TE OGH 2009/9/2 7Ob115/09a

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Veröffentlicht am 02.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Versicherung AG *****, vertreten durch Dr. Georg Hesz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Andréewitch und andere Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 16.887,21 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Februar 2009, GZ 4 R 211/08s-26, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. August 2008, GZ 31 Cg 74/07b-20, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, je der beklagten Partei und der Nebenintervenientin die je mit 1.049,04 EUR (darin enthalten 174,84 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision deshalb zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu zwei Rechtsfragen vorliege, nämlich ob das Vertrauen des Geschädigten auf die Auskunft des Händlers nach allgemeinen oder den Grundsätzen des PHG geschützt sei und ob der Händler bei Kenntnis des Herstellers verpflichtet sei, diesen dem Geschädigten zu nennen. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Selbst wenn man von einer Verletzung der Benennungspflicht durch die Beklagte ausginge, führte dies - wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - nicht zu einer Haftung der Beklagten, sodass die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Fragen dahingestellt bleiben können.

Aus § 1304 ABGB ist eine Rettungspflicht des Geschädigten abzuleiten, also eine Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten (RIS-Justiz RS0027116). Die Unterlassung der Schadensminderung kann dem Geschädigten dann vorgeworfen werden, wenn die von ihm unterlassene - zumutbare - Handlung geeignet gewesen wäre, den Schaden zu verringern (RIS-Justiz RS0109225). Grundsätzlich führt nur schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht zur Kürzung der Ansprüche des Geschädigten (RIS-Justiz RS0027062, RS0027116). Nur wenn die Rechtslage nicht unproblematisch ist, ist keine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu erkennen, wenn keine gerichtlichen Schritte unternommen werden (vgl RIS-Justiz RS0018766). Der Geschädigte muss es sich allerdings anrechnen lassen, wenn er einen (zumutbaren) Rechtsbehelf zur Abwendung oder Verringerung des Schadens nicht ergriffen hat (RIS-Justiz RS0026994). Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht schlägt sich im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung nieder, der Geschädigte hat vielmehr die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen (RIS-Justiz RS0124232).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass das auf eine Haftung nach dem PHG gestützte Klagebegehren der Klägerin im Vorprozess gegen die Nebenintervenientin als dortige Beklagte deshalb abgewiesen wurde, weil diese nicht Herstellerin des beschädigten Produkts gewesen sei; die Klägerin habe es unterlassen, die Haftung der Nebenintervenientin auch auf § 1 Abs 2 PHG zu stützen, weil diese nicht innerhalb angemessener Frist den Hersteller bzw den Importeur oder denjenigen genannt habe, der das Produkt geliefert habe. Tatsächlich war der Nebenintervenientin, wie der Klägerin nach dem ihr vorliegenden Sachverhalt bekannt sein musste, eine Verletzung der Benennungspflicht anzulasten. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass daher der Prozessverlust und das Entstehen der Prozesskosten, deren Ersatz hier geltend gemacht wird, durch die Klägerin selbst zu vertreten sei, weil sie kein ausreichendes anspruchsbegründendes Vorbringen im Vorprozess erstattet habe, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur. Die Klägerin hat gegen ihre Rettungspflicht verstoßen. Hätte sie das ihr ohne weiteres mögliche Vorbringen erstattet, so wäre ein Prozessverlust wegen mangelnder Passivlegitimation abzuwenden gewesen, und eine (allfällig) nicht gehörige Benennung des Herstellers durch die Beklagte hätte keinen Schaden herbeigeführt. Diese Argumentation der Vorinstanzen wird in der Revision völlig übergangen. Es werden keine hier erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Revisionsbeantwortungen verweisen beide auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

Anmerkung

E918717Ob115.09a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00115.09A.0902.000

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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