Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Elisabeth B*****, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die Antragsgegnerin B***** gemeinnützige Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Schuster, Rechtsanwalt in Wien und der weiteren Verfahrensbeteiligten 1.) Ing. Ivan O*****, 2.) Ingeborg R*****, 3.) Zuzana B*****, 4.) Maria K*****, 5.) Ing. Peter S*****, 6.) Mag. Stefan E*****, 7.) Gerlinde K*****, 8.) Friedrich G*****, 9.) Jürgen K*****, 10.) Ing. Herbert D*****, 11.) Arthur K*****, 12.) Paul P*****, 13.) Helga P*****, ebendort, 14.) Edith K*****, 15.) DI Karl Heinz W*****, 16.) Marian T*****, 17.) Oskar K*****, 18.) Erwin K*****, 19.) Maria K*****, ebendort, 20.) Martina P*****, 21.) Sandra R*****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 3 WEG, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. September 2008, GZ 17 R 328/07t-23, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Gloggnitz vom 14. Mai 2007, GZ 3 Msch 2/06g-15, aufgehoben wurde, den
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und der Sachbeschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass er zu lauten hat:
„Der Antrag, der Antragsgegnerin die Legung einer den Regeln des § 34 WEG entsprechenden, ordentlichen und richtigen Rechnung für die Jahre 2003, 2004 und 2005 aufzutragen, wird abgewiesen".
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 1.527,94 EUR (darin 254,66 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten erster, die mit 277,63 EUR (darin 46,63 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten zweiter Instanz und die mit 743,04 EUR (darin 123,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit der Liegenschaftsadresse *****, welche von der Antragsgegnerin verwaltet wird.
Ihr sind bücherlich folgende Anteile zugeschrieben:
74/1522-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an W 6 Stiege I (B 20),
21/1522-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an W III/2 (B 26),
13/1522-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garage 3 (B 34),
13/1522-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garage 4 (B 35).
Die übrigen Verfahrensbeteiligten sind die weiteren Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft.
Für die Liegenschaft ist eine Hausbesorgerin beschäftigt. Es steht fest, dass in den Jahren 2003 und 2004 von der Hausbesorgerin Urlaubsvertretungsentgelte durch Vorlage von Urkunden geltend gemacht wurden, obwohl diese Urlaubsvertretungen nicht geleistet worden waren. Diese Vertretungsentgelte wurden von der Antragsgegnerin bezahlt und in die Jahresabrechnungen 2003 und 2004 aufgenommen. Erst im November 2005 erlangte die Antragsgegnerin Kenntnis davon, dass tatsächlich keine Vertretungstätigkeit geleistet wurde.
Im Februar 2005 wurde die vorhandene alte Schneefräse für die Liegenschaft überraschend irreparabel defekt, sodass sofort eine neue angekauft werden musste. Die Antragsgegnerin hat dafür keine Kostenvoranschläge eingeholt.
Die Anschaffungskosten dafür sind in der Abrechnung des Jahres 2005 enthalten.
Ebenfalls in der Abrechnung des Jahres 2005 enthalten ist die Rechnung einer Firma H***** für Schadensbehebungskosten an Regenabflussrohren. Die Beschädigung war dadurch eingetreten, dass die Regenabflussrohre nicht regelmäßig gereinigt wurden.
Die Antragstellerin hat ihre Liegenschaftsanteile von der Antragsgegnerin erworben. Mit Schreiben vom 5. 7. 1988 waren ihr die Bedingungen für den Erwerb einer Eigentumswohnung dahin bekannt gegeben worden, dass unter anderem die von der Käuferin zu bezahlenden Annuitäten nach Bezug der Wohnhausanlage 2,5 % des Darlehensbetrags pA betragen, was einer monatlichen Belastung von 31 S/m2 entsprach. Die restliche Annuität war durch einen Zuschuss des Landes Niederösterreich bzw des Bundes finanziert worden. Die Antragstellerin bezahlte die auf sie entfallenden Kaufpreisteile in Bar und übernahm in Anrechnung auf den Kaufpreis vom Darlehen der Landeshypothekenbank Niederösterreich einen Teilbetrag von 1.134.840 S. In Kenntnis der Darlehensbedingungen trat sie in die persönliche Haftung ein und verpflichtete sich, das Darlehen unter den im Schuldschein angeführten Bedingungen zurückzuzahlen. Der Schuldschein vom 5. 11. 1985/21. 4. 1987/12. 6. 1987 sieht einen jährlichen Zinsenfluss von höchstens 16 % nach den jeweiligen Marktverhältnissen vor und richtet sich nach den Bestimmungen des Bundessonderwohnbaugesetzes 1983. Bei Kreditaufnahme war das Darlehen mit 7,5 % im Nachhinein und 50 gleichbleibenden Halbjahresraten zurückzuzahlen (Schuldschein). Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin für den Abrechnungszeitraum der in Frage stehenden Jahre die Belege betreffend die Darlehensvorschreibungen durch die NÖ-Landesbank-Hypothekenbank, die Belege über die gewährten Landeszuschüsse und Einzahlungsbelege vorgelegt. Aus diesen Urkunden ergibt sich, dass die in den Jahresabrechnungen 2003, 2004 und 2005 unter der Position Annuitäten verrechneten Beträge den getroffenen Vereinbarungen entsprechen, vollständig und richtig sind und alle diesbezüglichen Belege vorgelegt wurden.
Die Verwaltungsabrechnungen der Jahre 2003, 2004 und 2005 erfolgten insgesamt nicht objektbezogen, sondern für jeden einzelnen Wohnungseigentümer, offenbar unter Zusammenziehung seiner Anteile.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung über die Aufwendungen für die Liegenschaft in den Kalenderjahren 2003 bis 2005 zu verpflichten und ihr für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung eine Geldstrafe anzudrohen, in eventu eine solche Geldstrafe zu verhängen.
Soweit noch im Revisionsrekursverfahren gegenständlich, macht die Antragstellerin folgende Mängel der Abrechnungen geltend:
Die Anschaffung der Schneefräse im Jahr 2005 hätte der Einholung von drei Kostenvoranschlägen bedurft, weil sonst nicht dargetan werde, dass es sich um die wirtschaftlich günstigste Variante bei der Anschaffung einer neuen Schneefräse gehandelt habe.
Unrichtig sei die Aufgliederung für einzelne Wohnungseigentümer, richtigerweise hätte die Aufteilung objektbezogen erfolgen müssen. Schon wegen des Umstands, dass Garagenkosten nur von Garagen-Wohnungseigentümern zu tragen seien, auch für den Fall von zwei Wohnungseigentümern betreffend ein Objekt sei die von der Antragsgegnerin gewählte Aufgliederung unrichtig.
Die Darlehensannuitäten seien der Antragstellerin nicht vereinbarungsgemäß vorgeschrieben worden. Sie hätte immer nur 31 S/m2 zu bezahlen gehabt, der Rest sei durch den Zuschuss des Landes Niederösterreich zu bezahlen.
Die Rechnung für die Reparaturen am Regenwasserabfluss sei zu Unrecht in die Hausabrechnung aufgenommen worden, weil dieser Schaden von der Hausbesorgerin verschuldet worden sei. Diese sei zum Schadenersatz verpflichtet, weil sie den Schaden nicht abgewendet habe, es hätte zu ihren Verpflichtungen gehört, regelmäßig den Regenwasserabfluss zu kontrollieren.
Darüber hinaus erweise sich die Abrechnung hinsichtlich der für die Jahre 2004 und 2005 verrechneten Vertretungskosten für die Hausbesorgerin als unrichtig, solche Vertretungskosten seien niemals angefallen, Vertretungstätigkeit sei nicht verrichtet worden.
Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, der Ankauf der Schneefräse im Februar 2005 sei derart überraschend notwendig geworden, dass sofort ein solches Gerät habe angekauft werden müssen, nur ein Händler sei in der Lage gewesen, sofort ein solches Gerät zu liefern. Es habe daher keine Zeit dafür bestanden, Kostenvoranschläge einzuholen. Im Übrigen sei die Antragsgegnerin dazu nicht verpflichtet.
Die gesonderte Abrechnung jedes einzelnen Wohnungseigentumsobjekts, auch wenn es demselben Miteigentümer gehöre, sei vom WEG nicht vorgesehen. Die Abrechnung sei daher nicht gesetzwidrig, wenn sie nach Wohnungseigentümern und nicht nach Wohnungseigentumsobjekten erfolgt sei.
Die Verrechnung der von der Antragstellerin geschuldeten Darlehensrückzahlungen sei konkret nach den maßgeblichen Darlehensverträgen erfolgt, sämtliche darauf bezügliche Unterlagen auch der darlehensgebenden Bank seien vorgelegt worden, ebenso korrekt abgerechnet und belegt seien die Einzahlungen durch die Antragsgegnerin.
Die Kosten der Reparatur des Regenwasserabflusses sei - unabhängig von einem allfälligen Schadenersatzanspruch - von den Wohnungseigentümern zu tragen. Die Arbeiten seien als Erhaltungsarbeiten notwendig und wirtschaftlich gewesen. Im Übrigen habe es nicht zu den Aufgaben der Hausbesorgerin gehört, die Körbe der Regenabflussrinnen regelmäßig zu reinigen. Es sei auch nicht evident, dass der Schadenseintritt durch eine Nichtreinigung verursacht worden sei.
Richtig sei, dass die von der Hausbesorgerin in Rechnung gestellten Vertretungskosten keinem berechtigten Anspruch der Hausbesorgerin entsprochen hätten, weil Vertretungen nicht geleistet worden seien. Die Antragsgegnerin habe aufgrund der unrichtigen Belege die Forderung bezahlt, sodass allfällig ein Ersatzanspruch der Eigentümergemeinschaft bestehe. An der Richtigkeit der Abrechnung ändere dies aber nichts. Die Antragsgegnerin habe zu dem Zeitpunkt, als sie vom Missbrauch durch die Hausbesorgerin erfahren habe, dies abgestellt und keine weiteren Vertretungstätigkeiten mehr vergütet.
Das Erstgericht wies den verfahrenseinleitenden Antrag zur Gänze zurück und stellte fest, dass die von der Antragsgegnerin für die Kalenderjahre 2003, 2004 und 2005 gelegten Abrechnungen richtig seien.
Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen, die den Ausführungen des Erstgerichts insgesamt entnommen werden können, ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass dann, wenn während des Winters eine neue Schneefräse angeschafft werden müsse, Gefahr im Verzug sei und daher die Anschaffung des dringend nötigen Geräts auch ohne Einholung mehrerer Kostenvoranschläge zulässig sei.
Eine gesonderte Abrechnung jedes einzelnen Wohnungseigentumsobjekts sei im WEG nicht vorgesehen, sodass es ausreiche, wenn die Abrechnung für jeden einzelnen Wohnungseigentümer, sei es auch, dass er über mehrere Objekte verfüge, gelegt worden sei.
Was die Darlehensrückzahlungen betreffe, habe das Erstgericht unter Vorlage der entsprechenden Verträge und Vorschreibungen deren Richtigkeit geprüft und die entsprechenden Belege für die tatsächlich erfolgten Zahlungen geprüft. Diese seien vollständig und richtig. Sie entsprächen den getroffenen Vereinbarungen.
Die regelmäßige Reinigung der Regenwasserabflussrohre gehöre nicht zu den einer Hausbesorgerin gesetzlich obliegenden Tätigkeiten. Dass in einer Sondervereinbarung der Hausbesorgerin diese Aufgabe übertragen worden wäre, sei nicht behauptet worden. Die bezughabende Rechnungsposition sei daher zu Recht in die Abrechnung aufgenommen worden.
Das Beweisverfahren habe ergeben, dass tatsächlich in den in Frage stehenden Jahren 2003 und 2004 trotz Verrechnung und Vorlage von Unterlagen durch die Hausbesorgerin keine Vertretungstätigkeit erfolgt sei. Die Antragsgegnerin sei jedoch nicht in Kenntnis dieses Umstands gewesen, habe nicht erkennen können, dass offenkundig falsche Urkunden vorgelegt worden seien und habe daher im guten Glauben die Vertretungsentgelte an die Hausbesorgerin ausbezahlt und damit zu Recht in die Abrechnung aufgenommen. Allfällige Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen die Hausbesorgerin auf Rückzahlung blieben davon unberührt.
Insgesamt hätten sich somit die von der Antragstellerin gerügten Fehler der Abrechnungen der Jahre 2003 bis 2005 nicht erwiesen, was zur Antragsabweisung zu führen habe.
Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof eröffnete das Rekursgericht mit der Begründung, dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu konkreten Anforderungen an eine inhaltlich richtige Abrechnung im Anwendungsbereich des WEG vorliege.
Ausgehend vom oben wiedergegebenen Sachverhalt vertrat das Rekursgericht die Ansicht, es könne nicht Gegenstand der Richtigkeitsprüfung einer Verwalterabrechnung sein, ob die verzeichneten Einnahmen und Ausgaben wirtschaftlich oder zweckmäßig gewesen seien, weil das auf eine überschießende Verwalterkontrolle im Abrechnungsüberprüfungszeitraum hinauslaufe. Nur offenkundige Überschreitungen des pflichtgemäßen Ermessens des Verwalters könnten zur Unrichtigkeit der Abrechnung führen. Ergebe sich eine Unrichtigkeit der Abrechnung, sei dies beschlussmäßig auszusprechen und der sich daraus übergebende Überschuss - oder Fehlbetrag - konkret festzustellen (§ 34 Abs 3 WEG idF WRN 2006).
Das treffe auf die der Hausbesorgerin zu Unrecht ausbezahlten Vertretungsentgelte zu.
Auf Hausbesorgerdienstverhältnisse, die vor dem 1. 7. 2000 begründet worden seien, seien die Bestimmungen des § 17 Abs 2 HbG gemäß § 31 Abs 5 HbG weiter anzuwenden. Es sei daher Voraussetzung für die Leistung einer Entschädigung für Vertretungsentgelte, dass während der Verhinderung der Dienstverrichtung des Hausbesorgers ein Vertreter bestellt werde. Dies sei nach den maßgeblichen Feststellungen in den Jahren 2003 und 2004 unterblieben. Dennoch seien die entsprechenden Entgelte in die Abrechnungen als Ausgaben aufgenommen worden. Darauf, ob die Antragsgegnerin diese Vertretungsentgelte „im guten Glauben" ausbezahlt habe und sie daher zu Recht in die Abrechnung aufgenommen habe, komme es aber nicht an. Zumindest aus Anlass des darauf abzielenden Antrags hätte die Antragsgegnerin die entsprechenden Positionen aus der Abrechnung eliminieren müssen. Allerdings fehle dem erstinstanzlichen Sachbeschluss eine Feststellung über die konkrete Höhe dieser Positionen. Es sei daher eine Ergänzung des Sachverhalts und der Auftrag einer neuerlichen Entscheidung unumgänglich.
Zur Rechnung H***** für die Reparatur der Regenwasserabflussrohre erachtete das Rekursgericht, dass eine solche gesetzliche Verpflichtung in § 4 Abs 1 HbG nicht enthalten sei und die Verpflichtung der Hausbesorgerin aufgrund zusätzlicher vertraglicher Vereinbarung nicht erwiesen sei. Die entsprechende Rüge der Jahresabrechnung 2005 hielt das Rekursgericht daher für nicht berechtigt.
Was die Kosten für die Anschaffung einer Schneefräse ohne Einholung von drei Kostenvoranschlägen betreffe, ziele dies auf eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit dieses Verwaltungsakts ab, die nach Ansicht des Rekursgerichts bei einer inhaltlichen Überprüfung der Verwalterrechnung aber außer Betracht zu bleiben habe.
Die Grundsätze einer ordnungsgemäßen und richtigen Abrechnung bezögen sich auf die Art der Verzeichnung der Ausgaben und Einnahmen, dass es zu einer im Sinn des § 34 Abs 3 WEG „gehörigen" Abrechnung erforderlich sei, dass diese gesondert für jedes einzelne Objekt erfolge, lasse sich dem nicht entnehmen.
Die Fassung eines Teilsachbeschlusses lehnte das Rekursgericht ab, weil sich die Abrechnungspflicht nicht quantitativ in Teilverpflichtungen zerlegen lasse (5 Ob 285/06g). Daran ändere der Umstand nichts, dass sämtliche das Abrechnungsjahr 2005 betreffenden Rügen abschließend erledigt seien.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richten sich die Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, dem Antrag der Antragstellerin vollinhaltlich stattzugeben bzw den erstinstanzlichen Sachbeschluss wiederherzustellen. Jeweils wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragsgegnerin beantragt überdies, einen Teilsachbeschluss hinsichtlich der Jahresabrechnung 2005 zu erlassen.
Die weiteren Verfahrensparteien haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt, obwohl ihnen dazu Gelegenheit geboten wurde.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig.
Berechtigt ist jedoch lediglich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.
Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung 5 Ob 160/04x releviert die Antragstellerin, dass bei den Kosten der Anschaffung der Schneefräse im Winter 2005 wie bei jeder anderen Ausgabe zu prüfen sei, ob diese pflichtgemäß getätigt worden sei. Dazu hätte die Antragsgegnerin dartun müssen, dass es sich bei den aufgewendeten Kosten um die wirtschaftlich günstigste Variante gehandelt habe. Ohne Einholung dreier Kostenvoranschläge lasse sich aber nicht ausschließen, dass diese zu einem überhöhten Preis angeschafft worden sei.
Dem ist zu entgegnen, dass ein Verwalter zwar gemäß § 20 Abs 4 WEG für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, und für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen hat, die Neuanschaffung eines defekten der Hausbewirtschaftung dienenden Geräts, hier einer Schneefräse, aber weder eine Erhaltungs- noch eine Verbesserungsarbeit ist. Von dieser Bestimmung werden „Arbeiten" erfasst (vgl auch 5 Ob 186/08a; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 53 zu § 20 WEG). Die Verpflichtung zur Anbotseinholung lässt sich nicht auf Anschaffungen, die im Rahmen der ordentlichen Verwaltung getätigt werden, übertragen. Diese muss der bestellte Hausverwalter auch ohne Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen eigenständig setzen (vgl RIS-Justiz RS0122841).
Nach den maßgeblichen Feststellungen bestand überdies im konkreten Fall - mitten im Winter des Jahres 2005 wurde die Schneefräse defekt - eine Verpflichtung zum sofortigen Handeln, was zeigt, dass wegen der gebotenen Dringlichkeit die Einholung mehrerer Anbote nicht zweckmäßig gewesen wäre. Unter diesem Aspekt tritt die Frage, ob die konkrete Anschaffung tatsächlich die wirtschaftlich günstigste Variante darstellte, in den Hintergrund. Im Übrigen tritt die Antragstellerin den Beweis dafür auch gar nicht an, sondern stellt nur in den Raum, dass ohne Einholung von Kostenvoranschlägen davon auszugehen sei, dass die Schneefräse zu einem überhöhten Preis angeschafft worden wäre.
In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass der Wohnungseigentümer, der ein Verfahren zur Überprüfung einer Verwaltungsabrechnung einleitet, die Mängel der Abrechnung nicht nur konkret zu nennen hat, sondern im Rahmen seiner Behauptungspflicht auch die Gründe für den Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit einer Anschaffung darzutun hat. Im konkreten Fall hätte also die Antragstellerin durch Vorlage von Vergleichspreisen nachzuweisen gehabt, dass trotz Dringlichkeit der Anschaffung eine erheblich günstigere Beschaffung eines Geräts derselben Qualität in kürzestem Zeitraum möglich gewesen wäre.
Die bloße Behauptung, eine Ausgabe sei unwirtschaftlich gewesen, führt zu keiner amtswegigen Überprüfungspflicht über die Preisangemessenheit von Anschaffungen des Hausverwalters im Rahmen der ordentlichen Verwaltung.
Zur Aufgliederung der Abrechnung für einzelne Wohnungseigentumsobjekte:
In diesem Zusammenhang verkennt die Revisionsrekurswerberin den Zweck der Abrechnungspflicht des § 20 Abs 3 WEG iVm § 34 WEG. Eine Abrechnung hat sich stets auf die Liegenschaft zu beziehen. Sie hat alle die Liegenschaft betreffenden Geldflüsse zu bezeichnen, alle Einnahmen- und Ausgabenposten detailliert und aufgeschlüsselt anzugeben, damit der einzelne Wohnungseigentümer die ziffernmäßige Richtigkeit kontrollieren kann (vgl 5 Ob 108/93 [iW gleichlautend 5 Ob 109/93] = WoBl 1994/15 [Call] = MietSlg 45.555/33 ua).
Ob als Ergebnis der Abrechnung einzelne Objekte oder aber in Zusammenfassung mehrerer Objekte ein einzelner Wohnungseigentümer gewählt wird, macht keinen Unterschied. Unschwer kann jeder einzelne Wohnungseigentümer, der ja seinen gesetzlichen oder davon abweichenden Verteilungsschlüssel kennt, überprüfen, ob dieser seinem Gesamtanteil an den Aufwendungen entspricht. Das Ergebnis einer Abrechnung, Gutschriften oder Forderungen sind auch den einzelnen Wohnungseigentümern als Trägern von Rechten und Pflichten zuzuordnen, nicht aber Eigentumsobjekten.
Die Zusammenfassung einer Abrechnung für konkrete Wohnungseigentümer anstelle von einzelnen Objekten erweist sich damit als nicht gesetzwidrig.
Zu den Darlehensrückzahlungen:
Wenn ein Hausverwalter gegenüber Wohnungseigentümern zur Abrechnung von (geförderten) Darlehen verpflichtet ist (vgl dazu 5 Ob 41/94 = WoBl 1994/65 [Call]; 5 Ob 1068, 1069/95 = WoBl 1996/94 [Call]), und ein Wohnungseigentümer an einer Verwaltungsabrechnung rügt, die Annuitätenvorschreibungen seien „entgegen den getroffenen Vereinbarungen" erfolgt, geht eine Prüfung dieses Umstands über die im Rahmen einer Verwaltungsabrechnung zu prüfenden Umstände weit hinaus. Kann der Verwalter nachweisen, dass er die Annuitätenrückzahlungen laut der Vorschreibungen des Kreditgebers getätigt hat, hat er seinen Verpflichtungen Genüge getan. Das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Wohnungseigentümer als Kreditnehmer und der finanzierenden Bank bzw der Förderungsgeberin müsste, sollten sich Annuitätenvorschreibungen als unrichtig oder zweifelhaft erweisen, im Rechtsverhältnis des Kreditnehmers und des Kreditgebers geklärt werden.
Nun hat sich das Erstgericht der Aufgabe unterzogen, die Vertragsurkunden beizuschaffen und die daraus resultierende Richtigkeit der einzelnen Annuitätenvorschreibungen zu prüfen. Nach den maßgeblichen Feststellungen hat das Erstgericht die Übereinstimmung der Forderungen mit den dafür bestehenden Vertragsgrundlagen festgestellt. Demgegenüber hält die Revisionsrekurswerberin ihre Ansicht aufrecht, im Rahmen der Prüfung einer Verwalterabrechnung sei die gesamte Abrechnung des Förderdarlehens seit 1988 aufzurollen gewesen, weil nur so sich die Berechtigung der Darlehensteilforderungen überprüfen lasse. Damit verkennt sie das Wesen der Überprüfung einer Verwaltungsabrechnung.
Soweit sie mit ihrer Argumentation gegen die Aussagekraft von Telebanking-Auszügen anscheinend die ziffernmäßige Richtigkeit von Zahlungsflüssen in Frage stellt, wendet sie sich unzulässigerweise gegen die vorgenommene Beweiswürdigung (vgl RIS-Justiz RS0007236). Überdies handelt es sich dabei um unzulässige Neuerungen. Es ist auch nicht erkennbar, warum Telebanking-Auszüge keine Überweisungsbelege darstellen könnten.
Zur Reparaturrechnung H*****
Unabhängig davon, wer zur laufenden Kontrolle und Reinigung der Einsatzkörbe der Regenwasserabflussrohre verpflichtet war, gehört die Reparatur eines dort eingetretenen Schadens zu den Bewirtschaftungskosten der Liegenschaft, wobei Fragen der Verursachung des Schadens keine Rolle spielen (vgl RIS-Justiz RS0069294; Hausmann aaO Rz 13 zu § 6 WEG). Welche Konsequenzen die Wohnungseigentümer daraus ziehen, ob die Geltendmachung von Schadenersatz oder die Enthebung der Hausbesorgerin, gehört nicht zu Fragen der Abrechnungsrichtigkeit.
Damit erweisen sich insgesamt die Ausführungen der Antragstellerin im Revisionsrekurs als unberechtigt.
Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin:
Nach den maßgeblichen Feststellungen hat die Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft in den Jahren 2003 und 2004 aufgrund von Belegen der Hausbesorgerin betreffend von dieser geleisteter Vertretungsentgelte diese an die Hausbesorgerin ausbezahlt, wobei sich erst danach, nämlich im Jahr 2005 für die Antragsgegnerin herausstellte, dass diese Forderungen unberechtigt waren, weil die in Rechnung gestellte Vertretungstätigkeit nicht erbracht worden war.
Während die Antragstellerin die Richtigkeit der Abrechnungen der Jahre 2003 und 2004 unter diesem Aspekt rügt, hält dem die Antragsgegnerin entgegen, dass dies auf die Richtigkeit der seinerzeitigen Abrechnungen keine Auswirkung habe. Stelle sich erst im Nachhinein heraus, dass eine gegen die Eigentümergemeinschaft erhobene und durch entsprechende Unterlagen bekräftigte Forderung nicht zu Recht bestanden habe, mache dies die seinerzeitige Zahlung und Aufnahme in die Bewirtschaftungskosten nicht zu einer pflichtwidrigen Tätigkeit des Hausverwalters. Davon sei die Berechtigung der Eigentümergemeinschaft zur Rückforderung solcher Beträge zu unterscheiden. Die seinerzeitige Abrechnung werde aber dadurch nicht unrichtig.
Dieser Argumentation der Antragsgegnerin ist zu folgen:
Bei der hier aufgeworfenen Frage geht es nicht darum, ob mit einem bloß schlüssigen, rechnerisch richtigen, vollständigen und plausiblen Zahlenwerk der Verpflichtung zur Legung einer richtigen Abrechnung entsprochen wird, was von der Rechtsprechung verneint wird (vgl 5 Ob 187/03z), oder darum, ob ein den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen des Rechtsverhältnisses zwischen Wohnungseigentümer und Hausverwalter entsprechendes Ergebnis der Abrechnung das tatsächlich Geschuldete sein muss, sondern darum, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung maßgeblich ist.
Die vom Gesetz vorgegebene Abrechnungsperiode ist das Kalenderjahr. Binnen sechs Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode ist, wenn nichts anderes vereinbart ist, die Abrechnung jedem Wohnungseigentümer zu übermitteln (§ 34 Abs 1 WEG). Aufgrund der gelegten Abrechnung muss überprüfbar sein, ob durch die faktisch stattgefundenen Geldflüsse und deren ziffernmäßiges Ergebnis die für die Verwaltertätigkeit geltenden Prüfungsmaßstäbe der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erfüllt wurden (vgl WoBl 1994/15 [Call]). Stellt sich daher ex post heraus, dass eine durch gefälschte oder unrichtige Belege nachgewiesene Forderung an die Eigentümergemeinschaft nicht oder nicht in der behaupteten Höhe bestand und daher im Ergebnis zu Unrecht bezahlt wurde, dies aber weder im Zeitpunkt der Zahlung noch der Rechnungslegung für den Verwalter erkennbar war, könnte eine Unrichtigkeit der Abrechnung an sich nur dadurch bewirkt werden, dass dem Verwalter die Unrichtigkeit bei pflichtgemäßem Handeln hätte auffallen müssen. Dann wäre nämlich durch die Abrechnung den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen nicht entsprochen (vgl 5 Ob 167/03z = WoBl 2004/67 [Call]). Nun trifft zwar den Verwalter die Verpflichtung, die Erfüllung der Dienstpflichten des Hausbesorgers zu überwachen, doch ist er dabei auf die Mitwirkung der Wohnungseigentümer angewiesen, die von Missständen naturgemäß unmittelbar Kenntnis erlangen. Nach den maßgeblichen Feststellungen wurde die Antragsgegnerin erst nach Ablauf der in Frage stehenden Abrechnungsperioden darauf hingewiesen, dass Vertretungstätigkeit bei Abwesenheit der Hausbesorgerin nicht geleistet worden war (zur Überwachungspflicht des Hausbesorgers: E. M. Hausmann aaO Rz 68 zu § 20 WEG).
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist daher für den Vorwurf der Unrichtigkeit einer Abrechnung im Zusammenhang mit der Erfüllung von durch Unterlagen (hier von einer Ersatzkraft unterfertigte Honorarforderungen) belegten Forderungen gegen die Eigentümergemeinschaft doch maßgeblich, ob beim Verwalter Bedenken gegen die Richtigkeit der erhobenen Forderung bestehen konnten. Zu Recht weist die Revisionsrekurswerberin darauf hin, dass dieser Fall vergleichbar einer Professionistenrechnung sei, die dem Hausverwalter zur Bezahlung vorgelegt wird, sich später aber als unberechtigt oder überhöht herausstellt. Ergibt also erst eine ex-post-Betrachtung, dass gegen die Eigentümergemeinschaft geltend gemachte und vom Verwalter beglichene Forderungen nicht bestanden, macht dies nicht die Abrechnung als solche unrichtig, sondern lässt Rückforderungsansprüche der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Zahlungsempfänger entstehen. Im konkreten Fall bedeutet das, dass der Eigentümergemeinschaft gegen die Hausbesorgerin ein Rückzahlungsanspruch für jene Beträge zusteht, die sie zu Unrecht als für Vertretungstätigkeit aufgewendete Zahlungen gefordert und erhalten hat. Die Abrechnung der betreffenden Perioden ist aber nicht mit Unrichtigkeit behaftet, weil diese Zahlungen den gesetzlichen Grundlagen des Hausbesorgergesetzes entsprachen.
Wenn das Rekursgericht meint, der Verwalter habe in einem solchen Fall die Abrechnung zu berichtigen, also den Ausgabensaldo als Ergebnis der Abrechnung zu vermindern, würde dies eine Rückzahlung der in Frage stehenden Beträge vom Empfänger voraussetzen. Ansonsten könnte der Abrechnungssaldo nicht dem richtigen Vermögensstand der Eigentümergemeinschaft entsprechen.
Der Antragsgegnerin ist daher als Ergebnis zuzugestehen, dass die von ihr gelegten Abrechnungen der Jahre 2003 und 2004 richtig waren, obwohl sich im Jahr 2005 herausstellte, dass von der Eigentümergemeinschaft zu Unrecht Zahlungen gefordert und geleistet wurden.
Damit erweist sich die Sache als spruchreif, ohne dass auf die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage der Teilbarkeit von Abrechnungsansprüchen für mehrere Abrechnungsperioden eingegangen werden müsste.
Mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe war damit der erstinstanzliche Sachbeschluss zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.
Textnummer
E91686European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00274.08T.0901.000Im RIS seit
01.10.2009Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012