Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerda Hörhan-Weiguni (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter D*****, vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer und Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Juni 2009, GZ 12 Rs 61/09s-13, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Frage, ob der Kläger invalide ist, ist dann nach § 255 Abs 1 ASVG zu beurteilen, wenn er überwiegend in dem von ihm erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker tätig war. Dies ist gemäß § 255 Abs 2 letzter Satz ASVG der Fall, wenn diese Berufstätigkeit in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt wurde. Wie bereits das Berufungsgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 10 ObS 418/02x = SSV-NF 17/27; 10 ObS 15/89 = SSV-NF 3/17 mwN) dargelegt hat, sind Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung (hier: Zeiten einer Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung gemäß § 19a ASVG) zwar bei der Feststellung, ob ein Beruf überwiegend ausgeübt wurde, mitzuberücksichtigen, sie können aber nicht als Beitragsmonate gewertet werden, in denen eine (die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründende) Tätigkeit ausgeübt wurde, und zwar gleichgültig, ob eine und allenfalls welche Tätigkeit in dieser Zeit tatsächlich ausgeübt wurde. Zeiten einer freiwilligen Versicherung können daher nicht als Zeiten einer Berufsausübung in einem erlernten oder angelernten Beruf gewertet werden, weil während einer freiwilligen Versicherung überhaupt kein versicherungspflichtiger Beruf ausgeübt wird (vgl in diesem Sinne auch die weiteren Judikaturnachweise in RIS-Justiz RS0085116 zum Tätigkeitsschutz).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag unbestritten insgesamt 85 Beitragsmonate nach dem ASVG erworben, und zwar 32 Beitragsmonate der Pflichtversicherung (= 31 Beitragsmonate als Kfz-Mechaniker und ein Beitragsmonat für eine Umschulung im Rahmen des AMFG) sowie 53 Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung. Es liegt daher im Sinne der dargestellten Rechtslage und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine überwiegende Ausübung der vom Kläger erlernten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker im maßgebenden Beobachtungszeitraum des § 255 Abs 1 und 2 ASVG nicht vor, weshalb sich der Kläger gemäß § 255 Abs 3 ASVG auf die ihm noch zumutbaren Tätigkeiten eines Tischmontage- und Verpackungsarbeiters sowie eines Portiers verweisen lassen muss.
Auch der Umstand, dass der Kläger während der Zeit seiner Selbstversicherung gemäß § 19a ASVG eine geringfügige Beschäftigung als Reinigungskraft im Ausmaß von 1,5 h wöchentlich ausgeübt hat, vermag an diesem Ergebnis schon deshalb nichts zu ändern, weil es sich dabei um keine versicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat. Dem Kläger ist daher zwar darin beizupflichten, dass in seinem Fall nicht die Ausübung der geringfügigen Beschäftigung als Reinigungskraft zum Verlust des Berufsschutzes geführt hat, es liegt bei ihm jedoch eine überwiegende Ausübung des erlernten Berufs als Kfz-Mechaniker im Hinblick auf die von ihm im maßgebenden Beobachtungszeitraum erworbenen 53 Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung nicht vor. Er kann daher den von ihm angestrebten Berufsschutz nach § 255 Abs 1 ASVG nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der Erwerb weiterer Versicherungszeiten, der im Belieben des Versicherten steht (sei es durch Weiterarbeit, sei es durch Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung), in der Regel dazu führt, dass die Versicherungsleistung überhaupt erst ermöglicht oder zumindest der Höhe nach verbessert wird (vgl 10 ObS 225/90 = SSV-NF 4/87 ua). Im vorliegenden Fall ergibt sich, worauf die beklagte Partei bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen hat, aus dem vom Erstgericht verlesenen Anstaltsakt, dass der Kläger die für die von ihm begehrte Pensionsleistung erforderliche Wartezeit erst durch den Erwerb der Beitragsmonate in der freiwilligen Versicherung (Selbstversicherung) erfüllt hat. Für die vom Kläger im Ergebnis daher begehrte Berücksichtigung der von ihm erworbenen freiwilligen Versicherungszeiten nur bei der Erfüllung der Wartezeit, nicht jedoch bei der Frage der überwiegenden Ausübung einer erlernten Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 2 letzter Satz ASVG bietet das Gesetz keine Grundlage.
Da die Entscheidung des Berufungsgerichts somit im Einklang mit der zitierten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht, war die außerordentliche Revision mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Textnummer
E91936European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:010OBS00133.09W.0908.000Im RIS seit
08.10.2009Zuletzt aktualisiert am
21.03.2011