TE OGH 2009/9/8 1Ob143/09z

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Veröffentlicht am 08.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Chantal Gabrielle B*****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Herwig B*****, vertreten durch Dr. Johannes Reich-Rohrwig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung (hier: Ordnungsstrafe), infolge Rekurses des Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (als Rekursgericht) vom 24. Februar 2009, AZ 44 R 379/07x, 380/07v, 381/07s, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Beschlüsse des Rekursgerichts, mit denen den Rekursen des Beklagten gegen vom Erstgericht verhängte Ordnungsstrafen nicht Folge gegeben worden war, sind in Rechtskraft erwachsen. Der Beklagte erhob dagegen beim Rekursgericht einen Antrag auf Wiederaufnahme des Rekursverfahrens - hilfsweise eine „Nichtigkeitsbeschwerde" wegen „absoluter Nichtigkeit des Verfahrens" - mit denen er - wegen einer behaupteten Befangenheit des Erstrichters - begehrte, die Entscheidungen des Rekursgerichts ersatzlos aufzuheben, in eventu dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. Das Rekursgericht wies den Wiederaufnahmeantrag sowie die „Nichtigkeitsbeschwerde" zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Ein Antrag auf Wiederaufnahme sei zwar grundsätzlich auch gegen Beschlüsse zulässig, jedoch nur wenn damit eine Sache endgültig entschieden werde. Verfahrensrechtliche Zwischenentscheidungen und prozessleitende Beschlüsse könnten nicht Gegenstand eines Wiederaufnahmeantrags sein, insbesondere nicht die Verhängung von Ordnungsstrafen über eine Partei. Ein Revisionsrekurs sei unzulässig, weil einerseits nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erforderlich gewesen sei und andererseits der Entscheidungsgegenstand den Wert von 4.000 EUR nicht übersteige.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel des Beklagten ist unzulässig.

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ist die Wertgrenze des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO hier ohne Bedeutung, weil diese auf Ordnungsstrafen nicht anzuwenden ist (vgl nur die Judikaturnachweise bei Kodek in Rechberger³ § 528 ZPO Rz 16). Zur Entscheidung über den Rekurs gegen die Zurückweisung einer Nichtigkeitsklage durch ein Gericht zweiter Instanz, das gemäß § 532 Abs 1 ZPO darüber in erster Instanz entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof zuständig (RIS-Justiz RS0044587). Analog § 535 ZPO unterliegt die Anfechtbarkeit der in einem solchen Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmeverfahren gefassten Beschlüsse denselben Beschränkungen wie die Anfechtbarkeit der von diesem Gericht als Rechtsmittelinstanz gefassten Beschlüsse (9 ObA 117/87; weitere Nachweise bei Kodek aaO § 535 ZPO Rz 1). Es gelten somit auch die Rekursbeschränkungen der §§ 519 und 528 ZPO. Damit wäre ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn die Entscheidung von einer im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhinge, was jedoch nicht der Fall ist. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht es der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass die Bestimmungen der ZPO über die Wiederaufnahme - Gleiches muss für die Nichtigkeitsklage gelten - nur auf verfahrensbeendende Entscheidungen anzuwenden sind, gleichgültig ob die Entscheidung in Form eines Urteils oder eines Beschlusses ergangen ist. Dies trifft auf die Verhängung einer Ordnungsstrafe über eine Partei nicht zu, da damit die Sache, nämlich das mit der Klageführung verfolgte Rechtsschutzbegehren, nicht erledigt wird. Anders als gegen verfahrensbeendende Beschlüsse ist daher gegen einen derartigen Beschluss, der nur eine verfahrensrechtliche „Zwischenentscheidung" bildet, eine Wiederaufnahmsklage (bzw ein Wiederaufnahmsantrag) oder eine Nichtigkeitsklage nicht zulässig (9 ObA 102/95).

Die Rechtsmittelausführungen bieten keinen Anlass, von dieser Auffassung abzugehen. Auch wenn es (rechtspolitisch) durchaus im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers läge, die Zulässigkeit eines Wiederaufnahme- oder Nichtigkeitsantrags auch für bestimmte Zwischenbzw Nebenentscheidungen anzuordnen, besteht doch kein Zweifel daran, dass mit der in § 529 Abs 1 und § 530 Abs 1 ZPO verwendeten Formulierung „eine die Sache erledigende Entscheidung" nur Entscheidungen über den Hauptgegenstand des Verfahrens gemeint sind. Dies wird auch durch die jüngeren gesetzgeberischen Aktivitäten bestätigt. Bei der Erlassung des neuen Außerstreitgesetzes wurde in § 73 Abs 1 AußStrG festgelegt, dass der - mit diesem Gesetz neu geschaffene - Abänderungsantrag nur bei Beschlüssen möglich ist, mit denen „über die Sache" entschieden wurde. Auch hier ist mit der „Sache" der Hauptgegenstand des (außerstreitigen) Verfahrens gemeint (vgl dazu nur Fucik/Kloiber, § 73 AußStrG Rz 1), womit klargestellt wurde, dass andere Beschlüsse, die diesen Hauptgegenstand nicht betreffen, den gesetzlichen Regelungen über das Abänderungsverfahren nicht unterliegen.

Da die Entscheidung somit nicht von der Lösung einer im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt, ist das Rechtsmittel des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E919821Ob143.09z

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2009/708 S 439 - Zak 2009,439XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00143.09Z.0908.000

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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