingeräumten Frist zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes betrifft, so hat diese nach der Anordnung des Gesetzes "angemessen" zu sein, wobei sich die Angemessenheit nach dem Zeiterfordernis richtet, dass für die Durchführung der Maßnahmen, die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendig sind, erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2000, Zl. 2000/04/0156).
Davon ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof in der der Beschwerdeführerin von der Erstbehörde gewährten Frist eine zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu erblicken, ist doch davon auszugehen, dass die Schließung eines Gastgewerbebetriebes durch seinen Inhaber in der Regel keinen besonderen Zeitaufwand erfordert. Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040189.X00Im RIS seit
14.02.2001