Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Brigitte F*****, vertreten durch Dr. Michael Bauer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Hans L*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Buchmüller GmbH in Altenmarkt im Pongau, wegen 132.237,11 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Juli 2009, GZ 4 R 99/09z-7, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Das Landesgericht Leoben hat bereits mit Beschluss vom 21. 11. 2008 zu GZ 16 Hr 227/08i „gemäß § 115 Abs 1 Z 3 erster Fall und Abs 2 StPO" dem Beklagten als Liegenschaftseigentümer verboten, unter anderem auch vom gegenständlichen Sicherungsbegehren gemäß § 379 Abs 2 Z 1 EO erfasste Liegenschaften zu belasten, zu veräußern oder zu verpfänden.
Die Vorinstanzen haben dem Beklagten zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung des Klagsbetrags ebenfalls die Veräußerung oder Belastung dieser Liegenschaften bis einen Monat nach Rechtskraft der Entscheidung über diesen Rechtsstreit verboten.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Strafprozessordnungsreform 2004 ausgeführt, ein nach § 144a StPO erlassenes Belastungs- und Veräußerungsverbot stehe dem Rechtsschutzinteresse eines Privatgläubigers des von einer solchen einstweiligen Verfügung Betroffenen an der Erlassung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots nach § 379 EO nicht entgegen (6 Ob 196/04y EvBl 2005/101). § 144a StPO sah vor, dass der Untersuchungsrichter auf Antrag des Staatsanwalts zur Sicherung der Abschöpfung der Bereicherung eine einstweilige Verfügung zu erlassen hatte, wenn zu befürchten war, dass andernfalls die Einbringung gefährdet oder wesentlich erschwert würde. Für diese einstweilige Verfügung galten subsidiär die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sinngemäß. Als Sicherungsmittel kam gemäß § 144a Abs 2 Z 4 StPO unter anderem das gerichtliche Verbot der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung von Liegenschaften oder Rechten, die in einem öffentlichen Buch eingetragen waren, in Betracht.
Nach § 115 Abs 1 Z 3 erster Fall StPO in der Fassung der Strafprozessordnungsreform 2004, auf den sich das Landesgericht Leoben hier im Beschluss vom 21. 11. 2008 ausdrücklich gestützt hat, ist eine Beschlagnahme unter anderem zulässig, wenn die sichergestellten Gegenstände voraussichtlich dazu dienen werden, eine gerichtliche Entscheidung auf Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StPO) zu sichern, deren Vollstreckung andernfalls gefährdet oder wesentlich erschwert würde. Abs 4 ordnet an, dass für eine Beschlagnahme unter anderem durch Belastungs- und Veräußerungsverbot die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sinngemäß gelten.
Damit hat sich für den vorliegenden Fall insoweit durch die Strafprozessordnungsreform 2004 nichts geändert, sodass eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO in diesem Zusammenhang nicht vorliegt.
2. Nach § 115 Abs 1 Z 2 StPO neu ist eine derartige Beschlagnahme nunmehr außerdem zulässig, wenn die sichergestellten Gegenstände voraussichtlich privatrechtlichen Ansprüchen (§ 367 StPO) unterliegen. Der Beklagte meint in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs, insoweit erfülle die strafrechtliche Beschlagnahme nunmehr den Sicherungszweck des § 379 EO, sodass „im Falle der strafgerichtlichen Sicherung aufgrund der neuen Rechtslage kein zusätzliches Sicherungsbedürfnis der gefährdeten Partei im Sinne des § 379 Abs 2 Z 1 EO mehr besteht".
Abgesehen davon, dass das Landesgericht Leoben sich bei Erlassung seiner Beschlagnahmeanordnung nicht auf § 115 Abs 1 Z 2 StPO bezogen hat, kann das Gericht nach § 367 Abs 1 StPO, der durch die Strafprozessordnungsreform 2004 inhaltlich unverändert geblieben ist, eine Sache, von der es sich überzeugt hat, dass sie dem Opfer gehört, und welche unter den Habseligkeiten des Angeklagten, eines Mitschuldigen oder eines Teilnehmers an der strafbaren Handlung oder an einem solchen Ort gefunden worden ist, dem Opfer ausfolgen. § 367 StPO regelt damit die Rückstellung entzogener körperlicher Sachen, die in natura noch vorhanden sind, bezieht sich jedoch nicht auf Gegenstände, die mit durch die Straftat gewonnenem Geld erworben worden waren (Spenling in WK-StPO § 367 Rz 5 mwN).
Die Klägerin wirft dem Beklagten Veruntreuung von Anlagegeldern in Höhe des Klagsbetrags vor. Dass die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften Objekt einer (angeblichen) Straftat des Beklagten gewesen wären, behaupten die Parteien jedoch nicht; im Übrigen stehen die Liegenschaften nicht im Eigentum der Klägerin. Damit nimmt die Beschlagnahmeanordnung des Landesgerichts Leoben vom 21. 11. 2008 der Klägerin entgegen der im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretenen Auffassung nicht die Möglichkeit, gemäß § 379 Abs 2 Z 1 EO eine Sicherung ihres Anspruchs durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu erwirken.
3. Die Vorinstanzen haben im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten eine Gefährdung der Klägerin bejaht; der Beklagte zeigt insoweit in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs keine dieses Verfahren an Bedeutung übersteigende Rechtsfrage auf.
Textnummer
E92073European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00168.09P.0918.000Im RIS seit
18.10.2009Zuletzt aktualisiert am
12.01.2011