Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Jan K*****, vertreten durch Robert Knoll, dieser vertreten durch Mag. Michaela Schinnagl, beide Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegnerin Marion F*****, vertreten durch Mag. Angelika Prüfling, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Februar 2009, GZ 39 R 25/09d-19, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil der Antragsteller keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MRG) aufzuzeigen vermag.
1. Die Frage, ob sich aus einem Rechtsschutzbegehren in einer auch für die Parteien klaren und eindeutigen Weise ergibt, welches Rechtssubjekt vom Kläger belangt werden sollte, richtet sich nach den Umständen des jeweils zu beurteilenden Einzelfalls und bildet daher grundsätzlich keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0114709); auch die Auslegung außerstreitiger Anträge ist einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0041192 [T2], RS0042828 [T10] = RS0044273 [T52]).
1.1. Der Oberste Gerichtshof hat zwar ausgesprochen, dass im neuen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren in den Fällen, in denen sich der Antrag seinem Sachvorbringen nach eindeutig gegen eine Person in ihrer bestimmten Eigenschaft richtet, eine jederzeitige Änderung der ursprünglich unrichtig bezeichneten Partei ohne formelle Beschlussfassung darüber zulässig ist (5 Ob 93/07y = RIS-Justiz RS0113769 [T2]), allerdings auch betont, dies gelte jedenfalls (nur) in jenen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, für die nicht eine sukzessive Zuständigkeit der Gerichte nach vorheriger Anrufung der Schlichtungsstelle (§§ 39, 40 MRG) vorgesehen sei und keine Identität der „Sache" vorliegen müsse (was jedoch hier der Fall ist).
Der Antragsteller strebt im Übrigen - trotz Erörterung der Problematik durch das Erstgericht - gar keinen (sofortigen) Austausch der von ihm (irrtümlich) namentlich bezeichneten Antragsgegnerin gegen den Fruchtnießer (als den tatsächlichen Vermieter) an, weshalb die Verweigerung der Berichtigung der Parteienbezeichnung schon deshalb keine unvertretbare Beurteilung darstellt (vgl RIS-Justiz RS0107428 [T2]).
1.2. Vielmehr reklamiert der Antragsteller die zusätzliche Beiziehung „auch" des Fruchtnießers, also die Führung des gerichtlichen Verfahrens sowohl gegen die Wohnungseigentümerin als auch gegen den Fruchtnießer als potentielle Vermieter, weil ihm selbst offenbar unklar blieb, wer sein Mietvertragspartner ist. Damit soll die Wahl des tatsächlich passiv legitimierten Antragsgegners offensichtlich dem Gericht überlassen werden, um sich selbst nicht bindend für einen der beiden möglichen Vermieter entscheiden zu müssen. Die Bezeichnung des Gegners, gegen den das Rechtsschutzbegehren gerichtet ist, kann aber nicht bedingt erfolgen (RIS-Justiz RS0039602), was nicht nur im Zivilprozess gilt, sondern auch im Verfahren außer Streitsachen (7 Ob 331/98x).
1.3. In der Ablehnung der (zusätzlichen) Beiziehung des Fruchtnießers durch die Vorinstanzen kann daher keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erblickt werden.
2. Der Vorwurf im Revisionsrekurs, entgegen § 14 AußStrG habe weder eine Erörterung stattgefunden noch sei dem Antragsteller eine Klarstellung ermöglicht worden, erweist sich im Hinblick auf den Inhalt des Protokolls über die Tagsatzung vom 22. Oktober 2008 als aktenwidrig.
3.1. Den Verfahrensmangel erheblicher Bedeutung, den der Antragsteller in der unterbliebenen Aufklärung der Frage erblickt, ob nicht auch die Antragsgegnerin vom Fruchtnießer das Recht erhalten habe, Mietverträge abzuschließen, hat bereits das Rekursgericht verneint. Ein verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann aber keinen Revisionsrekursgrund bilden (vgl RIS-Justiz RS0050037; RS0030748).
3.2. Im Übrigen liegt auch keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung vor, weil der gerichtlichen Erhebungspflicht durch die Mitwirkungspflicht der Parteien Grenzen gesetzt sind (vgl RIS-Justiz RS0070480, RS0070415). Der Untersuchungsgrundsatz enthebt in jenen Verfahren, die - wie das vorliegende - nur über Antrag einzuleiten sind, die antragstellende Partei nicht ihrer Verpflichtung, das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen für den Antrag zu behaupten (RIS-Justiz RS0117902 [T1], RS0124141). Der Antragsteller hat aber gar nicht behauptet, der Antragsgegnerin sei vom Fruchtnießer das Recht eingeräumt worden, Mietverträge abzuschließen, sondern dies als bloße Möglichkeit in den Raum gestellt. In der Verneinung einer Untersuchungspflicht des Erstgerichts nach § 16 Abs 1 AußStrG unter diesen konkreten Umständen des Einzelfalls ist daher kein aufzugreifender Rechtsirrtum zu erblicken.
4. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist daher wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MRG) unzulässig und zurückzuweisen.
Textnummer
E92004European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00108.09G.0915.000Im RIS seit
15.10.2009Zuletzt aktualisiert am
25.09.2012