TE OGH 2009/9/1 5Ob5/09k

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Veröffentlicht am 01.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Nikolai R*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Erich M*****, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Oktober 2008, GZ 44 R 278/08w-66, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 21. April 2008, GZ 2 Fam 22/05t-57, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsgegner (folgend: Vater) war zuletzt verpflichtet, dem Antragsteller (folgend: Sohn) einen monatlichen Unterhalt von 174,41 EUR zu leisten.

Der am 21. 10. 1986 geborene Sohn begehrte, seinen Vater ab 1. 12. 2002 zu einem (erhöhten) Unterhaltsbeitrag von monatlich 500 EUR zu verpflichten.

Der Vater beantragte Antragsabweisung und im Zuge des weiteren Verfahrens wegen behaupteter Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes die Enthebung von der Unterhaltspflicht ab 1. 1. 2007.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsantrag des Sohnes für die Zeit von 1. 12. 2002 bis 31. 12. 2006 teilweise Folge, enthob aber den Vater ab 1. 1. 2007 von seiner Unterhaltspflicht. Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Rekurs. Der Sohn bekämpfte (ua) die für die Zeit ab 1. 1. 2007 erfolgte Befreiung des Vaters von dessen Unterhaltspflicht.

Das Rekursgericht gab beiden Rekursen nicht Folge und sprach - in Abänderung seines früheren Ausspruchs infolge Zulassungsvorstellung - aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Die Entscheidung des Rekursgerichts stehe betreffend den Zeitpunkt des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach die verspätete Ablegung der Reifeprüfung als solche dann noch nicht zur Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit führe, wenn die zweimalige Wiederholung einer Schulstufe bereits mehrere Jahre zurückliege (6 Ob 122/06v). Damit sei der vorliegende Fall teilweise vergleichbar, weil der erste - durch einen Schulwechsel bedingte - Verlust eines Schuljahres bereits im Jahr 2002 stattgefunden habe und bis zum zweiten von insgesamt drei Schulwechseln, die auf unzureichender Leistung des Unterhaltsschuldners beruhten, rund drei Jahre vergangen seien. Schließlich bestehe ein Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 506/93), wonach auch im Hinblick auf frühere schulische Misserfolge, die eine angemessene Berufsausbildung nicht zuließen, die Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ein wichtiges Kriterium bildeten. Von einer solchen könne jedoch im Hinblick auf das vom Unterhaltsberechtigten erzielte Eigeneinkommen von monatlich 338,33 EUR nicht ausgegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Sohnes ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts unzulässig. Die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters ist verspätet.

1. Es trifft zu, dass der Oberste Gerichtshof in 6 Ob 122/06v (= SZ

2006/98 = EF-Z 2006/49) ausgesprochen hat, die verspätete Ablegung

der Reifeprüfung als solche führe noch nicht zur Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit, wenn die zweimalige Wiederholung einer Schulstufe bereits mehrere Jahre zurückliege. Hier liegt aber einerseits kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil - ganz unabhängig vom Wiederholen der 4. Klasse AHS nach einem früheren Schulwechsel - die „Bemühungen" des Sohnes zur Ablegung der Reifeprüfung vom negativen Abschluss der 7. Klasse im Jahr 2005, über die dann nicht bestandene Nachprüfung und den Wechsel zur Abendmaturaschule bis Ende 2006 zu - überhaupt - keinem greifbaren Schulerfolg geführt haben. Auch nach dem neuerlichen Schulwechsel in die AHS für Berufungstätige (Einstieg im 6. von 8 Semestern) konnte bis zum Zeitpunkt der erstintanzlichen Entscheidung (21. 4. 2008) im Semesterzeugnis nur ein äußerst bescheidener Notendurchschnitt von 3,6 erzielt werden.

2. Die Annahme des Rekursgerichts und die Behauptung des Sohnes, dass unzulängliche Unterhaltsleistungen des Vaters für den fehlenden Schulfortschritt maßgeblich gewesen seien, findet in den getroffenen Feststellungen keine Deckung.

3. Die Gewährung der Familienbeihilfe muss jedenfalls nicht bindend zur Bejahung der Frage nach ernsthaftem Bemühen zur Erreichung der Matura führen. Die im Revisionsrekurs in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Sohnes über die Rechtsprechung zur Zielstrebigkeit eines Hochschulstudiums sind hier für die Zeit bis zur erstinstanzlichen Beschlussfassung nicht einschlägig.

4. Soweit sich der Sohn auf „im Rekursverfahren" vorgelegte Zeugnisse über Schulerfolge nach der erstinstanzlichen Beschlussfassung beruft, können solche Tatsachen zum Gegenstand eines neuen Antrags gemacht werden (§ 49 Abs 3 AußStrG; vgl 1 Ob 203/05t).

Ob ein Kind seinen Unterhaltsanspruch verliert, weil es seine Schulausbildung nicht zielstrebig betreibt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden (vgl RIS-Justiz RS0008857); eine aufzugreifende, weil unvertretbare Fehlbeurteilung (Prognoseentscheidung) durch die Vorinstanzen liegt hier nicht vor und somit stellt sich eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht. Der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

5. Gemäß § 68 Abs 1 AußStrG beträgt die Frist für die Revisionsrekursbeantwortung vierzehn Tage. Die Frist beginnt nach § 68 Abs 3 Z 2 AußStrG bei einer Zulassungsvorstellung, mit dem ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, mit der Zustellung der Mitteilung des Rekursgerichts, dass den anderen aktenkundigen Parteien die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde. Diese Mitteilung hat der Vertreter des Vaters - nach der bereits am 26. 11. 2008 erfolgten Zustellung einer Gleichschrift des Revisionsrekurses (vgl ON 69 = AS 327) - am 9. 4. 2009 zugestellt erhalten, die Revisionsrekursbeantwortung aber erst am 30. 7. 2009 zur Post gegeben. Die somit verspätete Revisionsrekursbeantwortung war zurückzuweisen.

Anmerkung

E918675Ob5.09k

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00005.09K.0901.000

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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