Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Willibald D*****, vertreten durch Mag. Boris Knirsch und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei V***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 13.055,34 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2008, GZ 2 R 174/08k-23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 447,98 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung (darin enthalten 74,66 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Die Revision ist - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken:
Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet nur mehr der Betrag von 5.226,09 EUR, den die Beklagte als Neuwertspanne (di die Differenz zwischen Zeitwert und Wiederherstellungswert) ansieht, und damit zusammenhängend die Frage, ob die in Art 8 Abs 2 lit a Satz 1 und 2 iVm Abs 6 AWB vorgesehene sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel für Gebäude auch für die Behebung von in Art 8 Abs 2 lit a Satz 3 und 4 genannten Bruchschäden an im Gebäude befindlichen Wasserver- und -entsorgungsleitungen gilt oder nicht. Das Berufungsgericht gelangte bei seiner Auslegung zum - von der Beklagten bestrittenen - Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei. Die Lösung dieser Rechtsfrage kann aber dahin gestellt bleiben, weil auch bei Annahme der - von der Beklagten reklamierten - Geltung der Klausel für die Behebung auch von Rohrbruchschäden für sie nichts gewonnen ist.
Das Berufungsgericht hat nämlich zum Zweck derartiger Wiederherstellungsklauseln unter anderem ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer kaum ein Interesse am Weiterbenutzen des - wie hier - von ihm bewohnten Hauses mit lecken Rohrleitungen haben werde, sodass die Verwendung der Versicherungsleistung auch tatsächlich zur Behebung dieses Defekts schon typischerweise indiziert erscheint. Damit wurde erkennbar (nur mit anderen Worten) die Rechtsansicht vertreten, dass die Verwendung des noch strittigen Entschädigungsbetrags zur Wiederherstellung im Sinn des Art 8 Abs 6 Satz 1 AWB (= Punkt 4. Absatz 1 der [zwischen den Streitteilen ebenso vereinbarten] 17T-Sonderbedingung für die Neuwertversicherung von Gebäuden und Einrichtungen, soweit sie industriell oder gewerblich genutzt sind oder Wohn- und Bürozwecken dienen) gesichert ist, sodass die Fälligkeit auch dieses Teils des Entschädigungsbetrags gegeben ist (vgl RIS-Justiz RS0081460, RS0111471).
Die - nach Treu und Glauben zu entscheidende - Frage, ob die Wiederherstellung gesichert erscheint, hängt mangels genauer gesetzlicher (und hier auch vertraglicher) Festlegungen von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich kann lediglich gesagt werden, dass eine hundertprozentige Sicherheit nicht verlangt werden kann, sondern es ausreichen muss, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen (RIS-Justiz RS0112327, RS0119959, RS0081868). Wenn das Berufungsgericht von der ausreichenden Sicherung der widmungsgemäßen Verwendung angesichts der auf Dauer unzumutbaren Baustellensituation im Wohnbereich des Klägers (vgl die Lichtbilder im Gutachten des vom Erstgericht bestellten Sachverständigen) und der bis zum Eintritt des Schadens gegebenen Verwendung der Anlage durch den Kläger ausging, so kann darin nach den dargestellten Kriterien keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erblickt werden.
In der Revision wird deshalb keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E91795European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00035.09M.0902.000Im RIS seit
02.10.2009Zuletzt aktualisiert am
01.03.2011