TE OGH 2009/9/22 11Os112/09v

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Veröffentlicht am 22.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. September 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Dr. Walcher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jürgen E***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 28. Mai 2009, GZ 36 Hv 9/09t-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Hora zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Jürgen E***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Anita F***** als Mittäter in Z***** durch Einbruch fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, der Hedwig A*****

1. am 3. Mai 2008 200 Euro weggenommen, indem er ein Kellerfenster öffnete, durch dieses in das Haus der Hedwig A***** einstieg und der Anita F***** das Schlafzimmerfenster im 2. Stock öffnete, sodass diese mit einer Leiter durch das Fenster ins Haus einsteigen konnte,

2. in zumindest zwei Angriffen wegzunehmen versucht, indem er am 28. Juli 2008 trachtete, Sessel zusammenzustellen, um zum Schlafzimmerfenster zu gelangen, mit einer Stange das Schlafzimmerfenster zu öffnen und das Kellerfenster mit Fußtritten zu öffnen, sowie am 30. Juli 2008 anstrebte, mit einer Stange das Kellerfenster zu öffnen und unter Einsatz von verschiedenen Schraubenziehern die Eingangstüre aufzubrechen, wobei sämtliche Versuche fehl schlugen,

gemäß § 259 Z 1 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jürgen E***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls „zum Vorteil der Anita F*****" nach §§ 127, 129 Z 1, 130 „zweiter Satz, zweiter Fall" und 15 StGB „in Verbindung mit § 166 Abs 1 und 2 StGB" schuldig erkannt.

Danach hat er in Z***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der aus dem Grunde des § 166 StGB außer Verfolgung gesetzten Anita F***** als Mittäter durch Einbruch fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, Anita F***** durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, dieser durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, der Hedwig A***** Bargeld

1./ im Zeitraum zwischen 21. April 2008 und 2. Mai 2008 weggenommen, indem er ein Kellerfenster öffnete, durch dieses in das Haus der Hedwig A***** einstieg und der Anita F***** das Schlafzimmerfenster im zweiten Stock öffnete, sodass diese mit einer Leiter durch das Fenster ins Haus einsteigen und 200 Euro an sich nehmen konnte; 2./ wegzunehmen versucht, indem er am 28. Juli 2008 beim Haus der Hedwig A***** versuchte, Sessel zusammenzustellen, um zum Schlafzimmerfenster zu gelangen, mit einer Stange das Schlafzimmerfenster und mit Fußtritten das Kellerfenster zu öffnen, sowie am 30. Juli 2008 trachtete, mit einer Stange das Kellerfenster zu öffnen und unter Einsatz von verschiedenen Schraubenziehern die Eingangstüre aufzubrechen, wobei sämtliche Versuche fehlschlugen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten.

Das Schöffengericht stellte - kurz zusammengefasst - fest, dass Anita F*****, die Enkelin der Hedwig A*****, den Plan fasste, in das Haus ihrer Großmutter einzubrechen, um sich Bargeld zu verschaffen. Zur Umsetzung ihres Plans wandte sie sich an ihren damaligen Freund, den Angeklagten, der ihr half, in drei Angriffen zwischen 21. April 2008 und 30. Juli 2008 in das Haus zu gelangen bzw dies zu versuchen. Jürgen E***** wollte (entgegen der Annahme der Anklage ON 5) selbst aus den Diebstählen keinen Vorteil ziehen, sondern handelte bloß zum Vorteil der Anita F*****. Tatsächlich erhielt er auch selbst nichts von dem Geld „und hatte davon auch keinen wirtschaftlichen Vorteil, weil er mit seiner Freundin nicht zusammenlebte" (US 4 f). Die Feststellungen weisen nicht darauf hin, dass er einen Vorteil im Sinn einer bloß ideellen Interessenbefriedigung erlangte oder - was insbesondere für den Versuchsfall von Bedeutung ist (Punkt 2 der Anklage) - einkalkulierte (11 Os 101/89; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 166 Rz 28 f; Rainer SbgK § 166 Rz 28).

Zutreffend zeigt die Staatsanwaltschaft auf, dass die bestimmte Straftaten im Familienkreis privilegierenden Vorschriften des § 166 Abs 1 und Abs 3 StGB nach der Sonderbestimmung des § 166 Abs 2 StGB auch auf alle anderen Tatbeteiligten anzuwenden sind, die an der Tat bloß zum Vorteil des privilegierten Familienangehörigen mitgewirkt haben (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 166 Rz 24 und 27 ff). Im vorliegenden Fall fanden - den getroffenen Feststellungen folgend - die von Jürgen E***** unterstützten (teilweise bloß versuchten) Einbruchsdiebstähle allein im Interesse der als Enkelin der Geschädigten privilegierten Anita F***** statt, weshalb E***** - wie sowohl von der Beschwerdeführerin aufgezeigt als auch vom Schöffengericht letztlich erkannt (US 7) - mangels eines Verfolgungsantrags der Geschädigten (§ 166 Abs 3 StGB) rechtsrichtig von der gegen ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 1 StPO freizusprechen gewesen wäre.

Es erübrigt sich damit ein Eingehen auf die - ebenfalls zutreffend von der Nichtigkeitswerberin und vom Erstgericht aufgezeigte - rechtsfehlerhafte, weil die Absicht, sich selbst eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, voraussetzende Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Tatbegehung (Fabrizy, StGB9 § 70 Rz 1; Jerabek in WK² § 70 Rz 14).

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher - wie bereits die Generalprokuratur zutreffend ausführte - das angefochtene Urteil zur Gänze aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO der Angeklagte von der wider ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 1 StPO freizusprechen.

Anmerkung

E9194711Os112.09v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0110OS00112.09V.0922.000

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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