TE Vfgh Beschluss 1998/6/8 V100/97

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Veröffentlicht am 08.06.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes mangels unmittelbarer Betroffenheit

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragstellerin begehrt unter Berufung auf Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung des "Flächenwidmungsplan(es) der Gemeinde Ellbögen vom 15. Jänner 1982 hinsichtlich der Grundstücke .39/13 und .39/12 als gesetzwidrig".

Zur Begründung ihres Antrages führt sie aus, sie habe mit Kaufvertrag vom 29. April 1976 die genannten Grundstücke erworben, nachdem die Gemeinde Ellbögen ihr am 11. März 1976 bestätigt habe, daß die Grundstücke im Entwurf des Flächenwidmungsplanes als Bauland ausgewiesen seien.

Mit rechtskräftigem Baubescheid vom 1. Juli 1976 sei der Antragstellerin die Errichtung eines Einfamilienhauses bewilligt worden. Mit einem weiteren rechtskräftigen Baubescheid sei die Errichtung einer Garage bewilligt worden. Die Bauwerke seien in der Folge auf beiden Grundstücken errichtet worden.

Im Jahre 1993 habe die Antragstellerin erfahren, daß ihre Grundstücke im Flächenwidmungsplan vom 15. Jänner 1982 als Freiland ausgewiesen seien.

Die Antragstellerin behauptet, das Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplans sei fehlerhaft gewesen; die Flächenwidmung sei willkürlich vorgenommen worden.

2. Die Gemeinde Ellbögen legte die Akten betreffend das Zustandekommen des Flächenwidmungsplans vor und verteidigte die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans.

Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Legitimation der Antragstellerin in Frage stellt und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).

Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10593/1985, 11453/1987).

Der Antrag stellt die unmittelbare Betroffenheit folgendermaßen dar:

"Angesichts der Flächenausdehnung der Gesamtliegenschaft ist die Erbauung eines weiteren Wohnhauses auf den beiden Grundstücken rechtlich und technisch ohne weiteres möglich und es ist in der Tat beabsichtigt, in den nächsten Jahren zumindest für eines der Kinder der Antragstellerin ein weiteres Wohnhaus zu errichten, was aufgrund der gegenwärtigen Widmungslage scheitern müßte. Die Antragstellerin ist daher in der Nutzung ihres Eigentumsrechtes in erheblichem Ausmaß eingeschränkt. Nach der derzeit geltenden Rechtslage ist ein Umbau des bestehenden Wohnhauses nur in stark eingeschränktem Maße möglich. Ebenso ist der Wert der Gesamtliegenschaft durch die Widmung als Freiland stark gemindert."

Beurteilt man das Vorbringen der Antragstellerin im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, daß die Antragstellerin eine aktuelle Betroffenheit durch den Flächenwidmungsplan vom 15. Jänner 1982 nicht darzutun vermochte.

Die Antragstellerin hat einerseits mit der vagen Behauptung, in den nächsten Jahren ein Wohnhaus errichten zu wollen, konkrete Bauabsichten nicht bekundet. Andererseits wird die Behauptung aufgestellt, ein Umbau des Wohnhauses sei nur in eingeschränktem Maße möglich, ohne zu behaupten, daß ein solcher Umbau geplant sei.

Sofern die Antragstellerin auf die Wertminderung ihres Grundstückes aufgrund dessen Widmung als Freiland verweist, beschreibt sie bloß wirtschaftliche Auswirkungen; damit macht sie aber keine rechtliche Betroffenheit, sondern nur ihre wirtschaftlichen Interessen geltend (vgl. etwa VfSlg. 9876/1983, 11128/1986).

Die Verordnung ist schon aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin für sie nicht unmittelbar wirksam. Der Antrag ist daher unzulässig.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:V100.1997

Dokumentnummer

JFT_10019392_97V00100_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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