Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. F***** St*****, und 2. J***** St*****, beide *****, vertreten durch Mag. Markus Adam, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen 20.105,06 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Mai 2008, GZ 40 R 120/08f-71, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 14. Februar 2008, GZ 9 C 125/06x-65, zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:
„1. Die Klagsforderung besteht mit 18.502,42 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht mit 1.885,75 EUR zu Recht.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien 16.616,67 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 12. 2005 und 4 % Zinsen aus 2.875,08 EUR vom 15. 12. 2005 bis 9. 1. 2006 binnen 14 Tagen zu zahlen.
4. Das Mehrbegehren von 1.885,75 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 12. 2005 wird abgewiesen.
5. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten."
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger begehrten mit ihrer Klage die Zahlung von 20.105,06 EUR. Sie haben als Mitmieter einer Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses am 30. 11. 2005 einen - dem Grunde und der Höhe nach unstrittigen - Anspruch auf Rückzahlung des restlichen Baukostenzuschusses.
Die Beklagte wandte Gegenforderungen von zusammen 21.023,15 EUR aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht hat die Klagsforderung mit 20.105,06 EUR und die Gegenforderungen mit 10.985,53 EUR als zu Recht bestehend erkannt, die Beklagte demgemäß zur Zahlung von 9.119,53 EUR samt Zinsen verurteilt und das Klagemehrbegehren abgewiesen.
Es stellte, soweit für die Revision von Interesse, fest:
Die Kläger verpflichteten sich im schriftlichen Mietvertrag, das Mietobjekt (Wohnzimmer mit integrierter Küche, Schlafzimmer, Vorraum, Bad, WC, Flur, Loggia) vertragsgemäß und schonend zu benützen sowie es samt mitvermieteten Einrichtungen auf eigene Kosten ordnungsgemäß zu warten und instandzuhalten. Sie „hafteten für alle Schäden, die aus einem unsachgemäßen oder sonst vertragswidrigen Gebrauch des Mietobjekts oder aus mangelnder Wartung durch sie selbst, ihre Mitbewohner oder Besucher entstehen (zB Schimmelpilzbildung)". Boden- und Wandbeläge waren bei Beendigung des Mietverhältnisses von den Mietern zu entfernen und der „vorherige (bzw der von der Vermieterin ursprünglich vorgesehene) Zustand" von den Mietern auf ihre Kosten wiederherzustellen.
Der von einem Hygrostat gesteuerte Ventilator im Badezimmer schaltete sich schon zu Beginn des Mietverhältnisses nicht ab. Unabhängig von der jeweiligen Einstellung lief er ständig weiter. Der Erstkläger nahm deshalb im Jänner 1999 Kontakt zum Geschäftsführer der Beklagten auf, der einen Elektriker entsandte. Der Defekt wurde nicht beseitigt. Der Hygrostat wurde daraufhin abgeklemmt und nicht mehr in Betrieb genommen. Wer ihn abklemmte, konnte nicht mehr festgestellt werden.
Beim Einzug des Erstklägers in die Wohnung war darin ein Melan-/Parkettboden, der vom Vormieter verlegt worden war. Im Jahr 1999 ließ der Erstkläger die Küche sowohl an der Wand als auch am Boden verfliesen. Vom neu verfliesten Bodenbereich zum verbliebenen Parkettboden der Wohnküche ergab sich ein Niveauunterschied von 1 cm. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die nunmehrige Geschäftsführerin den Klägern zusagte, die Verfliesung könne bei Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung verbleiben.
Der Erstkläger bewohnte die Wohnung gemeinsam mit Ehefrau und Kind. Im Winter 2004/2005 kam das zweite Kind zur Welt. Der Erstkläger schlief mit seiner Frau im Wohnzimmer, die beiden Kinder im Kinderzimmer. In der Wohnung gab es auch eine Waschmaschine. Die Wäsche wurde im Badezimmer, manchmal in der Waschküche oder im Sommer im Garten zum Trocknen aufgehängt. Ein paar Mal täglich wurde für mindestens zehn Minuten gelüftet, dies jedoch Raum für Raum und jedenfalls ab Winter 2004/2005 wegen des Kleinkindes nicht in möglicher Querlüftung. Haustiere wurden in der Wohnung nicht gehalten. Die Pflanzen entsprachen dem üblichen Ausmaß. Erstmals im Feber 2005 bemerkte der Erstkläger Schimmelbildung in der Wohnung. Er führte dies auf Baumängel zurück und meldete es der Beklagten. Diese veranlasste eine thermografische Messung durch einen Sachverständigen, der am 18. 11. 2005 in der Wohnung Befund erhob. In seinem Bericht heißt es:
„... Der sichtbare Schimmelbefall zeigte eine gräuliche und grünliche Färbung. Der sichtbare Schimmel ist fleckig in runder Geometrie an den befallenen Zonen. Der sichtbare Schimmelpilzrasen ist in den betroffenen Ecken hyperbelartig ausgeprägt bzw flächig an der Kastenrückwand. Der sichtbare Schimmelpilzbefall breitet sich linear entlang von Sockelleisten, Wandichsen aus. Es ist daher davon auszugehen, dass die gegenständliche Vernässung durch Tauwasser, begründet durch die Raumluftkonditionen und die Aufstellung der Möblierung entsteht. ...
Zusammenfassung: Ein wesentlicher und/oder kausaler thermischer Baumangel konnte nicht festgestellt werden. Im gegenständlichen Fall ist daher überwiegend vom Nutzungsverhalten als Auslöser für den Tauwasserschaden bzw die Schimmelbildung auszugehen. Festzustellen ist, dass die Schäden zum ersten Mal im Winter 2005 aufgetreten sind; dies entspricht dem Zeitpunkt des Familienzuwachses. Es ist daher nicht auszuschließen, dass hier eine Änderung von Nutzungsgewohnheiten stattgefunden hat. Weiters ist die Wohnung aufgrund ihrer Größe von ca 53 m2 mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern als stark belegt zu betrachten. Bei den Fenstern und Türen konnten keine wesentlichen Undichtheiten festgestellt werden, der Luftraum muss daher durch regelmäßiges und gezieltes Lüften bedient werden, vor allem, wenn in der Wohnung auch noch Wäsche getrocknet wird und der Ventilator im Bad zusätzlich defekt ist (zwangsweise Luftwechsel zum Wohnraum)."
Jedenfalls ab der Geburt des zweiten Kindes setzten der Erstkläger und seine Ehefrau kein effizientes Lüftungsverhalten. Die Möbel in der Wohnung waren überdies nicht ausreichend von der Wand abgerückt, um eine Durchlüftung des Spaltes zwischen Möbel und Wand zu gewährleisten, weswegen sich an der hinteren Oberfläche der Möbel wie auch an der Wand dahinter ein umfangreicher Schimmelrasen bildete. Ein Schimmelbefall ist bei ausreichender Durchlüftung des Spaltes zwischen Möbel und Wand auszuschließen. Schimmel trat auch an der Oberfläche der Jalousie-Lamellen auf. An solchen Oberflächen kann Schimmel nur dann wachsen, wenn sie verschmutzt sind. Eine gereinigte Kunststoffoberfläche oder eine gereinigte Jalousie-Lamelle ist nicht geeignet, dass sich darauf ein Schimmelrasen bildet, weil dieser einen organischen Nährboden haben muss. Dass an einer Jalousie-Lamelle Schimmel auftritt, erfordert eine lange anhaltende hohe Luftfeuchte im Raum. Der Schimmel ist auf das falsche Nutzungsverhalten des Erstklägers und seiner Familie und nicht auf bautechnische Mängel des Bestandobjekts zurückzuführen. Schimmel ist nicht nur in jener Ecke aufgetreten, wo sich außen ein Regenrohr befindet, sondern auch an anderen Stellen.
Nach dem Auszug des Klägers und seiner Familie bildete sich der Schimmelbefall im Wohnzimmer zurück. Schimmelbildung gab es im Kinderzimmer und in der Küche. In einer Ecke des Kinderzimmers blieb farblich erkennbare Schimmelbildung erhalten.
Der Fliesenboden in der Küche blieb erhalten. Die Beklagte ließ jedoch den umliegenden Parkettboden im Wohnzimmer erneuern, der im Niveau an den Fliesenboden angeglichen wurde. Die angemessenen Kosten für die Bodenarbeiten betragen 1.000 EUR netto, dies gleichgültig, „ob der Fliesenboden oder der Holzboden erneuert worden wäre".
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, es sei notwendig gewesen, den Boden zu sanieren, um den Niveauunterschied zwischen dem vom Erstkläger angebrachten Fliesenboden und dem schon vorhanden gewesenen Parkettboden zu beseitigen. Die Schimmelbildung beruhe allein auf einem falschen Nutzerverhalten. Die dadurch notwendigen Sanierungsmaßnahmen seien von den Klägern zu ersetzen.
Infolge Berufungen beider Parteien - die Kläger bekämpften die Abweisung des Klagemehrbegehrens, die Beklagte bekämpfte den Zuspruch im Umfang von 441,14 EUR - hat das Berufungsgericht 1. mit Beschluss das angefochtene Urteil in Ansehung einer Klagsforderung von 1.602,64 EUR und der entsprechenden Gegenforderung in gleicher Höhe (restlicher Mietzins) aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen und 2. in Bezug auf die übrige Klagsforderung von 18.502,42 EUR mit Teilurteil die Klagsforderung in dieser Höhe und die Gegenforderung mit 685,75 EUR als zu Recht bestehend erkannt, die Beklagte zur Zahlung von 17.816,67 EUR verurteilt und das Klagemehrbegehren von 685,75 EUR abgewiesen. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Es stellte als unstrittig fest, dass die Wohnung geheizt wurde. Der Rechtsrüge der Berufung der Beklagten hielt es zunächst seine Entscheidung RIS-Justiz RWZ0000120 entgegen. Darin habe das Berufungsgericht ausgeführt, dass das vom Vermieter gewünschte Lüftungs- und Beheizungsverhalten grundsätzlich den Bedürfnissen eines Wohnungsmieters nach kühlen und warmen Räumen hintanzustellen sei. Das Aufhängen gewaschener Wäsche oder die Ausstattung mit Vorhängen gehöre zum üblichen Wohnverhalten. Schon das gepflogene lüftungsintensive Wohnverhalten (je 10 Minuten morgens und abends Durchzug, Bad nach Benützung, Schlafzimmer ganze Nacht) könne von einem Wohnungsmieter nicht verlangt werden; auch nicht tägliche Präsenz zwecks Stoßlüftens. Dem sei im Anlassfall hinzuzufügen, dass auch das Aufstellen der Kästen den Wünschen der Wohnungsbenützer überlassen bleiben müsse, sofern ihnen die Wohnung zum Bewohnen vermietet worden sei. Gerade das Ansinnen, bei einer derartig kleinen Wohnung die Kästen weit von der Wand wegzustellen, sei „kontraproduktiv", weil die dadurch eingenommene Nutzfläche für den Mieter verloren sei. Wenn wegen des Kleinkindes kein Luftdurchzug mehrfach am Tag veranstaltet worden sei, so sei dies verständlich und keinesfalls ein Fehlverhalten des Mieters, mag auch der Wärmetechniker es so sehen. Worin sonst das Erstgericht ein schuldhaft falsches Nutzungsverhalten der Wohnungsmieter im Sinn von Vorwerfbarkeit rechtswidrigen Verhaltens angenommen habe, sei nicht ersichtlich. Möge das Wohnverhalten kausal für die Schimmelpilzbildung und die Durchfeuchtung der Wände gewesen sein, so sei dennoch kein unübliches Wohnverhalten und damit kein Missbrauch vom Mietobjekt im Sinn der §§ 1109, 1111 ABGB festgestellt worden. Schimmelpilz, der wie im Anlassfall nur durch Abstemmen des Verputzes, Trockenlegung der Mauer und Neuverputz beseitigt werden könne, sei ein ernster Schaden des Hauses. Gemäß § 3 Abs 2 Z 2 MRG obliege die Behebung eines ernsten Schadens im Mietobjekt dem Vermieter. Eine Überwälzung dieser Verpflichtung auf die Mieter sei nicht möglich. Die vom Erstgericht festgestellte vertragliche Verpflichtung, auf die sich die Beklagte aber nicht explizit berufen habe, wäre als Abweichung von den Instandhaltungspflichten des Vermieters unwirksam. Deshalb seien sämtliche Gegenforderungen, die für die Beseitigung von Schimmel und Feuchtigkeit an den Wänden erhoben worden seien, nicht berechtigt. Die Beklagte habe die Verletzung der Pflicht zur Entfernung der im Küchenbereich der Wohnküche aufgebrachten Bodenfliesen geltend gemacht. Sie habe aber die Bodenfliesen der Nachmieterin erhalten und weiter vermietet. Deshalb habe sie für die Entfernung der Bodenfliesen keinen Ersatzanspruch. Wieso sie den umgebenden Melanboden habe auswechseln lassen, könne dahingestellt bleiben. Eine den Höhenunterschied zwischen belassenen Fliesen und dem umgebenden Melanboden ausgleichende Abschlussleiste sei nicht als Gegenforderung geltend gemacht worden.
Nachträglich (§ 508 ZPO) ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision gegen das Teilurteil mit der Begründung zu, dass es eine erhebliche Rechtsfrage sei, ob eine den Wohnbedürfnissen entsprechende Nutzung der Wohnung dennoch zu Schadenersatzansprüchen des Vermieters nach § 1111 ABGB gegenüber dem weichenden Mieter führe, weil dieses übliche Wohnverhalten in klimatechnischer und energietechnischer Hinsicht ein falsches gewesen sei und zu einer Durchfeuchtung der Außenmauern und Schimmelbildung geführt habe.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Teilurteil erhobene Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist zum Teil auch berechtigt.
Die Revisionswerberin bekämpft das angefochtene Urteil insoweit, als den Klägern ein 8.678,39 EUR samt 4 % Zinsen übersteigender Betrag zugesprochen wurde.
1. Zunächst ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht gegen seinen Aufhebungsbeschluss einen Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zugelassen hat (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO). Insofern die Revision die diesem Beschluss zugrundeliegende Rechtsansicht rügt, ist darauf vom Obersten Gerichtshof daher nicht einzugehen. Im Übrigen wurde der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts bereits mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 7. 8. 2008, 6 Ob 168/08m, zurückgewiesen.
2. Soweit die Revisionswerberin die Auffassung des Berufungsgerichts rügt, in dem vom Erstgericht zur Konkretisierung der eingewandten Gegenforderungen aufgetragenen Schriftsatz der Beklagten seien bestimmte Forderungen nicht mehr erhoben worden, zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Beurteilung des Berufungsgerichts bedarf im Hinblick auf den Inhalt des wiedergegebenen Auftrags des Erstgerichts keiner Korrektur.
3. Gemäß § 1109 Abs 1 ABGB ist der Bestandnehmer verpflichtet, die Bestandsache nach Beendigung des Bestandverhältnisses „dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat", zurückzustellen. Kommt der Bestandnehmer seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands nicht nach, ist der Bestandgeber berechtigt, den Ersatz der Kosten der Herstellung dieses Zustands zu verlangen (RIS-Justiz RS0020788).
3.1. Die Kläger traf die Pflicht, den Fliesenboden in der Wohnküche zu beseitigen und den ursprünglichen Melan-/Parkettboden wiederherzustellen, sodass insbesondere der nicht unerhebliche Niveauunterschied zwischen Fliesen und umgebendem Bodenbelag nicht mehr bestanden hätte. Dass die Beklagte den Fliesenboden beließ, nimmt ihr entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Anspruch auf Ersatz des Aufwands zur Herstellung der bei Vertragsbeginn gegebenen stufenlosen Bodenfläche, der nicht höher war als der Aufwand für eine Entfernung des Fliesenbodens und Wiederherstellung des Melan-/Parkettbodens gewesen wäre. Die Revisionswerberin zeigt dies zutreffend auf. Der in diesem Punkt noch streitverfangene Aufwandersatz war ihr zuzuerkennen.
4. In Bezug auf den vom Berufungsgericht verneinten Bestand des Anspruchs auf Ersatz des Aufwands zur Beseitigung des Schimmels macht die Beklagte geltend, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis der Schuldlosigkeit nicht angetreten. Zwar gehörten das („gemäßigte") Aufhängen nasser Wäsche und das Einhalten einer auch für den Mieter angenehmen Raumtemperatur zum Bewohnen einer Wohnung dazu, den Mieter treffe aber auch eine „gewisse" Sorgfaltspflicht den Bestandräumlichkeiten gegenüber. Es sei einem Mieter zumutbar, an Außenwänden Wandverbauten nicht fix zu montieren und an „neuralgischen Stellen" zwischen Kasten und Wand „einige Zentimeter" Luft zu lassen. Es sei auch zumutbar, zumindest einige Minuten lang täglich quer zu lüften.
Hierzu wurde erwogen:
4.1. Soweit die Revisionswerberin ins Treffen führt, bei einer Interessenabwägung seien die infolge der Fehlnutzung immer wieder frustrierten und zudem kostspieligen Sanierungsversuche der Beklagten zu berücksichtigen, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.
4.2. Den Bestandnehmer treffen nach herrschender Ansicht auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Pflicht, den vertragsgemäßen Gebrauch nicht zu überschreiten, und Schutz- und Obhutspflichten, die über die bloße Beschränkung des Gebrauchs auf eine „schonende Ausübung" hinausgehen (Würth in Rummel, ABGB³ § 1098 Rz 1 f mwN; Iro in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1111 Rz 1; Riss, Die Erhaltungspflicht des Vermieters, 69 mwN).
4.3. § 1111 ABGB normiert eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für Beschädigung oder missbräuchliche Abnutzung des Bestandobjekts (4 Ob 258/98i SZ 71/169 ua). Der Bestandnehmer haftet nicht bei einem vertragsmäßigen (= schonenden) Gebrauch der Bestandsache und für die sich daraus ergebende gewöhnliche Abnutzung (Würth in Rummel, ABGB³ § 1111 Rz 2).
4.4. Inhalt und Umfang des Gebrauchsrechts des Mieters (§ 1098 ABGB) bestimmen sich nach der Vereinbarung, dann nach dem Zweck des Bestandverhältnisses und ergänzend nach Ortsgebrauch und Verkehrssitte (1 Ob 120/98y mwN; Würth in Rummel, ABGB³ § 1098 Rz 2 mwN; Iro in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1098 Rz 1 mwN).
4.4.1. Nach den Feststellungen lagen die Ursachen für die Schimmelbildung in einer hohen, auf dem Verhalten der Bewohner des Bestandobjekts beruhenden Raumluftfeuchtigkeit und in einer nicht „effizienten" Lüftung.
4.4.2. Dass das Verhalten der Bewohner des Bestandobjekts, das zu einer hohen Luftfeuchtigkeit führte, nicht vertragsgemäß war, behauptet die Revisionswerberin nicht. Fehler in der Beheizung sind nach der nicht bekämpften Feststellung des Berufungsgerichts nicht gegeben. Es ist allgemein üblich, in zu Wohnzwecken vermieteten Räumen Möbel an die Wand zu stellen oder an die Wand zu montieren. Dass sich der Erstkläger und seine Ehefrau so verhielten, kann ihnen nicht vorgeworfen werden.
4.4.3. Im Vertrag ist nicht festgelegt, wie und in welchem Ausmaß die Mieter Räumlichkeiten zu belüften haben. Nach den Feststellungen wurde täglich ein paar Mal für mindestens zehn Minuten Raum für Raum gelüftet. Dass die Frequenz des Lüftens nicht genügte, behauptet die Beklagte zu Recht. Das Lüften Raum für Raum ist üblich, insbesondere wenn wegen eines Babys Luftzug vermieden werden soll. Das Lüftungsverhalten des Erstklägers und seiner Ehefrau, die die Schimmelbildung auf Baumängel zurückführten und dies der Beklagten bekanntgaben, entspricht somit der Anwendung gewöhnlicher Fähigkeiten (§ 1297 ABGB). Dass zur „Lösung des Schimmelproblems" unter anderem ein „Querlüften über die Gangtüre oder zumindest über zwei geöffnete Fenster mehrmals täglich ca fünf Minuten bei Anwesenheit" erforderlich ist, wie der von der Beklagten beschäftigte Sachverständige in seinem Bericht vom 9. 12. 2005 über seine Untersuchungen in der Wohnung am 18. 11. 2005 - zwölf Tage vor dem Ende des Bestandverhältnisses - schrieb (Beilage ./10 S 52 f), war den Bewohnern des Bestandobjekts nicht bekannt. Von der Beklagten wurden sie darauf nicht hingewiesen. Ein vorwerfbares Fehlverhalten ist aus diesen Gründen zu verneinen. Ob das geforderte Querlüften den Bewohnern zumutbar gewesen wäre, muss daher nicht erörtert werden. Den Klägern ist der Beweis ihrer Schuldlosigkeit gelungen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E92096European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00272.08F.1016.000Im RIS seit
15.11.2009Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012