Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Mag. Ralph K*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, wegen grundbücherlicher Eintragungen ob der EZ *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. März 2009, AZ 4 R 301/08a, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 19. August 2008, TZ 13.661/08, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Liegenschaft EZ *****, zu deren Gutsbestand insbesondere das Grundstück 1132/2 gehört, steht im bücherlichen Alleineigentum des Antragstellers. Die Liegenschaft weist nachstehende, im Revisionsrekursverfahren noch relevante bücherliche Belastung zu C-LNR 1a auf: Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges über Grundstück 1132/2 gemäß § 8 Kaufvertrag vom 23. Juli 1970, unter anderem (soweit hier entscheidungswesentlich) für das Grundstück 1130/3 (derselben KG).
Der Antragsteller begehrte mit seinem Gesuch vom 18. Juli 2008 bei seiner oben genannten Liegenschaft unter anderem die Teillöschung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrwegs in C-LNR 1, berief sich auf eine Löschungserklärung und verwies auf eine Freigabebestätigung für das im Archivium - Dokumentenarchiv der österreichischen Rechtsanwälte gespeicherte Original.
Dem vom Erstgericht erstellten Ausdruck der im Urkundenarchiv gespeicherten Löschungserklärung vom 13. November 1996 ist im Punkt 2. zu entnehmen, dass der Voreigentümer der herrschenden Liegenschaft im Verfahren „25 C 1/96d“ (ohne Angabe des Gerichts) schuldig erkannt worden sei, alle jene Handlungen und Erklärungen vorzunehmen, die zur Durchführung der Löschung der Dienstbarkeitsbelastung „im Ausmaß der durch den Grundstückslinienzug der Vermessungspunkte 19-22-5-14 begrenzten Fläche der Liegenschaft der Grundstücksnummer 1132/2“ erforderlich sind. Punkt 3. der Erklärung lautet - soweit hier relevant - wie folgt: „Die Rechtsnachfolger [des Voreigentümers] verzichten nunmehr auf die Ausübung der Grunddienstbarkeit des Geh- und Fahrweges über das Grundstück 1132/2, jedoch nur in jenem Ausmaß, die der Voreigentümer [...] im Verfahren 25 C 1/96d diese Verpflichtung zur Durchführung der Löschung der Dienstbarkeitsbelastung übernommen hat. Im beiliegenden Plan, welcher einen integrierenden Bestandteil dieser Löschungserklärung bildet, ist jener Teil des Grundstückes1132/2, auf welcher sich der Verzicht auf die Ausübung des Dienstbarkeitsrechtes der [Rechtsnachfolger des Voreigentümers] bezieht, gelb eingezeichnet.“ Punkt 4. enthält eine entsprechende Aufsandungserklärung, wonach die ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeit erteilt wird, „jedoch nur im Ausmaß der gelb eingezeichneten Fläche des Grundstückes 1132/2, wie sich dies aus dem beiliegenden Plan ergibt“. Im Ausdruck des der Löschungserklärung angeschlossenen Plans ist keine färbig eingezeichnete Fläche ersichtlich. Es sind zwar gerade noch die Vermessungspunkte 5, 14, 19 und 22 lesbar, diese sind jedoch nur zwischen den Punkten 14 und 19, 19 und 22 sowie 22 und 5 durch gerade Linien verbunden; eine solche geradlinige Verbindung („Grundstückslinienzug“) fehlt aber zwischen den Punkten 5 und 14, vielmehr sind sie nur über zwei nicht bezeichnete Eckpunkte verbunden.
Das Erstgericht wies das betreffende Begehren ab. Die Teillöschung der Dienstbarkeit könne nicht erfolgen, weil Servituten als unteilbar gehalten und die grundbücherliche Anmerkung einer vertragsmäßigen Änderung in der Ausübung einer einverleibten Dienstbarkeit unzulässig sei. Laut der elektronisch übermittelten Löschungserklärung beziehe sich der Verzicht auf einen gelb eingezeichneten Grundstücksteil, der aber aus dem Plan nicht ersichtlich sei, sodass gegen § 12 Abs 2 GBG verstoßen werde.
Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung insoweit. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts stelle die in den §§ 844 ff ABGB normierte Unteilbarkeit von Servituten allerdings kein Hindernis für die begehrte Teillöschung dar. Diese Unteilbarkeit bedeute nämlich nicht, dass die Eigentümer eines von mehreren herrschenden Grundstücken nicht auf die Ausübung der Dienstbarkeit mit Wirkung nur für eines der herrschenden Grundstücke ganz oder teilweise verzichten könnten. Dennoch könne die begehrte Teillöschung nicht bewilligt werden, weil keine ausreichend genaue Beschreibung der räumlichen Grenzen der Einschränkung der Dienstbarkeit vorliege, da eine gelbe Markierung der übermittelten Urkunde (= Plan) nicht entnommen werden könne. Die räumliche Begrenzung ergebe sich auch nicht aus der Anführung der Vermessungspunkte 19-22-5-14, weil sich die Verzichtserklärung ausdrücklich (nur) auf eine im Plan gelb eingezeichnete Fläche beziehe. Abgesehen davon seien im Plan zwar die genannten Vermessungspunkte 19, 22, 5 und 14 (gerade noch) erkennbar, teilweise (nämlich zwischen den Punkten 5 und 14) sei dort jedoch keine direkte, gerade Verbindungslinie eingezeichnet, sodass sich daraus der Bereich des Grundstücks, auf dessen Benützung im Rahmen der Dienstbarkeit verzichtet werde, nicht mit der nötigen Eindeutigkeit ergebe. Der Hinweis darauf, dass ein Scannen in Farbe wegen der Größe des Dokuments (alle Seiten in Farbe) nicht möglich sei und „die Übermittlung eines zu großen Dokumentes zum Systemabsturz des ERV“ führe, bilde kein taugliches Argument dafür, dass die begehrte Eintragung aufgrund einer insoweit mangelhaften Urkunde bewilligt werden dürfte.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei unter anderem zulässig, weil Judikatur des Höchstgerichts zur Frage, wie vorzugehen sei, wenn „nur“ eine Schwarz/Weiß-Kopie eingescannt, im Original der Urkunde der Verlauf einer (Einschränkung einer) Dienstbarkeit aber farblich dargestellt werde, nicht vorliege.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, der Oberste Gerichtshof wolle den Beschluss des Rekursgerichts im angefochtenen Umfang „aufheben“. Er schließt sich der Argumentation des Rekursgerichts zur Zulässigkeit des Rechtsmittels an und macht geltend, aus der Löschungserklärung ergebe sich genau der Spruch des Löschungsurteils (der die Messpunkte nenne) und die Übernahme der Verpflichtung durch die Rechtsnachfolger, in deren Beilage die Fläche gelb gekennzeichnet worden sei. Es sei daher leicht erschließbar, dass „der Urteilsspruch und die gelbe Fläche ident“ seien und sein sollten. Daher könnte die Einverleibung der Teillöschung bewilligt werden. Dass das Archivium keine Farben verarbeiten könne, dürfe dem Antragsteller nicht zur Last fallen. Da kein Fehler der Partei vorliege, zum Zeitpunkt der Erstellung der Urkunde die technische Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen sei und eine Abweisung „dem Vertrauensgrundsatz widersprechen“ würde, müsse das Gericht von sich die Vorlage der Originalurkunde von Amts wegen auftragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) Ausspruch des Rekursgerichts - wegen (nunmehrigen) Vorliegens entsprechender Judikatur nicht zulässig. Die Begründung des Rekursgerichts in der Sache ist hingegen zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen und die Bestätigung wie folgt kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) zu begründen:
1. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst ausgesprochen: Wenn sich der räumliche Umfang der Dienstbarkeit aus der farblichen Darstellung der Begrenzung in einem Lageplan ergibt, bildet die in einem Urkundenarchiv im Sinn des § 91c GOG eingestellte elektronische Schwarz/Weiß-Kopie dieses Lageplans keine taugliche Eintragungsgrundlage (5 Ob 37/09s = Zak 2009/423 S 272). Das gilt naturgemäß auch für die planliche Darstellung der räumlichen Einschränkung einer einverleibten Grunddienstbarkeit.
Bei dem im Revisionsrekurs angeregten Verweis (offenbar im Sinn von §§ 5, 12 Abs 2 GBG) „auf das Urteil 25 C 1/96d des BGZ Graz“ wird sowohl übersehen, dass diese Entscheidung dem Grundbuchsgesuch als Urkunde gar nicht beigelegt wurde, als auch, dass in der Löschungserklärung (mehrfach) zwar eine Geschäftszahl, nicht aber ein erkennendes Gerichts genannt ist.
2. Gemäß § 93 GBG ist der Zeitpunkt, in dem ein Ansuchen beim Grundbuchsgericht einlangte, für dessen Beurteilung maßgebend, was auch für das Rekursgericht und den Obersten Gerichtshof gilt (RIS-Justiz RS0061117, RS0049588); nachträgliche Gesetzesänderungen sind nicht zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0061138 [T1] = 5 Ob 30/80). Es kommt somit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einlangens - hier: 31. Juli 2008 - an (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 93 Rz 16). Daher haben die Bestimmungen des GBG in der Fassung vor der Grundbuchsnovelle 2008 Anwendung zu finden.
Eine Beseitigung von Formgebrechen nach § 82a GBG kam daher (noch) nicht in Frage. Die gerichtliche Aufforderung, ein Grundbuchsgesuch durch Nachbringung nicht angeschlossener Beilagen zu verbessern, war deshalb im Hinblick auf § 95 Abs 1 GBG unzulässig (RIS-Justiz RS0105967 = 5 Ob 2249/96p; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 95 Rz 8 und 12).
Textnummer
E92005European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00101.09B.0915.000Im RIS seit
15.12.2009Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012