TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/14 97/21/0663

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Veröffentlicht am 14.12.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des W in Amstetten, geboren am 18. August 1969, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacherstraße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 4. August 1997, Zl. Fr 1368/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, in der syrisch-arabischen Republik gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 leg. cit. bedroht sei.

In der Bescheidbegründung verwies die belangte Behörde vorerst auf den Inhalt der Aussagen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren. Demnach hätte er in Aleppo einen Supermarkt und einen Spirituosengroßhandel betrieben. Im Juni 1995 wären Mitglieder der Baath-Partei in das Geschäft gekommen und hätten ihn überredet, Mitglied dieser Partei zu werden und wöchentlich einen Bericht über die Stimmung in der Bevölkerung an diese Partei zu verfassen. Am 13. August 1995 wäre er von einem Kunden aufgesucht worden, mit dem er die schlechte Situation besprochen hätte. Daraufhin wäre er am 15. August 1995 verhaftet und in einer Einzelzelle untergebracht worden. Man hätte ihn geschlagen und ihm Fußtritte versetzt. Als Folge dieser Misshandlungen hätte er Rückenschmerzen. Nachdem er vor Schmerz geschrien hätte, wäre er zu einem Krankenhaus gebracht worden, von wo aus ihm die Flucht gelungen wäre. Ein ihm bekannter syrischer Militäroffizier hätte ihn mit einem Fahrzeug von Syrien in den Libanon verbracht. Der Beschwerdeführer hätte dann oftmals mit dem Fahrzeug des syrischen Offiziers Damaskus besucht, wobei er die Grenze nach Syrien problemlos hätte überqueren können. Durch Bestechung hätte er einen "Ausreisesichtvermerk aus Syrien" erhalten. In Österreich wäre er legal eingereist. Seinen Reisepass hätte er anschließend vernichtet. 25 Tage nach seiner Einreise hätte er einen Asylantrag gestellt. Am 28. Juni 1996 hätte er die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen, welche er Anfang Juni 1996 kennen gelernt hätte. Bei dieser Eheschließung hätte er sich mit einem syrischen Reisepass ausgewiesen.

Über Vorhalt seiner früheren Behauptung, keinen Reisepass mehr zu besitzen, habe er ausgeführt, dass dies gelogen gewesen wäre. Er hätte keine Verwandten in Österreich.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde weiter - habe als Zeugin ausgesagt, dass sie den Beschwerdeführer ca. im Sommer 1994 in Linz kennen gelernt und sein Onkel in Linz ein Geschäft hätte. Über Konfrontation mit diesen Widersprüchen habe der Beschwerdeführer erklärt, er bleibe dabei, dass er keine Verwandten und Bekannten in Österreich hätte und vorher nie in Österreich gewesen wäre. Die Vernehmung wäre äußerst angespannt gewesen und so dürfte seine Ehefrau gelogen haben.

Nach Darlegung der Rechtslage begründete die belangte Behörde ihre Ansicht, das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers sei als unglaubwürdig zu werten, wie folgt: Die Aussage des Beschwerdeführers, er hätte seinen Pass nach der Einreise in Österreich vernichtet, habe sich als Unwahrheit herausgestellt. Weiters habe er ausgesagt, vor seiner Flucht niemals in Österreich gewesen zu sein, während seine Ehefrau angegeben habe, ihn bereits im Jahr 1994 in Österreich kennen gelernt zu haben. Für die belangte Behörde sei nicht erkennbar, warum die Ehefrau in diesem Zusammenhang als Zeugin lügen und dem Beschwerdeführer dadurch schaden sollte. Entgegen seiner Aussage, in Österreich keine Verwandten zu haben, habe seine Ehefrau angegeben, dass der Beschwerdeführer einen Onkel in Österreich hätte. Abgesehen von diesen Widersprüchen habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er hätte Damaskus mit einem Militäroffizier besucht. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Flüchtling dieses Risiko eingehe und nochmals an den Ort bzw. in das Land zurückkehre, wo er misshandelt worden sei. Weiters habe der Beschwerdeführer erst 25 Tage nach seiner behaupteten legalen Einreise in Österreich um Asyl angesucht; dem entgegen entspreche es jedoch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein wirklich verfolgter Fremder sofort nach der Einreise Asyl beantrage. Der Umstand, dass er Damaskus mit einem Pass und Sichtvermerk für Österreich habe verlassen können, spreche gegen die behaupteten Verfolgungen, weil politisch Verfolgte meist nicht im Besitz derartiger fremdenrechtlicher Berechtigungen seien. Der Beschwerdeführer werde im Sichtvermerksantrag als Geschäftsmann bezeichnet und es sei davon auszugehen, dass er Damaskus deswegen verlassen habe, um mit einer bestimmten Firma in wirtschaftlichen Kontakt zu treten, welche für ihn auch eine Verpflichtungserklärung abgegeben habe.

Unter Gesamtwürdigung des Falles stelle die belangte Behörde fest, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Syrien aktuell und individuell bedroht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen und von der Behörde das Vorliegen konkreter Gefahren für jeden einzelnen Fremden für sich zu prüfen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 leg. cit. die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind. (Vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 19. Mai 2000, Zl. 96/21/0528.)

Die belangte Behörde legte ausführlich und nachvollziehbar dar, dass die Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig seien. Angesichts der eingangs wiedergegebenen Argumentation vermag der Gerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu erkennen. Die Beschwerde geht auf die genannten Überlegungen der belangten Behörde im Einzelnen nicht ein und versucht die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers damit zu erklären, dass dieser "enorme Angst" gehabt habe, bei diesen Vernehmungen "irgendwelche Fehler zu begehen", weshalb es schon sein möge, dass der Beschwerdeführer "aus Nervosität oder einfach weil mir verschiedene Daten nicht sofort griffbereit waren" widersprüchliche Angaben gemacht habe. Der in der Beschwerde vertretenen Schlussfolgerung, dass dieses Verhalten "an sich nicht ungewöhnlich" sei und "noch nicht eine Würdigung dahin" verlange, "ich sei überhaupt auch in anderen Aussagen unglaubwürdig", vermag der Gerichtshof nicht beizupflichten.

Zusammenfassend kann somit die Ansicht der belangten Behörde, es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft zu machen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Syrien im Sinn des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG gefährdet oder bedroht sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997210663.X00

Im RIS seit

07.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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