TE OGH 2009/10/6 4Nc20/09t

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Veröffentlicht am 06.10.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Ing. S***** H***** und ***** und *****, vertreten durch die Sachwalterin Dr. Ulrike Koller, Rechtsanwältin in Melk, wegen Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 2 JN, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung des Sachwalterschaftsverfahrens betreffend Ing. S***** H*****, durch das Bezirksgericht Melk an das Bezirksgericht Zell am See wird nicht genehmigt.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Melk bestellte für Ing. S***** H***** mit Beschluss vom 4. Juni 2008 eine Sachwalterin für seine Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern. Mit Beschluss vom 18. Februar 2009 dehnte das Bezirksgericht Melk den Wirkungskreis der Sachwalterschaft auf die Einkommens- und Vermögensverwaltung des Betroffenen sowie den Abschluss und die Auflösung von Rechtsgeschäften aus.

Der Betroffene ist laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister sowohl in Z***** (Hauptwohnsitz) als auch in B***** (Nebenwohnsitz) aufrecht gemeldet. Darüber hinaus gibt er an, auch an einer Adresse im ***** Wiener Bezirk (Wohnsitz seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter) aufhältig zu sein und dort eine geringfügige Beschäftigung zu haben. Gerichtliche Zustellungen erfolgten in jüngerer Vergangenheit in der Regel an allen drei Anschriften, meist erfolgten Hinterlegungen, am 18. Mai 2009 wurde eine Sendung von ***** mit dem Vermerk „Unbekannt" retourniert. Den zahlreichen Eingaben des Betroffenen ist nicht zu entnehmen, wo er tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt hat. In seinem zuletzt gestellten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (17. August 2009) führte er alle drei Adressen an, wobei er die Adresse in Z***** als Hauptwohnung und „Fluchtort" bezeichnete. In seiner Eingabe vom 31. August 2009 verwies er darauf, dass er mit seiner Lebensgefährtin und der Tochter in der Wiener Wohnung lebe und eine geringfügige Beschäftigung in Wien habe.

Mit Beschluss vom 6. August 2009 übertrug das Bezirksgericht Melk die Zuständigkeit zur Besorgung der Sachwalterschaftssache an das Bezirksgericht Zell am See. Begründend führte es aus, dass sich der Betroffene jetzt ständig in Zell am See aufhalte. Es sei daher zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht ***** die Sachwalterschaftssache führe.

Das Bezirksgericht Zell am See verweigerte die Übernahme der Sachwalterschaftssache mit der Begründung, es sei davon auszugehen, dass der Betroffene seinen ständigen Aufenthalt nicht im Sprengel des Bezirksgerichts Zell am See habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Übertragung ist nicht zu genehmigen.

§ 111 Abs 1 JN ordnet an, dass das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen kann, wenn das im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn der Aufenthalt des Pflegebefohlenen und der Mittelpunkt seiner Lebensführung - nicht bloß die behördliche Anmeldung - in jenen Gerichtssprengel verlegt wurde, an dessen Gericht die Pflegschaftssache übertragen werden soll (5 Nc 22/07s mwN). Abgelehnt wird von der Rechtsprechung eine Zuständigkeitsverlagerung dann, wenn - wie es hier der Fall ist - der künftige Aufenthalt (in einem von mehreren Gerichtssprengeln) noch nicht feststeht oder solange der Aufenthalt des Betreffenden noch nicht stabil ist (5 Nc 22/07s mwN; Mayr in Rechberger³ § 111 JN Rz 2 mwN).

Da im vorliegenden Fall nicht feststeht, dass der Betroffene seinen Lebensmittelpunkt auf Dauer in den Sprengel des Bezirksgerichts Zell am See verlegt hätte, vielmehr davon auszugehen ist, dass er seinen Aufenthalt immer wieder wechselnd an einem der drei von ihm wiederholt angegebenen Orte wählt, kann von einer Stabilität der örtlichen Verhältnisse, die eine Zuständigkeitsübertragung rechtfertigen könnte, nicht gesprochen werden.

Die Übertragung der Sachwalterschaftssache war daher nicht zu genehmigen.

Anmerkung

E919994Nc20.09t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0040NC00020.09T.1006.000

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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