Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Fatmir D***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. April 2009, GZ 13 Hv 17/09i-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Fatmir D***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er im Zeitraum Mai 2008 bis 10. Oktober 2008 in Graz vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er rund 1.460 Gramm diacethylmorphinhältiges Heroin (Reinheitsgehalt 28 %; US 4) an Haxhi H*****, Artur A***** und Jochen S***** mit Gewinnaufschlag verkaufte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt. Im Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. April 2009 findet sich folgender Absatz:
„Gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO wird einvernehmlich der gesamte Akteninhalt dargestellt, wenn auch nur kursorisch" (ON 59/S 9). Aus Z 3 behauptet die Beschwerde nun einen Verstoß gegen § 271 Abs 1 Z 5 StPO, weil aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung nicht hervorgehe, welche konkreten Schriftstücke verlesen oder vorgetragen worden seien. Sie verfehlt jedoch das Anfechtungsziel, weil mit Nichtigkeit nur bedroht ist, wenn überhaupt kein Protokoll geführt wird. Allfällige Protokollierungsmängel können hingegen aus Z 3 nicht geltend gemacht werden; dagegen steht nur ein Berichtigungsanstrag offen (§ 271 Abs 7 StPO; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 262). Dem weiteren Vorbringen zuwider geht bei verständiger Leseart aus dem oben zitierten Hauptverhandlungsprotokoll mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die Parteien der Verlesung der Akten in Form eines auf deren erheblichen Inhalt beschränkten Vortrags durch den Vorsitzenden im Sinn des § 252 Abs 2a StPO zugestimmt haben. Es lag somit ein unter dem Aspekt der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO zulässiger Vortrag vor (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 262). Nach dem unbekämpft gebliebenen Protokoll ist auf diese Weise der gesamte Akteninhalt in der Hauptverhandlung vorgekommen; dieser stand dem Erstgericht daher zur Begründung des Schuldspruchs unbeschränkt zur Verfügung, weshalb von einer offenbar unzureichenden Urteilsbegründung keine Rede sein kann (Z 5 vierter Fall; RIS-Justiz RS0111533). Unerfindlich bleibt schließlich im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Auflistung angeblich nicht verlesener Aktenbestandteile, aus welchem Grund ein Protokoll der (aktuellen) Hauptverhandlung verlesen werden sollte. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9182915Os103.09zEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00103.09Z.0909.000Zuletzt aktualisiert am
21.10.2009