Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Lindner als Vorsitzenden, die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Zacek und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Martina Haslinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Kopf (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H***** W*****, *****, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in Wien, als Sachwalter, wider die beklagte Partei P*****, *****, vertreten durch Mag. Roman Maier, ebendort, wegen Ausgleichszulage, infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.1.2009, 6 Cgs 241/08m-9, gemäß §§ 2 ASGG, 492 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 544,13 (darin enthalten EUR 90,69 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte zahlt dem Kläger seit 1.6.2002 eine Berufsunfähigkeitspension, wobei die Pension im Jahr 2002 EUR 355,18 brutto, ab 1.1.2007 EUR 382,96 brutto, ab 1.1.2008 EUR 389,47 brutto und ab 1.11.2008 EUR 402,71 brutto monatlich beträgt.
Am 31.1.2007 beantragte der Kläger die Zahlung einer Ausgleichszulage.
Mit Bescheid vom 28.7.2008 lehnte die beklagte Partei diesen Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass maßgebliche monatliche Gesamteinkommen des Klägers erreiche bzw. übersteige die Höhe des in Betracht kommenden Richtsatzes.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger ihm ab Antragstellung die Ausgleichszulage in der gesetzlichen Höhe zu bezahlen. Er beziehe Mieteinkünfte aus einer Eigentumswohnung. Von den monatlichen Mieteinnahmen seien jedoch die Betriebskosten in Abzug zu bringen, sodass die Voraussetzung zur Gewährung der Ausgleichszulage vorliegen würden.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, der Kläger lukriere aus der Vermietung seiner Eigentumswohnung monatliche Mietzinseinnahmen. Unter Berücksichtigung der monatlichen Pensionsleistung und der Mieteinkünfte würden sich den Richtsatz übersteigende Einkünfte ergeben. Betriebskosten würden Ausgaben darstellen, die jeder Bürger von seinem Einkommen zu bestreiten habe und die der Kläger auch ohne Vermietung zu leisten hätte. Die Betriebskosten seien daher auch als Einkommen zu berücksichtigen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt und verpflichtete die Beklagte ziffernmäßig bestimmt zur Zahlung einer Ausgleichszulage ab 1.2.2007 an den Kläger. Es ging dabei von dem auf Seiten 4 bis 7 der Urteilsausfertigung (= AS 36 bis 39) festgestellten Sachverhalt aus, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Rechtlich folgerte es, da der Kläger unstrittig im gegenständlichen Zeitraum von den ihm zugegangenen Mieteinkünften jeweils die vorgeschriebenen Betriebskosten gezahlt habe, stehe ihm nur ein Nettoeinkommen aus der Vermietung seiner Eigentumswohnung im festgestellten Umfang (ohne Berücksichtigung der Betriebskosten) zur Verfügung. Dieses Nettoeinkommen sei der monatlichen Pensionsleistung hinzuzurechnen; unter Berücksichtigung der in den festgestellten Zeiträumen anzuwendenden Richtsätze würden sich die feststehenden Differenzbeträge gemäß §§ 292, 293 und 296 Abs 1 ASVG ergeben. Es sei daher eine Ausgleichszulage im spruchgemäßen Umfang zuzuerkennen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der beklagten Partei aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagsabweisenden Sinn abzuändern; in eventu die Höhe der Ausgleichszulage im Ausmaß der Differenz zwischen der Summe aus Bruttopensionsleistung und Gesamtmieteinkünften inklusive Betriebskosten einerseits und dem Ausgleichszulagenrichtsatz andererseits festzusetzen.
Der Kläger beantragte der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
In ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, Betriebskosten, welche dem Kläger vom Mieter neben dem Hauptzins ersetzt werden müssten, würden kein ausgleichszulagenschädliches Einkommens darstellen. Bei den Betriebskosten für die vermietete Wohnung des Klägers handle es sich weder um einen „gesetzlichen Abzug“ von den Mieteinnahmen, noch um einen „Verlust“ im Sinne des § 292 ASVG. Es handele sich vielmehr um vom Vermieter auf die Mieter überwälzte Aufwendung, welche der Vermieter auch ohne Bedachnahme auf eine Vermietung des Bestandobjektes zu tragen hätte. So betrachtet sei der Ersatz der Betriebskosten durch den Mieter Einkommen im Sinne des § 292 ASVG, welches einen Ausgleichszulagenanspruch des Klägers verhindere.
Gemäß § 292 Abs 1 ASVG hat der Pensionsberechtige, so lange er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293) erreicht.
Gemäß § 296 Abs 1 ASVG gebührt die Ausgleichszulage in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus Pension, Nettoeinkommen (§ 292) und den gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Richtsatz (§ 293) andererseits.
Gemäß § 292 Abs 3 1. Satz ASVG ist Nettoeinkommen im Sinne der Absätze 1 und 2, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.
Ausgehend vom Zweck der Ausgleichszulage, dass dem Pensionsbezieher in pauschaler Weise ein Betrag zur Verfügung gestellt werden soll, mit dem ihm die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht wird, ist die „Summe der Einkünfte ... nach Ausgleich mit Verlusten“ nach § 292 Abs 3 ASVG jener Betrag, der dem Pensionisten letztlich real zur Verfügung steht (RIS-Justiz RS0117784 T 1).
Zur gleich lautenden Regelung des § 149 Abs 3 GSVG hat das OLG Wien bereits ausgesprochen, dass die in Mietzinseinkünften enthaltenen Betriebskosten nicht zu den anzurechnenden Nettoeinkünften nach § 149 Abs 1 GSVG zählen, weil sie im Vermögen des Liegenschaftseigentümers nur eine Durchlaufpost darstellen (OLG Wien 31 Rs 34/87 = SVSlg 33.668).
Zur ebenfalls gleich lautenden Regelung in § 140 BSVG wurde ausgesprochen, dass Vermögensabschreibungen bei Ermittlung des Nettoeinkommens unbeachtet zu lassen sind. Der Aufwand zur Erzielung des Nettoeinkommens ist von letzterem abzusetzen (§ 140 Abs 3 BSVG), wobei zu diesem Aufwand unter anderem die Betriebskosten gehören. (SVSlg 30.809)
Die selben Überlegungen können im gegenständlichen Fall im Bezug auf die Regelung des § 292 ASVG nur dazu führen, dass die Betriebskosten nicht zum anzurechnenden Nettoeinkommen zu zählen sind. Die Betriebskosten waren vom Kläger als Wohnungseigentümer abzuführen und stellten bei ihm eine bloße Durchlaufpost dar. Da die Betriebskosten von ihm abzuführen waren, standen sie ihm auch nicht real zur Verfügung, um als Einkünfte seinen Lebensunterhalt abzudecken.
Das Erstgericht hat daher zutreffend Betriebskosten nicht als anzurechnende Nettoeinkünfte nach § 292 Abs 1 ASVG bei der Berechnung berücksichtigt und ist zur Gewährung einer Ausgleichszulage berechnet nach § 296 Abs 1 ASVG gelangt.
Der unberechtigten Berufung war daher kein Erfolg zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2, 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG, 50 ZPO. Für die Berufung war aber gemäß § 23 Abs 9 RATG – da keine Berufungsverhandlung verrichtet wurde – der Einheitssatz nur dreifach zuzuerkennen.
Die ordentliche Revision war mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zuzulassen.
Textnummer
EW0000717European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2009:0080RS00123.09F.0929.000Im RIS seit
07.09.2010Zuletzt aktualisiert am
07.09.2010