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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung einer Verordnung betreffend das örtliche Raumordnungsprogramm Klosterneuburg mangels Legitimation infolge Zumutbarkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf BauplatzerklärungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller begehren mit ihrem auf Art139 B-VG gestützten Antrag, "der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg, beschlossen bei der Sitzung des Gemeinderats vom 17.12.1987 (örtliches Raumordnungsprogramm), jedenfalls insoweit als gesetzwidrig allenfalls als verfassungswidrig aufheben", als damit die den Antragstellern gehörigen Grundstücke Nr. 2661/4, 2661/7, 2662/1 und 2662/4 von "Bauland" in "Grünland" umgewidmet wurden.
Die Antragsteller bringen zur Begründung ihrer Antragslegitimation ua. vor, daß die bekämpfte Verordnung unmittelbar und aktuell in ihre Rechtssphäre eingreife. Durch die Umwidmung in "Grünland-Landwirtschaft" könne das betroffene Grundstück nicht mehr als Bauplatz genützt werden, was einen gleichheitswidrigen Eingriff in das Eigentum der Antragsteller bedeute. Weiters wird dargelegt, daß (nach ständiger Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes) ein förmliches Baubewilligungsansuchen gemäß §§18 ff NÖ Bauordnung kein zumutbarer Weg sei, die durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Norm bewirkte Rechtsverletzung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
In der Folge gehen die Antragsteller darauf ein, daß seit der Bauordnungsnovelle 1989 mit §12 NÖ Bauordnung das Verfahren zur Bauplatzerklärung geschaffen wurde, das als zumutbarer Umweg zur Verfügung stehe. Die Antragsteller behaupten in der Folge, daß ihnen dieser Weg nicht mehr offen stehe, weil die betroffenen Liegenschaften mit Bescheid der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 8. Oktober 1975, ZIV/I-2267-610-2/B/75 Ha zu Bauplätzen erklärt worden seien und führen dazu aus:
"Durch die Umwidmung der Liegenschaften in Grünland aufgrund des angefochtenen Flächenwidmungsplanes wurde der Rechtsbestand der bestehenden Bauplatzerklärungen an sich nicht beseitigt. Dies ergibt sich unseres Erachtens aus folgender Überlegung:
Nach §12 NöBO ist zwar Voraussetzung für eine Bauplatzerklärung eine Widmung der Liegenschaft als Bauland. Zweck der Bauplatzerklärung ist es aber, festzustellen, ob die Liegenschaft vom Gesichtspunkt ihrer technischen Bebaubarkeit, ihrer Konfiguration und Größe sowie ihrer Anbindung an die Infrastruktur zur Bebauung geeignet ist. Dieser Feststellungs-Gehalt der Bauplatzerklärung wird aber durch die Grünland-Umwidmung nicht berührt, mag auch wegen einer solchen Umwidmung trotz Vorliegens eines Bescheids über die Bauplatzerklärung eine Baugenehmigung nicht mehr möglich sein. Andererseits würde aber bei einer späteren Rückwidmung der Liegenschaft in Bauland keine weitere Bauplatzerklärung mehr nötig sein, da ja die alte Bauplatzerklärung nach wie vor aufrecht ist. Aus diesem Grund hat daher unseres Erachtens die belangte Behörde zurecht unseren - vorerst als Vorstufe einer ursprünglich geplanten Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG gestellten - Antrag auf (neuerliche) Bauplatzerklärung (auch) mit der Begründung abgewiesen, daß ein - durch die Grünlandumwidmung an sich nicht berührter - Bescheid über eine Bauplatzerklärung bereits erlassen wurde und kein Recht auf zwei Bauplatzerklärungen ('ne bis in idem') besteht.
Bei dieser Rechtslage wäre aber eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes im Rahmen einer Bescheidbeschwerde deshalb kein zielführender Weg, die strittige Flächenwidmung zu bekämpfen, weil die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung gar nicht Voraussetzung für die Prüfung des Bescheides wäre; dieser (Zurückweisungs-)Bescheid wird nämlich schon von dem Hinweis auf die bereits bestehende Bauplatzerklärung getragen und ist daher ohne Rücksicht auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Grünland-Umwidmung rechtmäßig. Der Verfassungsgerichtshof würde daher anläßlich einer Bescheidbeschwerde gegen die Abweisung der Bauplatzerklärung ein Normenkontrollverfahren nicht einleiten, da die angefochtene bzw. zu prüfende Norm nicht präjudiziell wäre
(...) ."
Die Antragsteller erachten sich durch die bekämpfte Verordnung in ihren Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) verletzt und setzen sich in der Begründung ihres Antrages ausführlich mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit einer Umwidmung von "Bauland" in "Grünland" auseinander.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Voraussetzung für die Legitimation zur Stellung eines (Individual-)Antrages auf Aufhebung einer Verordnung ist, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn er nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 8009/1977, 10511/1985, 11726/1988).
2.a) Die Antragsteller weisen zu Recht darauf hin, daß der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (VfSlg. 8463/1978, 8697/1979, 11743/1988, 13282/1992 ua.) ausgesprochen hat, daß den Eigentümern einer kraft Flächenwidmungsplan für bestimmte Nutzungen gewidmeten Liegenschaft die Legitimation gemäß Art139 Abs1 B-VG zukommt, den Flächenwidmungsplan insoweit vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Der Verfassungsgerichtshof sah in derartigen Fällen einen zumutbaren Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen - in Betracht käme nur ein formelles Baubewilligungsansuchen - mit Rücksicht darauf nicht als gegeben an, daß vom Antragsteller nicht erwartet werden kann, allein zu diesem Zweck die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen zu lassen.
Dem gegenüber erachtete der Verfassungsgerichtshof in jenen Fällen, in denen das maßgebliche Gesetz etwa eine Bauplatzbewilligung bzw. Bauplatzerklärung vorsah, die Einbringung eines darauf gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürfenden Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so zur Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10004/1984; zur Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11317/1987, 12395/1990).
2.b) Nach der durch die 6. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-6, geänderten, seit dem 1. Jänner 1989 in Geltung stehenden Fassung des §12 NÖ Bauordnung 1976 besteht nunmehr auch in Niederösterreich das Rechtsinstitut der Bauplatzerklärung. Die Bauplatzerklärung bedarf eines Antrages des Eigentümers. Sie kann, wie sich aus §10 Abs4 NÖ Bauordnung 1976 ergibt, auch unabhängig von der Bewilligung einer Grundabteilung (§10 dieses Gesetzes) und unabhängig von einer Baubewilligung mit einem eigenen Bescheid erfolgen. Einem allein auf Bauplatzerklärung gerichteten Antrag sind keinerlei Unterlagen anzuschließen.
Die Stellung eines derartigen Antrages ist, da es nicht erforderlich ist, daß der Antragsteller die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen aufwendigen Planunterlagen (§97 NÖ Bauordnung 1976) - oder überhaupt irgendwelche Unterlagen - anfertigen läßt, zumutbar.
Für die Entscheidung über einen iS des §12 Abs4 NÖ Bauordnung 1976 gestellten Antrag auf Bauplatzerklärung ist in jedem Fall der Flächenwidmungsplan, soweit er das betreffende Grundstück (den betreffenden Grundstücksteil) betrifft, präjudiziell, weil die Bauplatzerklärung, wie sich aus §2 Z7 und aus dem ersten Halbsatz des §12 Abs1 NÖ Bauordnung 1976 ergibt, unabhängig von dessen Gestalt, Beschaffenheit und Größe sowie Aufschließung nur im Einklang mit dem Flächenwidmungsplan, nämlich für im Bauland gelegene Grundstücke und Grundstücksteile, erfolgen darf (vgl. VfSlg. 13589/93, mit weiteren Judikaturhinweisen; s. ferner auch VfSlg. 13585/93).
Auf dem Boden der durch die 6. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976 geschaffenen Rechtslage haben somit die Antragsteller die Möglichkeit, die Erklärung der in ihrem Eigentum stehenden, durch die angefochtene Verordnung in "Grünland-Landwirtschaft" umgewidmeten - unbebauten - Grundstücke zu Bauplätzen zu beantragen.
Der Umstand, daß die Liegenschaften bereits mit Bescheid der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 8. Oktober 1975 zu Bauplätzen erklärt worden waren, steht der meritorischen Erledigung eines Antrages auf Bauplatzerklärung hinsichtlich dieser Grundstücke nicht entgegen, weil diese Erklärung zu Bauplätzen vor dem Inkrafttreten der bekämpften Umwidmung in "Grünland-Landwirtschaft" erfolgt ist, sich also durch diese Umwidmung die maßgebliche Rechtslage inzwischen wesentlich geändert hat (vgl. VfSlg. 13712/1994).
Die Antragsteller haben am 3. Dezember 1997 neuerlich die Bauplatzerklärung für die gegenständlichen Grundstücke beantragt. Dieser Antrag wurde am 7. Jänner 1998 abgewiesen.
4. Es steht den Antragstellern frei, gegen die Sachentscheidung der negativen Feststellung der Bauplatzeigenschaft nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die behauptete Gesetzwidrigkeit des präjudiziellen Teiles der angefochtenen Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 geltend zu machen.
Damit steht den Antragstellern ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes in ihre Rechtssphäre zur Verfügung.
Der (Individual-)Antrag war somit mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V24.1998Dokumentnummer
JFT_10019392_98V00024_00