Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am 19. November 2007 verstorbenen J***** E***** über den Revisionsrekurs des Nachvermächtnisnehmers C***** E*****, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 9. Juli 2009, GZ 21 R 254/09p-63, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 30. April 2009, GZ 45 A 396/07y-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Verlassenschaftssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Der am 19. 11. 2007 verstorbene Erblasser hinterließ seine Ehegattin und drei Söhne, wobei er seine Ehegattin mit letztwilliger Anordnung vom 17. 1. 2006 zur Alleinerbin eingesetzt und die Söhne unter Aussetzung von Vermächtnissen auf den Pflichtteil gesetzt hatte.
Hinsichtlich seines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ordnete er zugunsten seines Sohnes B***** als Hauptlegatar ein Vermächtnis im Ausmaß von 50 % und zugunsten seines Sohnes C***** ein solches im Ausmaß von 25 % an; die restlichen 25 % sollten seiner Ehegattin zukommen. Des Weiteren bestimmte er hinsichtlich des Vermächtnisses des Hauptlegatars B*****, dessen Bruder C***** zum Nachlegatar (fideikommissarische Substitution).
Im Zuge der Abhandlung erklärte der Hauptlegatar, das Vermächtnis anzunehmen, und beantragte die Ausstellung einer diesbezüglichen Amtsbestätigung; gleichzeitig kündigte er jedoch die Anfechtung der angeordneten fideikommissarischen Substitution an.
Der Nachlegatar beantragte „gemäß § 178 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 10 GBG bzw § 4 Z 3 FBG", hinsichtlich des Geschäftsanteils des Hauptlegatars „die Beschränkung der Rechte durch die ... fideikommissarische Substitution und [die] Anmerkung der Beschränkung im Firmenbuch" in den Einantwortungsbeschluss aufzunehmen. Diesem Begehren trat der Hauptlegatar entgegen.
Das Erstgericht erließ den „Einantwortungsbeschluss samt Amtsbestätigung für das Grund- und Firmenbuch gemäß § 182 Abs 3 AußStrG". Darin ordnete es unter anderem die Eintragung der beiden Vermächtnisse an B***** und C***** im Firmenbuch bei der Gesellschaft an. In seiner Beschlussbegründung führte das Erstgericht aus, die vom Nachlegatar gewünschte Eintragung habe nicht erfolgen können, weil das Firmenbuchgesetz die Eintragung von Substitutionen nur bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften, nicht jedoch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorsehe.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es den Antrag des Nachlegatars abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist; zur Frage, ob der Nachlegatar eine Bestätigung, in der die Beschränkung durch ein Nachvermächtnis festgehalten ist, verlangen könne, liege lediglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vor, die noch zum Außerstreitgesetz 1854 ergangen sei.
In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, auf das „eigentliche" Nachvermächtnis sei zwar § 182 Abs 3 AußStrG anzuwenden, dieser setze aber für die Erteilung der Amtsbestätigung die Zustimmung aller Erben voraus. Dazu müsse im Wege eines Analogieschlusses auch der mit dem Substitutionslegat Beschwerte gezählt werden, der Hauptlegatar habe jedoch der Eintragung des Substitutionsbandes zugunsten des Nachlegatars nicht zugestimmt, sodass die Eintragung des Substitutionsbandes zu unterbleiben habe und der Nachlegatar auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Nachlegatars ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtslage verkannt hat; er ist auch berechtigt.
1. Der Hauptlegatar rügt in seiner Revisionsrekursbeantwortung zu Unrecht das Fehlen einer Anwaltsunterschrift auf dem Revisionsrekurs des Nachlegatars. Der Revisionsrekurs wurde nämlich am 30. 7. 2009 von der ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertretung des Nachlegatars mittels Web-ERV beim Erstgericht eingebracht. Weder eine solche Eingabe noch der (allenfalls) einer elektronischen Eingabe angeschlossene PDF-Anhang (also der Mitteilungsschriftsatz selbst) bedürfen daher einer weiteren Unterfertigung durch die Parteienvertreter und sind auch nicht zur Verbesserung zurückzustellen. Durch den Anschriftcode gemäß § 7 ERV und eine dem § 6 Abs 1 ERV entsprechende Sicherung ist gewährleistet, dass die Eingabe nur von demjenigen elektronisch eingebracht werden kann, der in der Eingabe als Einbringer bezeichnet wird (6 Ob 3/09y).
2. Der Hauptlegatar hat die Ausstellung einer Amtsbestätigung, also die Erlassung eines Bestätigungsbeschlusses (6 Ob 22/08s), nach § 182 Abs 3 AußStrG hinsichtlich seines Vermächtnisses eines 40%igen Geschäftsanteils an der Gesellschaft beantragt. Der Nachlegatar wiederum beantragte „gemäß § 178 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 10 GBG bzw § 4 Z 3 FBG", hinsichtlich dieses Geschäftsanteils „die Beschränkung der Rechte durch die ... fideikommissarische Substitution und [die] Anmerkung der Beschränkung im Firmenbuch" in den Einantwortungsbeschluss aufzunehmen.
Das Rekursgericht wies letzteren Antrag ab. Der Nachlegatar begehrt nunmehr in seinem Revisionsrekurs unter Hinweis auf § 182 Abs 3 AußStrG einen Ausspruch der erwähnten Beschränkung der Rechte des Hauptlegatars und die Bestätigung, dass diese Beschränkung im Firmenbuch eingetragen werden kann.
Da es im vorliegenden Verfahren - wie noch darzulegen sein wird - letztlich nicht um eine eigene Amtsbestätigung des Nachlegatars (sei es nun nach § 178 Abs 7 AußStrG, sei es nach § 182 Abs 3 AußStrG) geht, sondern tatsächlich um die Frage der Beschränkung der Rechte des Hauptlegatars durch das Nachvermächtnis des Nachlegatars und damit um den Inhalt der dem Hauptlegatar auszustellenden Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG, erscheint die Rechtsstellung des Nachlegatars durch die Beschlüsse der Vorinstanzen beeinträchtigt. Er ist daher bereits unter diesem Gesichtspunkt (unmittelbare Beeinflussung seiner rechtlich geschützten Stellung) als Partei im Sinne des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG und damit als rechtsmittellegitimiert anzusehen. Dies wird auch vom Hauptlegatar in seinen Rechtsmittelbeantwortungen nicht in Zweifel gezogen.
3. Der Erblasser hat - worauf das Rekursgericht bereits zutreffend hinwies - hinsichtlich des in Rede stehenden Geschäftsanteils ein Vermächtnis zugunsten des Hauptlegatars und ein „eigentliches" Nachvermächtnis zugunsten des Nachlegatars (3 Ob 620/85 mwN) angeordnet (zum „uneigentlichen" Nachvermächtnis, mit dem im Unterschied dazu ein Erbe belastet wird, vgl RIS-Justiz RS0107196). Ein solches „eigentliches" Nachvermächtnis wird als durchaus zulässig anerkannt (etwa 1 Ob 776/76 EvBl 1977/167; 3 Ob 620/85; 9 Ob 138/04s) und erzeugt gegen den Hauptlegatar ein Forderungsrecht, es sei denn es stünde bereits fest, dass dieser nicht zum Zuge kommen wird (9 Ob 138/04s).
4. Einen eigenen Antrag des Nachlegatars auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG, der dem § 178 AußStrG 1854 entspricht (6 Ob 22/08s), sieht die derzeitige Rechtslage nicht vor (Kleteèka, Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 279). Soweit Kleteèka (aaO 280) in diesem Zusammenhang erwägt, dem Nachlegatar einen derartigen Antrag einzuräumen, wenn der Hauptlegatar untätig bleibt - dies mit der Begründung, der Nachlegatar könnte in einem solchen Fall sonst nichts zu seiner Sicherstellung im Grundbuch bzw im Firmenbuch unternehmen -, braucht darauf im vorliegenden Verfahren nicht näher eingegangen zu werden. Der Hauptlegatar hat nämlich bereits einen Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG gestellt. Letztlich strittig ist nur deren Umfang.
Ein Antrag des Nachlegatars auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 Abs 7 AußStrG wiederum muss daran scheitern, dass § 178 Abs 2 Z 1 AußStrG von der Beschränkung der Rechte der Erben handelt (zur Frage der trotz der Änderungen des AußStrG BGBl I 2003/111 wohl weiterhin grundsätzlich zulässigen Anmerkung eines Substitutionsbandes vgl etwa Knoll, Einiges zum neuen Verlassenschaftsverfahren, RZ 2005, 2 und Bittner in Rechberger, AußStrG [2006] § 178 Rz 6), die Witwe des Erblassers im vorliegenden Verfahren durch das Nachvermächtnis jedoch nicht beschränkt wird.
Unter diesen Gesichtspunkten hätte somit das Rekursgericht - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht den Antrag des Nachlegatars auf Ausstellung einer Amtsbestätigung ab- (richtig: zurück) gewiesen.
5.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist jedoch auf das „eigentliche" Nachvermächtnis im Rahmen der Erlassung der Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG Bedacht zu nehmen; die Einverleibung im Grundbuch bzw die Eintragung im Firmenbuch dürfen nur mit einer entsprechenden Beschränkung für zulässig erklärt werden (5 Ob 47/67 RZ 1967, 164; 3 Ob 620/85; ebenso Kleteèka aaO 279; Eccher in Schwimann, ABGB³ [2006] § 652 Rz 5 [dieser bereits zur Rechtslage nach dem AußStrG BGBl I 2003/111]).
5.2. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts bedarf eine solche Bestätigung auch nicht der Zustimmung des Hauptlegatars, erwähnt doch § 182 Abs 3 AußStrG ausdrücklich nur die Zustimmung „aller Erben". Diese Zustimmungsnotwendigkeit wurde erst durch das AußStrG BGBl I 2003/111 eingefügt, die Rechtsprechung zu § 178 AußStrG 1854 verneinte eine derartige Notwendigkeit weitestgehend (vgl die Nachweise bei Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen² [1984] § 178 E 4; für die Notwendigkeit einer Zustimmung lediglich 2 Ob 82/56 EvBl 1956/167). Ihr Zweck besteht offensichtlich darin, dass nur unstrittige Vermächtnisse ins Grundbuch bzw ins Firmenbuch eingetragen werden sollen. Gerade dies wäre aber bei einem Vermächtnis nicht der Fall, welches (angeblich) durch ein Nachvermächtnis eingeschränkt ist, das der Hauptlegatar jedoch nicht akzeptieren will. Ein solcher Streit ist vor dem Prozessgericht auszufechten (vgl 6 Ob 22/08s mwN; RIS-Justiz RS0008377).
5.3. Damit hätten die Vorinstanzen jedoch aufgrund der von Hauptlegatar und Nachlegatar vertretenen Rechtsstandpunkte ersterem lediglich eine Bestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG unter Beachtung der Beschränkung des Vermächtnisses durch das Nachvermächtnis ausstellen dürfen, nicht jedoch eine unbeschränkte Bestätigung. Dies ist auch das erkennbare Rechtsschutzziel des Revisionsrekurses der Nachlegatars.
6. Eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Ausführungen zu 5.3. kommt allerdings derzeit nicht in Betracht, weil die Antragstellung des Hauptlegatars widersprüchlich erscheint. Er hat nämlich am 2. 2. 2009 vor dem Gerichtskommissär erklärt, „das ihm vermachte Legat betreffend 40%igen Geschäftsanteil ... [anzunehmen]", wobei er unter einem „die Ausstellung einer diesbezüglichen Amtsbestätigung" beantragte und „die Anfechtung der angeordneten fideikommissarischen Substitution zugunsten [des Nachlegatars ankündigte]"; dies wäre als Zustimmung zur Berücksichtigung des Nachvermächtnisses zu deuten. Am 19. 3. 2009 beantragte er hingegen ausdrücklich, „eine derartige Anmerkung [der fideikommissarischen Substitution] nicht in den Einantwortungsbeschluss aufzunehmen".
Da ein durch ein Nachvermächtnis belastetes Vermächtnis gegenüber einem unbelasteten Vermächtnis nicht ein Minus, sondern ein Aliud darstellt, wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren unter Berücksichtigung der dargelegten Rechtsgrundsätze mit dem Hauptlegatar zu erörtern haben, ob er (auch) eine Bestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG unter Berücksichtigung des Nachvermächtnisses anstrebt oder ob sich sein Antrag ausschließlich auf ein unbeschränktes Vermächtnis bezieht (in letzterem Fall wäre sein Antrag allerdings abzuweisen).
Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass - entgegen der Auffassung des Erstgerichts - die Eintragung von Substitutionen, also auch eines „eigentlichen" Nachvermächtnisses (Schenk in Straube, HGB³ [2003] Anh I § 8 [§ 4 FBG]), im Firmenbuch nicht nur gemäß § 4 Z 3 FBG bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften, sondern gemäß § 5 iVm § 4 FBG auch bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung zulässig ist; § 5 FBG ordnet nämlich an, dass die dort erwähnten Eintragungen „ferner", also zusätzlich zu jenen nach § 4 FBG vorzunehmen sind (vgl auch 6 Ob 131/09x).
Textnummer
E92342European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00196.09F.1016.000Im RIS seit
15.11.2009Zuletzt aktualisiert am
24.06.2010