TE OGH 2009/9/1 5Ob126/09d

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Veröffentlicht am 01.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Snejzana C*****, vertreten durch Göbel & Groh Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin Stadt W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudek, Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. April 2009, GZ 40 R 27/09f-39, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben. Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der verfahrenseinleitende Sachantrag der Antragstellerin abgewiesen wird.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 3.237,49 EUR bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin 179,86 EUR USt und 2.158,34 EUR Barauslagen) und die mit 311,86 EUR bestimmten Verfahrenskosten 2. Instanz (darin 51,98 EUR USt und 1,80 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Antragstellerin ist weiters schuldig, der Antragsgegnerin die mit 439,32 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 67,80 EUR Barauslagen und 61,92 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist seit 1. Jänner 2006 Hauptmieterin der Wohnung Top 1 in *****, die bei Abschluss des Mietvertrags eine Nutzfläche von 71,75 m² aufwies, aus zwei Vorräumen, einer Küche, drei Zimmern und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit sowie zwei WCs bestand. Die Wohnung war mit einer Etagenheizung ausgestattet.

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des Hauses.

Bei Abschluss des Hauptmietvertrags entsprach der vereinbarte Hauptmietzins von 274,08 EUR monatlich den Bestimmungen über den Richtwertmietzins.

Vor Abschluss des Hauptmietvertrags war die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin als Hausbesorgerin in der Wohnhausanlage S***** beschäftigt und bewohnte die Wohnung S***** als Dienstwohnung. Sie übernahm die Rückzahlung eines Wohnungsverbesserungskredits ihrer Vorgängerin für die Errichtung einer Gasetagenheizung und die Errichtung neuer Fenster. Im Jahr 1993 wurde ihr von der Antragsgegnerin eine weitere Wohnung im Rahmen des Hausbesorgerdienstvertrags zur Benützung überlassen. Sie legte mit Genehmigung der Antragsgegnerin beide Wohnungen zusammen, verband die Gasetagenheizungen beider Wohnungen und errichtete ein Badezimmer. Bei Beendigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses erklärte die zuständige Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, dass ein Investitionsersatz aufgrund der Bestimmungen des HbG nicht in Betracht komme. Schließlich entschied sich die Antragstellerin, die Wohnungen zu behalten und einen Mietvertrag darüber abzuschließen.

Bei Abschluss dieses Mietvertrags wurden die von der Antragstellerin als Hausbesorgerin getätigten Investitionen als relevant für die Zinsbildung berücksichtigt.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin die Überprüfung des vereinbarten Hauptmietzinses mit dem Argument, die von ihr getätigten Investitionen, nämlich die Errichtung der Gasetagenheizung und des Badezimmers hätten bei Errechnung des zulässigen Hauptmietzinses außer Betracht zu bleiben.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags und wendete gegen das Begehren ein, für die Zulässigkeit der Mietzinsvereinbarung sei es unerheblich, ob der maßgebliche Zustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags von der Antragstellerin hergestellt worden sei, weil es sich während der Durchführung der Investitionen um eine nicht dem MRG unterliegende Hausbesorgerdienstwohnung gehandelt habe. Zu Recht seien daher die wertbestimmenden Faktoren Badegelegenheit und Etagenheizung bei der Hauptmietzinsbildung berücksichtigt worden.

Beide Vorinstanzen gaben dem Mietzinsüberprüfungsantrag der Antragstellerin statt.

Das Rekursgericht stellte den gesetzlich zulässigen Hauptmietzins ohne Berücksichtigung des wertbestimmenden Faktors Badegelegenheit fest, wobei es von einer Ausstattungskategorie C bei Bemessung des Richtwerts ausging. Schon vor Inkrafttreten des § 10 Abs 6 MRG idF des 2. WÄG, womit eine Doppelbelastung des Mieters einerseits durch Tragung der Investitionskosten und andererseits durch Berücksichtigung des wertbestimmenden Faktors bei der Mietzinsbildung verhindert werden sollte, habe die Rechtsprechung diese der Neuregelung entsprechenden Grundsätze angewendet. Für die Mietzinsbildung sei demnach maßgeblich, ob die kategoriebestimmenden Merkmale auf Kosten des Mieters oder des Vermieters hergestellt worden seien (5 Ob 91/88 = wobl 1989/15 mit Zustimmung Würth). Dass die Antragstellerin als Hausbesorgerin bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses keinen Anspruch auf Ersatz der Investitionskosten im Sinn des § 10 MRG gehabt habe, gebiete keine andere Beurteilung.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht einer höchstgerichtlichen Entscheidung gefolgt sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses und Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Abweisung des Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag mit dem Ziel einer Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht, in eventu durch das Erstgericht gestellt.

Die Antragstellerin hat von der ihr eingeräumten Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und darin beantragt, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin erweist sich als zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob die Schaffung wertbestimmender Ausstattungsmerkmale in einer Wohnung, die im Rahmen eines anderen Rechtsverhältnisses, konkret eines Hausbesorgerdienstverhältnisses vorgenommen wurden, bei der Mietzinsbildung eines später abgeschlossenen Hauptmietvertrags zu berücksichtigen sind.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist auch berechtigt.

Zu Recht weist die Revisionsrekurswerberin darauf hin, dass zufolge § 13 Abs 4 HbG ein Hausbesorger Investitionskosten selbst zu tragen hat und ihm nach Beendigung des Dienstverhältnisses grundsätzlich kein Ersatzanspruch zusteht. Im Besonderen ist § 10 MRG auf dieses nicht dem MRG unterliegende Benützungsverhältnis nicht anwendbar.

Nach den maßgeblichen Feststellungen hat die Antragstellerin die Aufwendungen zur Anhebung des eigenen Wohnstandards während des Dienstverhältnisses, nicht aber im Hinblick auf den Abschluss eines Mietvertrags getätigt. Insofern ist die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 5 Ob 91/88 (= wobl 1989/15 mit Zustimmung Würth) nicht einschlägig, weil dort Investitionen im Hinblick auf ein abzuschließendes Bestandverhältnis getätigt worden waren.

Maßgebend für die Beurteilung der Ausstattungskategorie einer Wohnung für die zulässige Mietzinsbildung ist nach dem Gesetzestext des § 15a Abs 2 MRG grundsätzlich der Zeitpunkt des „Abschlusses des Mietvertrags", was nach einhelliger Judikatur aber nur dem Regelfall entspricht. Entscheidend ist der vom Vermieter herzustellende und (innerhalb angemessener Zeit) tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung (vgl Würth/Zingher/Kovanyi Wohnrecht21 Rz 5 zu § 15a MRG mit Rechtsprechungshinweisen). Ob ein Mieter die Arbeiten vor oder nach Mietvertragsabschluss durchführte, ist grundsätzlich bedeutungslos (wobl 1989/15 = MietSlg 40.351). Dementsprechend hat die Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des § 10 Abs 6 MRG idF des 2. WÄG mit 1. März 1991 mietzinsrelevante Investitionen des Mieters bei der Zulässigkeit der Mietzinsbildung des Bestandobjekts ausgeschieden (vgl RIS-Justiz RS0070204). Wurden kategorieerhöhende Maßnahmen im Endergebnis vom Mieter auf seine eigenen Kosten geschaffen, haben sie bei der Zulässigkeit der Mietzinsbildung außer Betracht zu bleiben (vgl zuletzt 5 Ob 183/08k).

Durch die Bestimmung des § 10 Abs 6 MRG idF des 2. WÄG sollte eine Doppelbelastung des Mieters einerseits durch Tragung der Investitionskosten (aus eigenem oder durch Ablöse früher getätigter Investitionskosten) und andererseits durch Berücksichtigung dieser Investitionen als wertbestimmender Faktor bei der Mietzinsbildung verhindert werden. Nicht jede wirtschaftliche Doppelbelastung ist allerdings relevant. Sie wurde etwa verneint, wenn nicht (iSd § 10 MRG) „berechtigte" Ansprüche abgelöst wurden (vgl 5 Ob 311/98s). Auch voll amortisierte Aufwendungen eines Vormieters, die ein Mieter ablöste, führten nicht zu einer Herabstufung der Ausstattungskategorie (vgl 5 Ob 2376/96i).

Wenn es auch zutrifft, dass die Antragstellerin wirtschaftlich mit den Kosten der Errichtung des wertbestimmenden Faktors Badegelegenheit belastet war, ist doch maßgeblich, dass sie diesen Aufwand während eines Rechtsverhältnisses mit der Antragsgegnerin tätigte, aus dem ihr keine wie immer gearteten Ersatzansprüche weder nach mietrechtlichen Bestimmungen des ABGB noch des MRG zustanden. Die Aufwendungen wurden auch nicht im Hinblick auf ein (erst mehr als zehn Jahre später abgeschlossenes) Hauptmietverhältnis getätigt.

Die Investitionen gingen sofort ins Eigentum der Antragsgegnerin über.

Damit kam es durch die Berücksichtigung der Badegelegenheit als wertbestimmender Faktor bei Abschluss des Hauptmietvertrags nicht zu einer im Sinn des § 10 Abs 6 MRG verpönten wirtschaftlichen Doppelbelastung der Antragstellerin als Mieterin.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin war daher im Sinn des Begehrens auf Antragsabweisung berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

Textnummer

E92007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00126.09D.0901.000

Im RIS seit

01.10.2009

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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