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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der H-HandelsgmbH in H, vertreten durch Dr. Norbert Kohler, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz; Bergmannstraße 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 30. Juni 1995, Zl 1094-2/92, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Frau HK hält einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 75% des Stammkapitals von 500.000 S.
Im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung traf der Prüfer die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im September 1988 von HK 3,6 Mio. S erhalten und in ihren Büchern als Darlehen ausgewiesen habe. Der Geldbetrag stelle aber in Wahrheit verdecktes Stammkapital dar. Über die Mittelzufuhr sei eine mit 17. Jänner 1989 datierte Aktennotiz erstellt worden. In dieser sei festgehalten, HK überlasse die Mittel als Darlehen, und zwar "rückzahlungsfrei" bis 31. Dezember 1991 und zu einem Zinssatz von 3% pro Jahr; auf den 1. Jänner 1992 sei eine neue Vereinbarung über die Rückzahlungs- und Verzinsungsmodalitäten zu treffen. Nach den Feststellungen des Prüfers habe die Beschwerdeführerin seit 1982 durchwegs Verluste erwirtschaftet und weise zum 31. Dezember 1988 einen Verlustvortrag von ca. 2 Mio. S aus. Im Zeitpunkt der Mittelzuführung seien Aktiva von 3,2 Mio. S (im Wesentlichen Umlaufvermögen) Schulden von 4,6 Mio. S gegenübergestanden. Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern könnten steuerlich nur anerkannt werden, wen sie einen klaren Inhalt hätten, nach außen in Erscheinung träten und fremdüblichen Bedingungen entsprächen. Es entspreche nicht fremdüblichen Gepflogenheiten, über die Rückzahlung und Verzinsung faktisch keine Vereinbarung zu treffen. Der im Aktenvermerk vom 17. Jänner 1989 festgehaltene Satz, dass ab dem 1. Jänner 1992 neue Vereinbarungen getroffen würden, besage nichts. Aus diesem Grunde könne mit einer gewissen Dauerwidmung der Geldmittel gerechnet werden. Auch das Fehlen von Sicherheiten und das hohe Beteiligungsverhältnis von HK sprächen für verdecktes Stammkapital.
Bei Festsetzung der Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1988 bis 1990 berücksichtige das Finanzamt den Prüfungsfeststellungen folgend die auf das von HK gewährte Darlehen entfallenden Zinsen nicht als Betriebsausgaben.
In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, mit dem von HK gewährten Darlehen sei ein Kredit der L-Bank abgedeckt worden. Die L-Bank habe bestätigt, dass sie HK nicht angehalten habe, den Kredit durch Zuführung eines Gesellschafter-Darlehens abzudecken. Die Abgabenbehörde könne nicht auf Grund eines Missverhältnisses von Eigen- und Fremdkapital das Darlehen als verdecktes Stammkapital beurteilen. Nach den Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre sei es nämlich unmöglich zu beurteilen, ob in einer bestimmten Situation Eigenkapital oder Fremdmittel zuzuführen angemessen oder geboten sei. Die gesellschaftsrechtliche Stellung von HK sei durch die Mittelzuführung nicht geändert worden.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Über die Gewährung des Darlehens durch HK bestehe kein schriftlicher Vertrag, sondern nur der Aktenvermerk vom 17. Jänner 1989. Die Beschwerdeführerin sei im Zeitpunkt der Zuführung der Mittel nicht nur buchmäßig, sondern real überschuldet gewesen; dies sei in der Bilanz zum 31. Dezember 1987 unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Konkursordnung ausdrücklich vermerkt. Zum 31. Dezember 1988 betrage der Stand des negativen Eigenkapitals ca. 1,5 Mio. S. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Mittelzuführung auch eine wesentlich unter dem Branchendurchschnitt liegende Eigenkapitalquote aufgewiesen. Die frühere Fremdfinanzierung sei nur durch die Haftung der Gesellschafterin HK mit jenem Vermögen, das dann 1988 als Darlehen eingelegt worden sei, möglich gewesen. Die Beschwerdeführerin könne keine Sicherheiten leisten und hätte den Kredit der L-Bank (über 3,2 Mio. S) ohne die Besicherung durch die Haftung der Gesellschafterin HK niemals bekommen. Da keine Vereinbarung über die Modalitäten der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden seien, sei mit einer gewissen Dauerwidmung zu rechnen. Das Finanzamt gehe daher von verdecktem Stammkapital aus.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es müsse einem Steuerpflichtigen freistehen, ob er seinen Betrieb mit Eigen- oder Fremdmitteln finanziere. Nur unter besonderen Umständen könne ein Gesellschafterdarlehen als verdecktes Eigenkapital angesehen werden. Das Abstellen auf Kapitalrelationen sei dafür nicht tauglich. Überdies hätte das Finanzamt ermitteln müssen, wie hoch österreichweit die durchschnittliche Eigenkapitalquote vergleichbarer Unternehmen sei. Dem Unternehmen sei gar kein zusätzliches Kapital zugeführt worden, es sei lediglich zu einer Umschuldung gekommen. Dass der Kredit der L-Bank durch die Gesellschafterin besichert gewesen sei, sei ein übliche Gestaltung. Banken würden Kredite an Kapitalgesellschaften nur gegen entsprechende persönliche Sicherheiten vergeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie nehme als erwiesen an, dass die strittige Mittelzufuhr von 3,6 Mio. S nicht auf Basis eines Darlehensvertrages erfolgt sei. Rechtsgeschäfte zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern würden steuerlich nur anerkannt, wenn sie auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Ein Fremder hätte aber einer überschuldeten Kapitalgesellschaft kein Darlehen von 3,6 Mio. S unter den im gegenständlichen Fall gegebenen Konditionen gewährt. Zu diesen Konditionen zähle das Fehlen des Abschlusses eines schriftlichen Vertrages, das Fehlen der Besicherung, die Abgabe einer Nachrangigkeitserklärung durch HK, die marktunüblich niedrige Verzinsung bei mehrjähriger Rückzahlungsfreistellung und schließlich das Fehlen einer eindeutigen Regelung der Modalitäten der Rückzahlung und der Verzinsung (für Zeiträume ab 1992). Die Ursache der Mittelzuführung könne nur im Gesellschaftsverhältnis liegen, sodass kein Darlehen hingegeben, sondern ein Kapitaleinlage geleistet worden sei. Die belangte Behörde verweise auch darauf, dass erst durch die Mittelzufuhr, durch welche Fremdkapital durch Gesellschaftskapital ersetzt worden und es zu einer drastischen Senkung des Zinsaufwandes gekommen sei, eine Besserung der wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin eingetreten sei. Zum gleichen steuerlichen Ergebnis, nämlich der Versagung des Betriebsausgabenabzuges für die an HK geleisteten Zinsen, würde man im Übrigen auch gelangen, wenn der Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen HK und der Beschwerdeführerin unterstellt würde. Unter besonderen, im gegenständlichen Fall vorliegenden Umständen, die dafür sprächen, dass die Darlehenshingabe für die Gesellschaft den wirtschaftlichen Erfolg des Ersatzes von Eigenkapital habe, sei nämlich die Forderung des Gesellschafters an die Gesellschaft als verdecktes Eigenkapital anzusehen. Diesbezüglich werde auf die zutreffenden Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Wertung von Leistungsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern als betriebliche Vorgänge setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Leistungsbeziehungen unter auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen üblichen Bedingungen erfolgen. Andernfalls liegen Ausschüttungs- bzw. Einlage-Vorgänge vor, auch wenn die Vorgänge in zivilrechtliche Geschäfte eingekleidet werden. Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern finden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem inneren Gehalt ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat. Im letzteren Fall ist die Leistung - ungeachtet einer allfälligen Bezeichnung z.B. als Darlehen oder stille Beteiligung - als verdeckte Einlage anzusehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1997, 94/15/0160, 0161, und 96/15/0180, 0204, mwN). Eine unklare Vertragsgestaltung, nämlich keine Vereinbarung über Rückzahlung bzw. Verzinsung, sind Anhaltspunkte dafür, dass kein echtes Gesellschafterdarlehen, sondern eine eigenkapitalersetzende Zuwendung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1999, 97/13/0068).
Im gegenständlichen ist ein Geldbetrag von 3,6 Mio. S einer überschuldeten Kapitalgesellschaft ohne Besicherung und unter Abgabe einer Nachrangigkeitserklärung überlassen worden, wobei kein schriftlicher Vertrag erstellt, sondern erst ca vier Monate später eine Aktennotiz verfasst worden ist. In der Aktennotiz ist festgehalten, dass erst drei Jahre später eine Vereinbarung über die Rückzahlung getroffen werde und für diese ersten drei Jahre eine Verzinsung mit 3% erfolgen solle. Wenn die belangte Behörde unter diesen Umständen davon ausgegangen ist, dass die Darlehensgewährung einem Fremdvergleich nicht standhalte und die Geldhingabe durch die Gesellschafterstellung von HK veranlasst ist, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerdeausführungen zeigen nicht auf, dass die von der belangten Behörde im Rahmen des Fremdvergleiches angestellten Überlegungen verfehlt wären. Der Beschwerdehinweis, dass der Beschwerdeführerin die Finanzierung über die Hausbank offen gestanden wäre, wenn die Gesellschafterin persönlich für die Rückzahlung gebürgt hätte, verkennt, dass im Rahmen des Fremdvergleiches zu prüfen ist, ob die Leistung unter gleichen Bedingungen hätte erlangt werden können. Die Gestaltung ist auch nicht dadurch fremdüblich geworden, dass die Beschwerdeführerin mit dem erhaltenen Betrag von 3,6 Mio. S einen Kredit abdecken konnte, für den die Gesellschafterin HK gehaftet hat.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen spricht die Tatsache, dass eine Nachrangigkeitserklärung abgegeben worden ist, nicht gegen den Standpunkt der belangten Behörde. Bedarf an einer Nachrangigkeitserklärung war schon deshalb vorhanden, weil die Beschwerdeführerin nicht von einem eigenkapitalersetzenden Darlehen im Sinne der insolvenzrechtlichen Judikatur ausgegangen ist.
Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass es durchaus üblich sei, zur Vermeidung der Gebührenpflicht keinen schriftlichen Vertrag zu erstellen, sondern den Vertrag durch Videoaufzeichnung zu dokumentieren, übersieht sie, dass im gegenständlichen Fall keine der beiden Varianten zur Anwendung gekommen ist.
Wenn die Beschwerde zur Fremdunüblichkeit des Zinssatzes ausführt, bei Fremdwährungskrediten im Schweizer Franken und im Japanischen Yen habe die Verzinsung in Einzelfällen ebenfalls nur 3% betragen, ist darauf zu verweisen, dass im gegenständlichen Fall Geld in Schilling hingegeben worden ist, weshalb der Vergleich nur mit dem Zinsniveau im Schilling anzustellen ist.
Der Beschwerde ist zuzustimmen, wenn sie vorbringt, eine befristete Rückzahlungsfreiheit in den ersten Jahren der Laufzeit eines Darlehens sei nicht ungewöhnlich. Im gegenständlichen Fall waren aber die Modalitäten der Rückzahlung überhaupt nicht festgelegt. Die belangte Behörde hat zudem erst auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse die Feststellung getroffen, dass dem Fremdvergleich nicht entsprochen sei.
Die Fremdunüblichkeit betrifft die Darlehenseinräumung dem Grunde nach, weshalb die Beschwerdeführerin auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt ist, dass nicht bloß einem Betrag in Höhe des Verlustvortrages die Anerkennung als Darlehen versagt worden ist.
Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, die Zufuhr von Mitteln dürfte nicht in Anknüpfung an das Erfordernis einer Eigenkapitalzufuhr in verdecktes Stammkapital umgedeutet werden, weil nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen nicht zu entscheiden sei, ob die Zufuhr von Eigenkapital geboten wäre, kann sie schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, weil dieser nicht tragend auf der erwähnten Annahme beruht, sondern auf dem Fremdvergleich. Auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen, insbesondere auf das Vorbringen zur Frage des Missverhältnisses zwischen dem Eigenkapital und dem auf Dauer benötigten Mittelbedarf sowie zur Frage der branchenüblichen Eigenkapitalquote, braucht daher nicht eingegangen zu erden.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 14. Dezember 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1995150127.X00Im RIS seit
21.03.2001