Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden 1. des LW und 2. der MW, beide in R und vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. März 2000, Zl. WST1-BA-9963, betreffend Verfahren nach § 359b GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In dem an die beschwerdeführenden Parteien ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 14. September 1999 wurde wie folgt abgesprochen:
"Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs weist ihren zweifach eingebrachten Einspruch vom 30.08.1999 zurück."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, durch öffentliche Kundmachung sei durch die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs im Sinne des § 359b GewO 1994 bekannt gemacht worden, dass die H OEG im näher bezeichneten Standort um gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gastgewerblichen Betriebsanlage angesucht habe und dass die diesbezüglichen Projektsunterlagen bis 1. September 1999 bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs sowie der Gemeinde Randegg eingesehen und ebenfalls bis zum 1. September 1999 allfällige Einwendungen gegen dieses Projekt bei der Bezirkshauptmannschaft vorgebracht werden könnten. Mit Schreiben vom 30. August 1999 hätten die beschwerdeführenden Parteien gegen dieses Projekt Einspruch erhoben. Dieser Einspruch sei am 1. September 1999 per Post bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs eingelangt und sei ein wortgleicher Einspruch auch am 1. September 1999 persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs eingebracht worden. Dieser Einspruch sei jedoch nicht konkretisiert und werde keinerlei Verletzung allfälliger subjektiv-öffentlicher Rechte behauptet. Da gemäß § 359b GewO 1994 jedoch für das Verfahren nach dieser Gesetzesbestimmung lediglich ein Anhörungsrecht allfällig betroffener Anrainer normiert sei, sei daher kein formeller Einspruch durch einen Anrainer möglich. Da der vorliegende Einspruch auch keinerlei inhaltliche Vorbringen enthalte, aus welchem Grund Vorbehalte gegen die geplante Anlage seitens des Einschreiters bestünden, habe auf diese Stellungnahme im Verfahren auch nicht besonders Bedacht genommen werden können.
Die dagegen von den beschwerdeführenden Parteien erhobenen Berufungen wurden mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid "mangels Parteistellung gemäß § 359 Abs. 4 in Verbindung mit § 359 lit. b GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen".
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, es sei sachlich begründbar, wenn der Schutz der öffentlichen Interessen im Verfahren nach § 359 b GewO 1994 nur der Behörde von Amts wegen im Rahmen der ihr nach dieser Gesetzesstelle auferlegten Verpflichtung obliege und den Nachbarn keine Stellung eingeräumt sei, deren Beeinträchtigung von ihnen als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend gemacht werden könnte (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1992, Zl. 92/04/0038). Im Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 (vereinfachtes Verfahren) hätten die Nachbarn nur ein Anhörungsrecht, nicht jedoch Parteistellung. Ein Berufungsrecht im vereinfachten Verfahren stehe daher den Anrainern nicht zu.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorliegenden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und hierüber erwogen:
Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, es sei übersehen worden, dass sich die Berufungen nicht gegen den Betriebsanlagenbescheid selbst richteten, sondern gegen die Zurückweisung des im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens von den beschwerdeführenden Parteien erhobenen "Einspruchs". Gegenstand des Berufungsverfahrens betreffe die Frage, inwieweit den Beschwerdeführern ein Recht auf Anhörung im Sinne des § 359b GewO 1994 eingeräumt worden sei, worüber in der Sache selbst abzusprechen gewesen wäre. Weiters sei zu bemängeln, dass es die erstinstanzliche Behörde unterlassen habe, die Beschwerdeführer entsprechend §§ 13 und 13a AVG darauf hinzuweisen, ihr Vorbringen im "Einspruch" zu konkretisieren. Die Beschwerdeführer hätten offensichtlich ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wollen, wozu zumindest eine entsprechende Anleitung durch die Behörde erforderlich gewesen wäre. Auch im Verfahren nach § 359b GewO 1994 sei davon auszugehen, dass zumindest das Anhörungsrecht der Nachbarn in vollem Umfang gewahrt bleibe. Die Relevanz des Mangels ergebe sich daraus, dass die Behörde gemäß § 359b GewO 1994 auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen habe. Im konkreten Fall sei von den beschwerdeführenden Parteien zwar nicht im "Einspruch" aber zumindest in der Berufung auf die entsprechenden Beeinträchtigungen durch die in einem land- und forstwirtschaftlichen Umfeld gelegene Betriebsanlage hingewiesen worden.
Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 88/2000 - hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass
1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder
2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleitung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt,
das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 92/04/0038, mit eingehender Begründung dargelegt hat, kommt den Nachbarn in einem Verfahren nach § 359b GewO 1994 in der Sache Parteistellung nicht zu. An diesem Ergebnis vermag der Umstand, dass den Nachbarn mit der Gewerberechtsnovelle 1997 im Verfahren nach § 359b GewO 1994 ein Anhörungsrecht eingeräumt wurde, nichts zu ändern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0241). Im Sinne dieser Judikatur ist es daher auch zu verneinen, dass nach Absicht des Gesetzgebers dieses Anhörungsrecht den Nachbarn einen Anspruch auf Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen einräumt (vgl. dazu etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. November 1991, Zlen. 91/06/0082, 0094, sowie Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, RZ 128).
Es ist im Beschwerdefall nicht strittig, dass die beschwerdeführenden Parteien angehört wurden. Es ist aber auch aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides im Zusammenhalt mit seiner Begründung ,anders als die beschwerdeführenden Parteien meinen, nicht abzuleiten, dass ihnen (als Nachbarn) kein Anhörungsrecht eingeräumt sei. Der normative Gehalt dieses Bescheides ist vielmehr, dass der "Einspruch" der beschwerdeführenden Parteien (als Nachbarn), als Geltendmachung eines Rechtes auf eine Entscheidung bestimmten Inhalts, mangels einer Grundlage im Gesetz zurückgewiesen wurde, was nach dem Gesagten nicht rechtswidrig ist.
Die beschwerdeführenden Parteien vermögen aber auch mit ihrer Verfahrensrüge der mangelnden Manuduktion schon deshalb nicht durchzudringen, weil die Verpflichtung der Behörde zur Rechtsbelehrung nach § 13a AVG auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt ist und sich nicht auf die Belehrung in der Sache selbst und auf die Erteilung von Unterweisungen zur Gestaltung eines für die Partei vorteilhaften Vorbringens bezieht (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1997, Zl. 97/03/0022).
Derart wurden die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 13. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040095.X00Im RIS seit
08.02.2001