Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mehmet E***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1; 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 23. März 2009, GZ 24 Hv 121/08w-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mehmet E***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, in einem Fall auch nach § 15 StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er in „Ried i. Z. seine derzeit getrennt von ihm lebende Ehefrau Sadiye E*****
1. in der Zeit zwischen Februar 2008 bis Sommer 2008 zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten in zumindest zwei Fällen mit Gewalt, nämlich durch das Versetzen von Schlägen, zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs genötigt;
2. am 28. Juli 2008 mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er die Frau an beiden Oberarmen packte, sie rückwärts in das Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung zerrte, dort auf das Bett warf, sich auf ihren Brustkorb setzte, ihr gewaltsam die Kleidung auszog und ihr mehrfach mit seinen Fäusten in das Gesicht und gegen den Körper schlug und sie würgte."
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen nominell aus Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Die - Strafaufhebung nach § 16 StGB zufolge „offenkundig" freiwilligen Absehens von der Tatvollendung durch den Angeklagten reklamierende - Rechtsrüge (Z 9 lit b) zum Schuldspruchpunkt 2 verfehlt mit der Behauptung fehlender Feststellungen, „weshalb und aus welchen Gründen es nicht zur Vollendung des Delikts kam", den in den tatsächlichen (die Tataufgabe zufolge heftiger Gegenwehr der Sadiye E***** umfassenden; US 5) Urteilsannahmen gelegenen Bezugspunkt (vgl im Übrigen zur prozessordnungskonformen Reklamation eines Feststellungsdefizits in Betreff eines Ausnahmesatzes 13 Os 72/07y, EvBl 2007/146, 789).
Der in diesem Zusammenhang aus Z 5 (zweiter Fall) erhobenen Kritik zuwider wurde die Aussage der Sadiye E*****, wonach der Angeklagte sie - nachdem sie ihm Blut aus einer von der Gewaltanwendung herrührenden Wunde im Mund in das Gesicht gespuckt hat - losgelassen habe (ON 6 S 15), nicht übergangen. Es wurden vielmehr entsprechende Konstatierungen darauf gestützt (US 5), wobei die Tatrichter entgegen dem weiteren Einwand auch die zureichenden Feststellungen zum Schuldspruchpunkt 1 (US 6) mängelfrei auf die Aussage der Genannten (ON 6 S 17 f) gründen konnten. Letztlich bekämpft die Mängelrüge insgesamt bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffensenats.
Die in der Rüge (inhaltlich Z 9 lit a) zum Schuldspruch 1 vermissten Feststellungen zur zeitlichen Nähe der Gewalt „zur eigentlichen Tat" sind dem Urteil ebenso unmissverständlich zu entnehmen, wie „Art und Umfang der Gewalt", womit erneut prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der tatrichterlichen Feststellungen festgehalten wird (US 6; RIS-Justiz RS0099810, RS0099671). Weshalb solche zur Dauer der nach den Konstatierungen dem Gewaltbegriff unterliegenden Schläge des Angeklagten erforderlich gewesen sein sollen, legt die Rüge nicht dar (vgl im Übrigen Schick in WK2 § 201 Rz 13). Schließlich geht auch der Vorwurf, „das Gericht habe nicht den Versuch unternommen, den Tatzeitpunkt etwas näher einzuschränken" ins Leere, weil das Unterbleiben der exakten Tatzeitangabe grundsätzlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290) keine Nichtigkeit begründet. Unter dem Aspekt der Nichtigkeitsgründe insoweit (aus Z 3) beachtliche fehlende Individualisierung der Taten (vgl Lendl, WK-StPO § 260 Rz 14) wurde zu Recht nicht behauptet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Anmerkung
E9213214Os86.09tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00086.09T.1006.000Zuletzt aktualisiert am
24.11.2009