Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 21.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 4.500 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. April 2009, GZ 6 R 220/08b-15, mit dem über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichts Linz vom 6. Oktober 2008, GZ 1 Cg 93/08d-8, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts zu lauten hat:
„1. a) Die beklagte Partei ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung folgender oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen und es ferner zu unterlassen, sich auf die folgenden Klauseln zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind:
1. Die V*****-Bank behält sich vor, Sparbücher jederzeit zu kündigen. Die Wirkung tritt ohne vereinbarter Bindungs- oder Kündigungsfrist sowie bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sofort ein, ansonsten zum Ende der Bindungs- oder Kündigungsfrist. Die Kündigung erfolgt bei Vorlage des Sparbuches oder durch öffentliche Verlautbarung unter Angabe der Nummer des Sparbuches. Die Verzinsung hört mit Wirksamwerden der Kündigung auf. Nicht behobene Beträge können auf Kosten und Gefahren des Kunden bei Gericht hinterlegt werden.
2. Bei Auflösung eines Sparbuches ist die V*****-Bank berechtigt, zur Deckung der Unkosten eine Realisierungsgebühr einzuheben, deren Höhe im Sparbuch und im Schalteraushang ersichtlich gemacht wird.
3. Mangels anderer Vereinbarung ist der bei Eröffnung in die Sparurkunde eingedruckte Basiszinssatz in der Folge an den zur Spareinlage vereinbarten Indikator gebunden und ändert (erhöht und senkt) sich jeweils zehn Bankwerktage nach jeder Änderung des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank (EZB).
... Der Zinssatz ändert sich um die Anzahl an Prozentpunkten, um die sich der Indikator im Vergleichszeitraum geändert hat.
4. Die Entwicklung des Indikators kann zu Perioden mit fiktiven negativen Zinssätzen führen. Für diese Perioden unterbleibt die Verzinsung der Spareinlage und wird erst wieder aufgenommen, sobald sich aus der Weiterrechnung des fiktiven negativen Zinssatzes anhand der Indikatorenentwicklung der positive Wert ergibt.
5. Die Bank ist berechtigt, die ‘Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher’ jederzeit abzuändern. Solche Änderungen werden durch Schalteraushang für beide Teile verbindlich bekannt gemacht, sofern nicht seitens des Kunden binnen sechs Wochen schriftlich Einspruch erhoben wird.
b) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.507,68 EUR (darin 816,78 EUR USt und 607 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, Punkt 1. und 2. des Urteilsspruchs binnen 6 Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der ‘Kronen-Zeitung’, bundesweit erscheinende Ausgabe, auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, das heißt in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.”
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.609,48 EUR (darin 584,58 EUR USt und 2.102 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage nach § 28 KSchG berechtigter Verein. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut, welches ihre Leistungen bundesweit anbietet.
Der Kläger übermittelte der Beklagten ein Abmahnschreiben (datiert mit 22. 7. 2007, zugegangen am 23. 8. 2007) und beanstandete darin die fünf aus dem Spruch näher ersichtlichen Klauseln der „Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher (Fassung 2007)” der Beklagten. Diesem Abmahnschreiben war eine vom Kläger vorformulierte Unterlassungserklärung beigeschlossen.
Die Beklagte ersuchte den Kläger wegen urlaubsbedingter Abwesenheit zuständiger Mitarbeiter um Fristerstreckung für die Abgabe der Unterlassungserklärung und wies zugleich darauf hin, die beanstandeten Klauseln für die Dauer der Fristverlängerung nicht in Anspruch zu nehmen. Innerhalb der vom Kläger verlängerten Frist, gab die Beklagte folgende Unterlassungserklärung ab:
„Die V*****-Bank verpflichtet sich gegenüber dem VKI, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern die Verwendung der folgenden Klauseln der „Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher”:
Punkt III. 10:
´(Klausel laut 1.a.1. des Urteilstenors)`
Punkt II. 11 1. Satz:
´(Klausel laut 1.a.2. des Urteilstenors)`
Punkt IV. 3 2. und 3. Satz:
´(Klausel laut 1.a.4. des Urteilstenors)`
Punkt IX. 3:
´(Klausel laut 1.a.5. des Urteilstenors)`
in dieser Form zu unterlassen und sich auf diese Klauseln - soweit diese schon abgeschlossenen Verträgen mit Verbrauchern unzulässigerweise zu Grunde gelegt wurden - nicht zu berufen.
Die V*****-Bank verpflichtet sich weiters gegenüber dem VKI, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern auch die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen, mit der Maßgabe, dass die oben genannten Klauseln nunmehr abgeändert werden, wie folgt:
Punkt III. 10:
„Die V*****-Bank behält sich vor, Sparbücher jederzeit zu kündigen. Die Wirkung tritt ohne vereinbarter Bindungs- oder Kündigungsfrist sowie bei Vorliegen eines wichtigen Grundes grundsätzlich sofort ein, ansonsten zum Ende der Bindungs- oder Kündigungsfrist.”
Punkt X. 1:
„Die Kündigung erfolgt bei Vorlage der Sparurkunde oder durch sonstige schriftliche Kündigung. Die sonstige schriftliche Kündigung erfolgt, sofern ein identifizierter Kunde eine zustellfähige Anschrift bekannt gegeben hat, an diese. Bei Änderung der Anschrift gilt die sonstige schriftliche Kündigung als zugegangen, wenn sie an die der V*****-Bank zuletzt bekannt gegebene Anschrift gesendet wurde. Sollte mit dem Kunden eine eigene Vereinbarung über die Zustellung der sonstigen schriftlichen Kündigung getroffen worden sein, so hat die Zustellung entsprechend dieser Vereinbarung zu erfolgen.”
Punkt X. 2:
„In den Fällen, in denen der V*****-Bank im Rahmen des Spareinlagengeschäfts keine Anschrift bekannt gegeben ist, erfolgt eine sonstige schriftliche Kündigung durch öffentliche Verlautbarung in Form eines Schalteraushangs sowie unter der Homepage der V*****-Bank, derzeit unter www.*****-bank.at. Für die Fälle der Kündigung durch öffentliche Verlautbarung tritt die Wirkung der Kündigung nach Ablauf von 12 Wochen nach erfolgter öffentlicher Verlautbarung ein.”
Punkt X. 3:
„Nach Wirksamwerden der Kündigung erfolgt eine Verzinsung des gekündigten Betrages bis zu dessen Behebung oder gerichtlicher Hinterlegung mit einem fixen Zinssatz von ein Achtel Prozent.”
Punkt X. 4:
„Werden gekündigte Beträge nicht binnen weiterer 6 Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung behoben, können sie - soweit dies gesetzlich zulässig ist: fruchtbringend - bei Gericht erlegt werden.“
Punkt III. 11 1. Satz:
„Bei Auflösung eines Sparbuches durch den Kunden ist die V*****-Bank berechtigt, zur Deckung der Unkosten die mit dem Einleger im Sparbuch vereinbarte und auch ausgewiesene Realisierungsgebühr einzuheben, deren Höhe auch im Schalteraushang ersichtlich ist.“
Punkt V. 3:
„Mangels anderer Vereinbarung wird ein fixer Mindestzinssatz von ein Achtel Prozent vereinbart. In Perioden, in denen sich aus der Entwicklung des Indikators ein Zinssatz ergibt, der unter dem zur Spareinlage vereinbarten fixen Mindestzinssatz liegt, erfolgt die Verzinsung der Spareinlage zum fixen Mindestzinssatz.
Die Entwicklung des Indikators kann zu Perioden mit fiktiven negativen Zinssätzen führen. Für diese Perioden erfolgt die Verzinsung zum vereinbarten fixen Mindestzinssatz, welcher erst dann angehoben wird, sobald sich aus der Weiterrechnung des fiktiven negativen Zinssatzes an Hand der Indikatorenentwicklung ein Zinssatz über dem vereinbarten fixen Mindestzinssatz ergibt.“
Punkt IX. 3:
„Die Bank ist berechtigt, die `Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher´ jederzeit abzuändern. Eine solche Änderung hat in sinngemäßer Anwendung der Ziffer 2 der `Allgemeinen Geschäftsbedingungen der V***** AG´ in der jeweils geltenden Fassung zu erfolgen.“
Das Recht der V*****-Bank zur künftigen gesetzeskonformen Abänderung ihrer `Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher´ wird durch diese Erklärung nicht eingeschränkt.
Zu II.:
Das genannte Unternehmen verpflichtet sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Punkt I. eine Vertragsstrafe in der Höhe von € 726,-- pro Klausel und pro Zuwiderhandlung an den genannten Verband zu bezahlen.”
Gleichzeitig übermittelte die Beklagte mit dieser von ihr unterzeichneten Unterlassungserklärung ein Schreiben mit nachfolgendem Inhalt:
„Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 22. 7. 2007, bei uns eingelangt am 23. 8. 2007, erlauben wir uns, Ihnen nunmehr anbei die von uns firmenmäßig unterfertigte Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafevereinbarung zu übersenden. Mit der Umsetzung der Umstellung von den alten auf die neuen Sparbedingungen wird sofort begonnen, für bestehende Kunden werden die neuen AGB sukzessive vereinbart, dies unter Berücksichtigung der Nichtberufung auf die beanstandeten Klauseln der alten Fassung bis zur jeweiligen Gültigkeit der neuen. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die unter ,,III.” beanstandete Klausel nicht in den Text der Unterlassungserklärung aufgenommen wurde, zumal durch die Einführung der Mindestverzinsung der von Ihnen beanstandete und als rechtswidrig angesehene Konnex zu der unter „IV.” beanstandeten Klausel beseitigt wurde.”
Die Beklagte hat seit Übermittlung des Abmahnschreibens bei Neuabschlüssen von Verträgen die inkriminierten Klauseln nicht mehr verwendet und sich auch in Altverträgen nicht mehr auf diese berufen.
Der Kläger begehrte wie aus dem Urteilstenor ersichtlich. Die inkriminierten Klauseln verstießen gegen gesetzliche Verbote und gegen die guten Sitten. Die Klauseln zu (1.a.) 3. und 4. seien überdies überraschend im Sinn des § 864a ABGB. Die Beklagte habe ihre Unterlassungserklärung hinsichtlich des Verbots der zukünftigen Verwendung sinngleicher Klauseln insoweit eingeschränkt, als sie neue Allgemeine Geschäftsbedingungen zu deren Inhalt gemacht habe, die sie als nicht gesetzwidrig, daher nicht als sinngleich erachte und in Zukunft - ohne dass der Kläger die bedungene Vertragsstrafe fällig stellen könnte - verwenden wolle. Zur abgemahnten Klausel (1.a.) 3. habe die Beklagte überhaupt keine Unterlassungserklärung abgegeben, sondern nur eine unzureichende faktische Änderung der Sparbuchbedingungen vorgenommen. Die Unterlassungserklärung beseitige daher die Wiederholungsgefahr nicht.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren. Sie habe, um dem Kläger keine Veranlassung zur Klagsführung zu geben, die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Klausel (1.a.) 3. sei nicht in die Unterlassungserklärung aufgenommen worden, weil die Beklagte den Bedenken des Klägers gegen die danach mögliche Null- und Negativverzinsung durch eine Änderung der Klausel, mit der nunmehr eine Nullverzinsung endgültig ausgeschlossen sei, Rechnung getragen habe. Es fehle daher an Tatbegehungs- und Wiederholungsgefahr.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es stellt über den eingangs zusammengefassten Sachverhalt weiters fest:
Die Beklagte fügte der Unterlassungserklärung ihre neuen Klauseln zu Informationszwecken für den Kläger an und wollte damit jedoch in keinster Weise ihre Unterlassungserklärung einschränken oder bedingen (sic!), was seitens der Beklagten auch immer so gehandhabt wurde, wie auch zum Beispiel bei Erklärungen gegenüber der OÖ Arbeiterkammer.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, die Unterlassungserklärung der Beklagten umfasse die vom Kläger beanstandeten Klauseln mit Ausnahme jener, die zu einer Negativverzinsung hätte führen können. Insoweit sei dem Unterlassungsbegehren durch Einführung einer neuen Klausel und einer Mindestverzinsung Rechnung getragen worden. Die Beklagte habe eine unbedingte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Durch die Hinzufügung der neuen Klauseln habe sie lediglich darauf hingewiesen, dass sie die beanstandeten Klauseln durch neue ersetzt habe, ohne jedoch irgendeine Einschränkung der Unterlassungserklärung herbeizuführen. Die Beklagte habe die inkriminierten Klauseln auch nicht mehr verwendet. Aus ihrem gesamten Verhalten ergebe sich, dass sie sich von den inkriminierten Klauseln distanziere und alles unternommen habe, damit sie nicht mehr verwendet würden. Daraus könne nur geschlossen werden, dass die Beklagte gewillt sei, künftig die beanstandeten Klauseln nicht mehr zu verwenden, weshalb es an der Wiederholungsgefahr fehle.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge. Es führte rechtlich zusammengefasst aus, die Beklagte habe sich - mit Ausnahme einer Klausel ([1.a.] 3.) - dem Begehren des Klägers, die Verwendung der beanstandeten Klauseln zu unterlassen und sich auf diese, soweit sie in schon abgeschlossenen Verträgen unzulässigerweise zugrunde gelegt worden seien, nicht zu berufen, uneingeschränkt unterworfen. Dies gelte auch hinsichtlich sinngleicher Klauseln, weil die erklärte Maßgabe durch Wiedergabe der geänderten Klauseln keine Einschränkung oder Bedingung bedeute. Es werde nur bekräftigt, (auch) die Verwendung sinngleicher Klauseln in Zukunft zu unterlassen. Dies werde auch dadurch untermauert, dass die Beklagte seit dem Abmahnschreiben die inkriminierten Klauseln nicht mehr verwende und auch bei Altverträgen mit den Kunden sukzessive die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbare. Durch die Bekanntgabe der geänderten Klauseln wälze die Beklagte ihre Verantwortung für die gesetzeskonforme Gestaltung der Klauseln nicht auf den Kläger ab. Sie gebe diesem nur die Möglichkeit, von dessen Recht auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Klauseln sofort Gebrauch zu machen. Dass die neuen Klauseln gesetz- oder sittenwidrig wären, behaupte der Kläger nicht. Damit sei die Wiederholungsgefahr weggefallen.
Hinsichtlich der Klausel (1.a.) 3. habe die Beklagte zwar keine Unterlassungserklärung abgegeben, doch sei das Unterlassungsbegehren des Klägers auch insoweit unberechtigt. Die Bank sei nach § 32 Abs 6 3. Satz BWG grundsätzlich befugt den Einlagenzinssatz einseitig zu ändern. Unter welchen Voraussetzungen dies zulässig sei, sei nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zu bestimmen. Im Verbrauchergeschäft sei § 6 Abs 2 Z 3 KSchG maßgeblich. Die Änderung des Sparzinssatzes müsse daher dem Verbraucher zumutbar sein. Sie müsse etwa durch eine entsprechende Änderung der Leitzinssätze am Geld- und Kapitalmarkt sachlich zu rechtfertigen sein und die Bank müsse sich auch verpflichten, bei einem Ansteigen der Leitzinssätze die Einlagenzinssätze zu erhöhen (3 Ob 238/05d). Diesen Anforderungen entspreche die beanstandete Klausel. Die Klausel sei für den Verbraucher nicht nachteilig, weil sie nicht nur zu seinen Lasten, sondern in gleichem Maße auch zu seinen Gunsten anzuwenden sei. Sie stehe auch nicht im Widerspruch zu redlichen Verkehrsgepflogenheiten. Dass Sparzinsen Schwankungen unterworfen sind, sei der breiten Öffentlichkeit bekannt. Dass dies in Krisenzeiten - gekoppelt an die Entwicklung des Leitzinssatzes - zu einer „Nullverzinsung” führen könne, sei dem Verbraucher, der andererseits auch an einer Erhöhung des Leitzinssatzes teilnehme, zumutbar, weil jeder Sparer sein Spargeld jederzeit beheben und anderswo besser veranlagen könne. Von einem ständig steigenden oder zumindest gleichbleibenden Zinsertrag könne ein Sparer nicht ausgehen, auch wenn die Spareinlage der Geldanlage dienen solle. Die Klausel befinde sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten unter der Überschrift „Verzinsung und Entgelte”, somit an einer Stelle, an der sie der Verbraucher vermuten könne. Sie verwirkliche daher keinen Überrumpelungs- oder gar Übertölpelungseffekt (§ 864a ABGB; vgl RIS-Justiz RS0014646; 4 Ob 5/08a). Die Klausel (1.a.) 3. verstoße daher - entgegen der Auffassung des Klägers - weder gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, noch sei sie ungewöhnlich im Sinn des § 864a ABGB oder sittenwidrig gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Sie sei auch klar und verständlich abgefasst und entspreche daher dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, weshalb ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zu verneinen sei. Die Klagebegehren seien daher insgesamt unberechtigt, weshalb die Berufung erfolglos bleiben müsse.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR und die ordentliche Revision sei zulässig. Die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche regelmäßig für eine größere Anzahl von Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung seien, stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0121516). Ähnliches gelte im Verbandsprozeß gemäß § 29 Abs 1 KSchG für die Zulässigkeit von Vertragsklauseln.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die ordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung der Klagebegehren.
Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurück-, in eventu abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen von einschlägiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr durch eine (eingeschränkte) Unterlassungserklärung abgewichen sind und auch die fragliche Gesetzwidrigkeit der Klausel zu (1.a.) 3. unrichtig beurteilt haben; die Revision ist auch berechtigt.
A. Zum Unterlassungsbegehren:
1. Zur Wiederholungsgefahr:
1.1. Gemäß § 28 Abs 1 KSchG kann auf Unterlassung geklagt werden, wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist. Gemäß § 28 Abs 2 KSchG besteht die Gefahr einer Verwendung und Empfehlung derartiger Bedingungen nicht mehr, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine gemäß § 29 KSchG klageberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§ 1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.
1.2. § 28 Abs 2 KSchG wurde mit der KSchG-Novelle BGBl I 1997/6 eingeführt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte dadurch klargestellt werden, dass die nach § 29 KSchG klagslegitimierten Einrichtungen ein Abmahnverfahren durchführen können, ohne sich der Gefahr auszusetzen, durch eine Abmahnung in einem in der Folge erforderlichen gerichtlichen Verfahren in eine ungünstigere Position zu gelangen. Gibt der Unternehmer die verlangte Unterlassungserklärung ab, so ist die Wiederholungsgefahr weggefallen; gibt er eine solche Unterlassungserklärung hingegen nicht ab, so wird dies im Allgemeinen die Wiederholungsgefahr indizieren (ErläutRV 311 BlgNR 20. GP 32). Das - nicht obligatorische - Abmahnverfahren ermöglicht es somit, eine für beide Teile kostengünstige und die Gerichte entlastende Bereinigung der Angelegenheit herbeizuführen (Kühnberg, Das Abmahnverfahren im KSchG, ecolex 2004, 359; Kathrein in KBB2 § 28 KSchG Rz 7).
1.3. Nach ständiger Rechtsprechung beseitigt nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung, zu denen der hier einschreitende Kläger gehört, die Wiederholungsgefahr (5 Ob 227/98p = SZ 72/42 = ecolex 1999/216, 543 = RdW 1999, 519 = ZIK 1999, 144 = HS 30.637; RIS-Justiz RS0111637). Die Unterlassungserklärung muss nicht nur die beanstandeten, sondern auch sinngleiche Klauseln umfassen (RIS-Justiz RS0111638, RS0111640) und es dürfen ihr weder Einschränkungen noch Bedingungen beigefügt sein (vgl 5 Ob 227/98p = SZ 72/42 = ecolex 1999/216, 543 = RdW 1999, 519 = ZIK 1999, 144 = HS 30.637; 8 Ob 17/00h = ecolex 2001/5, 43 [Wilhelm] = JBl 2001, 236; 8 Ob 110/08x = ÖBA 2009/1553, 469 [Apathy] = ecolex 2009/71, 222 = RdW 2009/356, 402; 2 Ob 153/08a). Zwar sieht die Bestimmung des § 28 Abs 2 KSchG nicht ausdrücklich vor, dass die Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegfallen könne. Allerdings vermag das damit geregelte (fakultative) Abmahnverfahren nur dann seinen Zweck zu erfüllen, wenn andere Formen der formellen oder materiellen Unterwerfung zumindest einen ähnlichen Gewissheitsgrad aufweisen. Die Verwendung der Klauseln muss für die Zukunft geradezu ausgeschlossen sein und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch durch eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen. Die mit dem Abmahnverfahren angestrebte außergerichtliche Streitbereinigung tritt daher nur ein, wenn für beide Seiten Rechtssicherheit entsteht (vgl 4 Ob 227/06w = MR 2007, 222 = RdW 2007/677, 661 = RZ 2007, 229; 8 Ob 110/08x = ÖBA 2009/1553, 469 [Apathy] = ecolex 2009/71, 222 = RdW 2009/356, 402; 2 Ob 153/08a je mwN).
1.4. In der Entscheidung 6 Ob 572/87 (= RdW 1988, 290) hat zwar der Oberste Gerichtshof den Wegfall der Wiederholungsgefahr unter der Voraussetzung bejaht, dass nach den konkreten Umständen bei vernünftiger Beurteilung die Annahme gerechtfertigt sei, der Unternehmer werde in Hinkunft anstelle der alten nur noch die neuen Allgemeinen Vertragsbedingungen verwenden. Die Wiederholungsgefahr falle dann insoweit weg, als nicht (auch) die neuen Bedingungen Bestimmungen enthielten, die von der titelmäßigen Verpflichtung zur Unterlassung umfasst wären (so auch noch der unter RIS-Justiz RS0037730 veröffentlichte Rechtssatz). Ausgehend von dieser Rechtsansicht erachtete es der Oberste Gerichtshof daher für geboten, die alten und die neuen Bedingungen einander gegenüberzustellen und auch die neuen Bedingungen einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.
Nach der aktuellen, mit der KSchG-Novelle BGBl I 1997/6 geschaffenen Rechtslage können diese Grundsätze aber nur noch in jenen Fällen von Bedeutung sein, in denen eine vorprozessuale Abmahnung unterblieben ist, während sie im Fall der Durchführung eines Abmahnverfahrens im Hinblick auf die mittlerweilige Einführung des § 28 Abs 2 KSchG überholt sind (so bereits 4 Ob 227/06w = MR 2007, 222 = RdW 2007/677, 661 = RZ 2007, 229; 8 Ob 110/08x = ÖBA 2009/1553, 469 [Apathy] = ecolex 2009/71, 222 = RdW 2009/356, 402; 2 Ob 153/08a).
Die von Teilen der Lehre vertretene gegenteilige Auffassung (vgl Apathy in Schwimann, ABGB3 V § 30 KSchG Rz 6; ähnlich Eccher in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 28 KSchG Rz 3) hat der Oberste Gerichtshof mit dem Hinweis auf den Normzweck des § 28 KSchG bereits ausdrücklich abgelehnt (4 Ob 227/06w = MR 2007, 222 = RdW 2007/677, 661 = RZ 2007, 229; 8 Ob 110/08x = ÖBA 2009/1553, 469 [Apathy] = ecolex 2009/71, 222 = RdW 2009/356, 402). Der Unternehmer muss daher, will er die Wiederholungsgefahr beseitigen, nach Abmahnung eine unbedingte, uneingeschränkte und strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben (2 Ob 153/08a). Daran hält auch der erkennende Senat fest.
1.5.1. Der Entscheidung 4 Ob 227/06w (= MR 2007, 222 = RdW 2007/677, 661 = RZ 2007, 229) lag in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, dass der Unternehmer strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben, jedoch gleichzeitig geänderte Fassungen einiger Klauseln mit der Behauptung angeführt hatte, dass diese mangels Sinngleichheit zulässig seien. Im seinerzeitigen Verfahren wurden dann - mit einer Ausnahme - die geänderten Klauseln bekämpft. Zur einzigen Klausel, die in ihrer ursprünglichen Fassung Gegenstand des Unterlassungsbegehrens war, hatte die Beklagte in der Unterlassungserklärung ausgeführt, dass der erste Satz (nicht aber auch der weitere Text) der Klausel nicht sinngleich und daher zulässig sei. Der vierte Senat bejahte hinsichtlich dieser Klausel die Wiederholungsgefahr mit der Begründung, dass von einer uneingeschränkten Unterwerfung unter den Anspruch der klagenden Partei keine Rede sein könne; vielmehr bleibe unklar, was die beklagte Partei unter „sinngleichen“ Klauseln verstehe. Sie habe daher keine uneingeschränkte Unterlassungserklärung abgegeben.
1.5.2. In der Entscheidung 8 Ob 110/08x (= ÖBA 2009/1553, 469 [Apathy] = ecolex 2009/71, 222 = RdW 2009/356, 402) war die mit der Vorlage einer Neufassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verbundene „vorbehaltlose Erklärung“ des Unternehmers zu beurteilen, wonach „bei bestehenden Verträgen und bei den während der Aufbrauchsfrist geschlossenen Verträgen ausschließlich im Sinn der neuen Allgemeinen Vertragsbedingungen vorgegangen wird, und dass nach Ablauf der Aufbrauchsfrist allen neuen Verträgen die Allgemeinen Vertragsbedingungen in der ihnen nunmehr vorliegenden Fassung zugrundegelegt werden“. Dazu verpflichtete sich die beklagte Partei „für jeden Fall des Zuwiderhandelns gegen die vorstehende Erklärung“, eine bestimmte Vertragsstrafe zu bezahlen. Auch in diesem Fall verneinte der Oberste Gerichtshof den Wegfall der Wiederholungsgefahr. In der inhaltlichen Änderung der Klauseln, die eine neuerliche umfassende rechtliche Prüfung erforderlich machen würde, bestehe nicht die von der Judikatur stets streng geforderte ausreichende Sicherheit gegen die Wiederholung von Gesetzesverstößen durch die beklagte Partei. Die von dieser abgegebene Erklärung, in Hinkunft nur noch nach den neuen Allgemeinen Vertragsbedingungen vorzugehen, stelle keine einer unbedingten und vollständigen Unterwerfungserklärung gleichwertige Handlung dar.
1.5.3. Mit der erst jüngst ergangenen Entscheidung 2 Ob 153/08a galt es einen Fall zu beurteilen, in dem das beklagte Unternehmen zwar die gewünschte Unterlassungserklärung abgegeben, gleichzeitig jedoch festgehalten hatte, dass sich diese nicht auf die ihrer Meinung nach zulässigen Ersatzklauseln beziehe. Der 2. Senat sah darin und zwar unabhängig davon, ob die Ersatzklauseln „sinngleich“ im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln seien, eine Einschränkung der Unterlassungserklärung. Die Vorgangsweise der Beklagten widerspreche nämlich dem Zweck des § 28 Abs 2 KSchG, der auf eine für beide Teile kostengünstige und die Gerichte entlastende Bereinigung der Angelegenheit und die Schaffung von Rechtssicherheit für beide Seiten ausgerichtet sei. Die mit der Unterlassungserklärung verbundene Formulierung von Ersatzklauseln bewirke das genaue Gegenteil, müsse doch die nach § 29 KSchG klageberechtigte Einrichtung - und bei deren Weigerung bzw unterschiedlicher Auslegung in der Folge das Gericht - zunächst das neue, möglicherweise mit zusätzlichen Eventualformulierungen versehene Klauselwerk daraufhin überprüfen, ob es denselben verpönten Regelungszweck wie die ursprünglichen Klauseln zum Inhalt habe, ehe das Vorliegen der Wiederholungsgefahr beurteilt werden könne. Das liefe auf ein gesetzlich nicht vorgesehenes „Genehmigungssystem“ hinaus. Es müsse jedoch weiterhin ausschließlich die Sache des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein, für deren gesetzmäßigen Inhalt zu sorgen (vgl Krejci in Rummel, ABGB3 II/4 §§ 28 bis 30 KSchG Rz 15 aE).
1.5.4. Auch der vorliegende Fall ist nicht anders zu beurteilen:
Das Berufungsgericht hat zunächst - wie von der Beklagten auch nicht beanstandet - zutreffend erkannt, dass deren Unterlassungserklärung nicht nach dem vom Erstgericht festgestellten, subjektiv von der Beklagten gewünschten Verständnis, sondern nach Wortlaut und objektivem Erklärungswert auszulegen ist (vgl RIS-Justiz RS0014160).
Demnach hat die Beklagte zu den vom Kläger beanstandeten Klauseln - ausgenommen jene zu (1.a.) 3. - zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, diese aber, soweit sie sich auf sinngleiche Klauseln erstreckte, mit der Maßgabe verbunden, „dass die (...) Klauseln nunmehr abgeändert werden”. Diese Mitteilung der Beklagten kann nach ihrem objektiven Erklärungswert nur dahin verstanden werden, dass diese die neu formulierten Ersatzklauseln für zulässig hält. Dies stellt - vergleichbar zur Entscheidung 2 Ob 153/08a - eine die Wiederholungsgefahr nicht beseitigende Einschränkung der Unterlassungserklärung dar und zwar unabhängig davon, ob die Ersatzklauseln mit den beanstandeten Klauseln „sinngleich“ sind. Die gegenteilige Einschätzung würde nämlich eine Vorgangsweise der Beklagten tolerieren, die den Kläger dazu zwingt, die Ersatzklauseln auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen zu müssen, um das Vorliegen der Wiederholungsgefahr beurteilen und erst im Fall erkannter neuerlicher Gesetzwidrigkeit bis dahin gar nicht inkriminierter Klauseln geltend machen zu können. Ein solches, dem Kläger aufgezwungenes System notwendiger Prüfung („Genehmigung“) neu formulierter Ersatzklauseln ist im Gesetz nicht vorgesehen und widerspricht dem schon beschriebenen Zweck (Punkt 1.3.) einer zuverlässigen und rechtssicheren außergerichtlichen Streitbeilegung.
Daraus folgt:
Fügt der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen seiner nach Abmahnung gemäß § 28 Abs 2 KSchG abgegebenen Unterlassungserklärung neu formulierte Ersatzklauseln mit einer sinngemäßen „Maßgabe” bei, diese seien mit den inkriminierten Klauseln nicht „sinngleich”, daher zulässig und von der Unterlassungserklärung ausgenommen, liegt keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung vor. Die Wiederholungsgefahr wird dadurch nicht beseitigt und zwar unabhängig davon, ob die neuen Klauseln im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln tatsächlich „sinngleich“ sind.
Dem Unterlassungsbegehren ist demnach - soweit dieses nicht die Klausel zu (1.a.) 3. betrifft - wegen bestehender Wiederholungsgefahr stattzugeben.
2. Zur Klausel zu (1.a.) 3.:
2.1. Die vom Kläger beanstandete Klausel 3. lautet:
„Mangels anderer Vereinbarung ist der bei Eröffnung in die Sparurkunde eingedruckte Basiszinssatz in der Folge an den zur Spareinlage vereinbarten Indikator gebunden und ändert (erhöht und senkt) sich jeweils zehn Bankwerktage nach jeder Änderung des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank (EZB).
... Der Zinssatz ändert sich um die Anzahl an Prozentpunkten, um die sich der Indikator im Vergleichszeitraum geändert hat.”
Der Kläger beanstandet insoweit die Möglichkeit einer „Nullverzinsung”, wie aus der - ursprünglichen - Klausel 4. deutlich wird:
„4. Die Entwicklung des Indikators kann zu Perioden mit fiktiven negativen Zinssätzen führen. Für diese Perioden unterbleibt die Verzinsung der Spareinlage und wird erst wieder aufgenommen, sobald sich aus der Weiterrechnung des fiktiven negativen Zinssatzes anhand der Indikatorenentwicklung der positive Wert ergibt.”
Der Kläger sieht in einer nach diesen Klauseln möglichen „Nullverzinsung” einen Verstoß gegen §§ 864, 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.
2.2. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist gemäß § 879 Abs 3 ABGB jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Diese durch das KSchG eingeführte Bestimmung dient nach dem Willen des Gesetzgebers der Verhinderung unfairer Vertragsbestimmungen und sollte in der Regel schwächere Vertragspartner gegen einen Missbrauch der Privatautonomie durch einen typischerweise überlegenen Vertragspartner schützen. Nach den Gesetzesmaterialien treffen bei den in AGB und Vertragsformblättern enthaltenen Klauseln über Nebenbestimmungen des Vertrags häufig zwei Momente aufeinander: Einerseits die objektive Unbilligkeit solcher Bestimmungen infolge einseitiger Verschiebung des vom Gesetz vorgesehenen Interessenausgleichs durch den Vertragsverfasser zum Nachteil seines Partners und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ bei diesem Vertragspartner, durch die dieser Vertragsbestandteile zum Inhalt seiner Erklärung macht, die er nicht wirklich will. Die Beurteilung, ob eine in AGB oder in einem Vertragsformblatt enthaltene Bestimmung eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt, ist im Rahmen eines beweglichen Systems vorzunehmen (vgl 10 Ob 125/05p = SZ 2006/87 = JBl 2007, 56 = ÖBA 2006, 916 = ecolex 2006, 752; Krejci in Rummel3, § 879 ABGB Rz 231 und 240 ff).
2.3. Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB beschränkt sich auf Nebenbestimmungen. Nicht erfasst wird hingegen die Hauptleistungspflicht, für die in den §§ 879 Abs 2 Z 4 und 934 ABGB spezielle Regelungen enthalten sind. Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Abgrenzung der Haupt- von den Neben-(Leistungs-)Pflichten so zu ziehen, dass die Ausnahmen dieser Gesetzesbestimmung möglichst eng verstanden werden, dass also Hauptpunkte nur diejenigen Vertragsbestandteile sind, die die individuelle zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen festlegen, während Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln (zB in welcher Form eine Preisanpassung bei geänderten Marktverhältnissen erfolgt), nicht unter die Ausnahme von der Inhaltskontrolle im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB fallen (4 Ob 112/04f mwN = SZ 2004/125 = EvBl 2005/47, 220 = MR 2004, 380; 10 Ob 125/05p = SZ 2006/87 = JBl 2007, 56; Krejci aaO Rz 238). Die hier strittige Zinsanpassungsklausel unterliegt daher - entgegen der Ansicht der Beklagten - grundsätzlich der Inhaltskontrolle im Sinn der genannten Gesetzesbestimmung (zu Kreditzinsen vgl etwa 10 Ob 125/05p = SZ 2006/87 = JBl 2007, 56; 10 Ob 145/05d = ecolex 2006/319, 754 = RdW 2006/699, 764 = ÖBA 2007, 332; 1 Ob 72/08g = ÖBA 2008/1516, 874).
Bei der möglichen „Nullverzinsung“ einer Spareinlage in Richtung einer für den sparenden Verbraucher gröblich benachteiligenden Wirkung ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der folgende Umstände zu berücksichtigen sind:
2.4. Der Beklagten ist grundsätzlich ein Interesse daran zuzubilligen, die Zinsen für Spareinlagen, vornehmlich in Fällen längerfristiger vertraglicher Bindungen an sich ändernde Rahmenbedingungen, insbesondere an neue Gegebenheiten auf dem Finanzmarkt anzupassen. (Zweiseitig wirkende) Zinsanpassungsklauseln sind daher nicht grundsätzlich zu beanstanden (zu Kreditzinsen vgl 10 Ob 125/05p = SZ 2006/87 = JBl 2007, 56 = ÖBA 2006, 916 = ecolex 2006, 752; 10 Ob 145/05d = ecolex 2006/319, 754 = RdW 2006/699, 764 = ÖBA 2007, 332; 1 Ob 72/08g = ÖBA 2008/1516, 874; vgl auch RIS-Justiz RS0016594).
Aus der Sicht des sparenden Verbrauchers sind dagegen folgende Aspekte zu bedenken:
2.5. Nach § 31 Abs 1 BWG handelt es sich bei Spareinlagen um Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen. Gemäß § 32 Abs 8 BWG können Spareinlagen auf eine bestimmte Laufzeit gebunden werden. Vor Fälligkeit geleistete Zahlungen sind als Vorschüsse zu behandeln und zu verzinsen. Für diese Vorschüsse ist 1 vT pro vollem Monat für die nicht eingehaltene Bindungsdauer zu berechnen. Es ist jedoch an Vorschusszinsen nicht mehr zu berechnen, als insgesamt an Habenzinsen auf den hereingekommenen Betrag vergütet wird, wobei auch bereits ausbezahlte Habenzinsen des Vorjahres im erforderlichen Ausmaß rückzuverrechnen sind, wenn die Habenzinsen des laufenden Jahres nicht ausreichen.
2.6. Aus der Definition des § 31 Abs 1 BWG, wonach es sich bei Spareinlagen um Anlagen handelt, folgt, dass grundsätzlich nur eine verzinsliche Einlage dem Anlagezweck, nämlich Einnahmen zu erzielen, entspricht (vgl 6 Ob 570/91 = RdW 1991, 328 = ÖBA 1992, 172 = HS 22.282). Spareinlagen sind also durch eine gewisse längerfristige Dauer und den Veranlagungszweck der Verzinsung gekennzeichnet (vgl Nitsche, Sparbuch: Anonymität und Wertpapiercharakter, ÖBA 2000, 1055) und haben typischerweise Vermögensbildungs- und Gewinnerzielungsfunktion (vgl Apathy, Das Einlagengeschäft, Rz 3/4, in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II², 188 [190]).
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass eine (aufgrund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank mögliche) „Nullverzinsung“ den elementaren und gesetzlich angelegten Zwecken einer Spareinlage (Gewinn- und Vermögensbildungsfunktion) diametral widerspricht.
2.7. Unter einem Leitzins wird gemeinhin der von der zuständigen Zentralbank (hier: der Europäischen Zentralbank [EZB]) festgelegte Satz zur Steuerung des Geld- und Kapitalmarkts verstanden. Er stellt jenen Zinssatz dar, zu dem sich Geschäftsbanken bei einer Zentral- oder Notenbank Zentralbankgeld leihen können. Der Leitzins ist ein geldpolitisches Instrument, mit dem Einfluss auf den Refinanzierungsmarkt genommen wird. Dieser Zinssatz ist keineswegs den Interessen sparender Verbraucher, sondern insbesondere der Liquiditätssicherung namentlich der Banken und den Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen im jeweiligen Währungsraum verpflichtet und verfolgt regelmäßig Ziele in Richtung stabiler Preise und niedriger Inflation. Die Verknüpfung der Verzinsung von Sparguthaben mit dem Leitzinssatz der EZB dient schon im Ansatz nicht primär den Interessen von Sparern, weil deren (legitimes) Bestreben ja darin besteht, für ihre Einlagen möglichst hohe Zinsen zu lukrieren und nicht etwa durch niedrige Zinsen die Liquidität der Bank zu erhöhen, um dieser beispielsweise Kreditgewährungen zu (selbstverständlich) über dem Leitzinssatz der EZB liegenden Kreditzinsen zu ermöglichen.
2.8. Zu berücksichtigen ist letztlich noch, dass auch das Argument des Berufungsgerichts, wonach jeder Sparer seine Einlage jederzeit beheben und anderswo besser veranlagen könne, nicht trägt, weil bei Einlagenauflösung noch zusätzliche finanzielle Nachteile zu gewärtigen sind (siehe Klausel 2. laut Urteilstenor und geänderte Klausel III.).
Zusammengefasst ergibt sich somit:
Die inkriminierte Klausel zu (1.a.) 3. orientiert sich am Leitzinssatz der EZB, welcher wegen der damit verfolgten Finanzmarktpolitik tendenziell weniger den Interessen sparender Verbraucher, sondern eher jenen der Kreditinstitute entgegen kommt. Fundamentaler Zweck jeder Spareinlage ist nicht die Liquiditätsverbesserung der Bank, sondern die eine Anlage kennzeichnende Gewinn- und Vermögensbildungsfunktion. Auf eine „Nullverzinsung” können Sparer nicht adäquat reagieren, weil sie ihre Einlage nur mit zusätzlichen finanziellen Nachteilen abziehen und anders veranlagen können. Aus diesen Gründen ist die eine „Nullverzinsung” ermöglichende Klausel im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend und daher nichtig. Die Beklagte hat insoweit keine Unterlassungserklärung abgegeben, weshalb sich das Unterlassungsbegehren auch in diesem Punkt - unabhängig von insofern formulierten Ersatzklauseln („Mindestverzinsung“) als berechtigt erweist.
B. Zum Veröffentlichungsbegehren:
Anspruchsvoraussetzung ist das „berechtigte Interesse“ an der Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs 3 UWG iVm § 30 Abs 1 KSchG). Dieses liegt bei der Verbandsklage nach dem Konsumentenschutzgesetz darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw sittenwidrig sind. Durch die Aufklärung wird die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (vgl 10 Ob 47/08x mwN = RdW 2008, 710 = ecolex 2008, 902; vgl auch RIS-Justiz RS0121963). Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für jene Verbraucher, deren Verträgen mit der Beklagten noch die inkriminierten Klauseln zugrunde gelegt worden sind.
Bei ihrem Hinweis, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits geändert zu haben, lässt die Beklagte überdies unberücksichtigt, dass aufgrund der Unzulänglichkeit ihrer Unterlassungserklärung gemäß § 28 Abs 2 KSchG die Gefahr künftigen rechtswidrigen Verhaltens (die Wiederholungsgefahr) weiterhin gegeben ist. Dabei reicht die Gefahr auch bloß ähnlicher Rechtsverletzungen (durch Verwendung sinngleicher Klauseln) aus, weshalb insoweit auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht (2 Ob 142/06f mwN = RdW 2007/301, 277 = JBl 2007, 385; 10 Ob 47/08x = RdW 2008, 710 = ecolex 2008, 902). Die Änderung der inkriminierten Klauseln ist daher nicht geeignet, das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die seinerzeitige Verwendung der gesetzwidrigen Vertragsbestandteile zu erfüllen. Auch das Veröffentlichungsbegehren erweist sich somit als berechtigt.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
Textnummer
E92241European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0050OB00138.09V.1013.000Im RIS seit
12.11.2009Zuletzt aktualisiert am
25.09.2015