TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/15 99/02/0029

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Veröffentlicht am 15.12.2000
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des RH in G, Deutschland, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 10. Dezember 1998, Zl. VwSen-105336/19/Sch/Rd, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 20. September 1997 um 22.15 Uhr mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug auf der W. Landesstraße im Ortsgebiet von O., in Fahrtrichtung O. fahrend, bei Straßenkilometer 32,210 die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 51 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 begangen, sodass gegen ihn eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) zu verhängen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid auf Grund der am 9. Juli 1998 durchgeführten Berufungsverhandlung davon aus, dass der Beschwerdeführer im angeführten Ortsgebiet mit offensichtlich weit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei. Entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht des Beschwerdeführers, der geltend gemacht habe, dass über den hinter ihm fahrenden Fahrzeuglenker lediglich mittels Organstrafverfügung eine Geldstrafe in der Höhe von 75 DM,- verhängt worden sei, und bezweifelt habe, dass eine korrekte Lasermessung von zwei unmittelbar hintereinander fahrenden Fahrzeugen möglich sei, sei ein Gendarmeriebeamter, der jahrelang Lasermessungen durchführe, jedenfalls in der Lage, die Geschwindigkeiten von zwei hintereinander fahrenden Fahrzeugen zu messen. Auch habe die Beifahrerin des Beschwerdeführers keine Angaben zu der gefahrenen Geschwindigkeit machen können. Wohl sei anlässlich der Berufungsverhandlung festgestellt worden, dass das Hinweiszeichen "Ortstafel" zum Verhandlungszeitpunkt zu hoch angebracht gewesen sei. Da der Standort der Ortstafel jedoch zum Vorfallszeitpunkt weiter außerhalb gewesen und die Ortstafel zwischenzeitig versetzt worden sei, könne nicht mehr nachgeprüft werden, ob die Ortstafel auch zum Vorfallszeitpunkt nicht vorschriftsgemäß angebracht gewesen sei. Eine nach der Beweisaufnahme eingeholte gutachterliche Stellungnahme eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen habe ergeben, dass die Durchführung der Lasermessung durch die Windschutz bzw. Seitenscheibe des Gendarmeriefahrzeuges mit dem verwendeten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsgerät (der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E) zulässig sei. Für seine in einer Stellungnahme zu diesem Gutachten erhobene Forderung, der Amtssachverständige hätte das Gutachten in einer erstreckten Berufungsverhandlung mündlich erstatten müssen, habe der Beschwerdeführer keine rechtliche Begründung geboten. Die vom Beschwerdeführer beantragte Einholung des Eichscheines sei nicht erforderlich gewesen, da in der Gendarmerieanzeige ausdrücklich angeführt sei, dass das Gerät geeicht gewesen sei, und weil von den derartige Geräte verwendenden Dienststellen großes Augenmerk auf die Einhaltung der Eichfristen gelegt werde. Auch könne die Beischaffung eines Eichscheines nicht als unabdingbar angesehen werden.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) ist vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dann, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragrafen kann, wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000,-- S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Den Parteien ist eine von einer anderen Partei erhobene Berufung unter Hinweis auf diese Rechtsfolge mitzuteilen. Vor Erlassung des Bescheides ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu geben.

Nach Abs. 3 leg. cit. kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen. Wenn die Verhandlung wegen einer noch ausstehenden Beweiserhebung vertagt wird, dann kann der Verzicht bis zum Beginn der fortgesetzten Verhandlung erklärt werden. Dem Beschuldigten ist vor der Fällung des Straferkenntnisses Gelegenheit zu geben, sich zum Ergebnis der vorgenommenen Erhebungen zu äußern. Trotz des Verzichts der Parteien kann der Unabhängige Verwaltungssenat die Verhandlung durchführen, wenn er es für erforderlich erachtet.

Gemäß § 51 i VStG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.

Die belangte Behörde darf die Tatfrage im Hinblick auf § 51 i VStG und unter Bedachtnahme darauf, dass dem Beschwerdeführer als Beschuldigten die durch Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. Nr. 210/1958) festgelegten Verfahrensgarantien zu gewährleisten sind, grundsätzlich nur durch Verwertung von in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Beweisergebnissen beantworten. Sie ist im Falle der Bestreitung des - entscheidungswesentlichen - Sachverhaltes verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 96/09/0028, mit weiteren Nachweisen).

Dem Gesetz ist jedoch fremd, dass ein rechtswidriges Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung - der Beschwerdeführer hat auf eine fortgesetzte Verhandlung nicht verzichtet - in jedem Falle die Aufhebung des Berufungsbescheides nach sich ziehen müsste (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/17/0091). Maßgeblich ist vielmehr die in der Beschwerde darzustellende Relevanz des rechtswidrigen Unterbleibens der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0165). Nichts anderes gilt im Falle des Unterbleibens einer Vertagung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, Zl. 92/02/0192).

Der Beschwerdeführer hat weder dargetan, welche relevante Fragen er in einer fortgesetzten Verhandlung an den Amtssachverständigen hätte richten wollen, noch hat er es unternommen, durch ausreichend konkretisiertes Vorbringen darzutun, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Damit ist es ihm aber nicht gelungen, die Wesentlichkeit dieses Mangels aufzuzeigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0171, mit weiteren Nachweisen). Dem in diesem Zusammenhang in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 97/03/0379, lag gegenüber dem im Beschwerdefall maßgeblichen Sachverhalt eine gänzlich unterschiedliche Sachlage (Alkoholisierungsproblematik) zugrunde, sodass daraus für die Beschwerde nichts zu gewinnen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach festgestellt hat, handelt es sich bei einem geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der oben genannten Bauart grundsätzlich um ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit, wobei einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines solchen Gerätes betrauten Sicherheitsorgan auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238). Die sich in bloßen Behauptungen erschöpfende Bestreitung der Richtigkeit des Messergebnisses ist daher nicht geeignet, im Rahmen der dem Gerichtshof diesbezüglich zukommenden Kontrolle Bedenken gegen die auf das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung gestützte Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erwecken.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde insbesondere auch auf Grund des Umstandes, dass bei einer mangelhaften Messung sofort eine Fehlermeldung erscheint, davon ausgehen, dass eine genaue Messung auch von zwei im behaupteten zeitlichen Abstand weniger Sekunden hintereinander fahrender Fahrzeuge durchführbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2000, Zl. 99/11/0384).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme zum Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen auch die Beischaffung des Eichscheines für das verwendete Lasergerät mit der Begründung gefordert, dass an Hand der in diesem Dokument aufscheinenden genauen Gerätebezeichnung festgestellt werden könnte, um welches Gerät es sich tatsächlich handle. Angesichts der vom angeführten Amtssachverständigen in seinem Gutachten vorgenommenen exakten Bezeichnung dieses Gerätes (Bauart LTI 20.20 TS/KM-E) kann es keinem Zweifel unterliegen, auf welchen Gerätetyp sich die gutachtlichen Aussagen dieses Sachverständigen bezogen. Demzufolge war die belangte Behörde auch nicht gehalten, zur Feststellung des verwendeten Gerätetyps den Eichschein beizuschaffen. Dass aber die diesbezüglichen Eichvorschriften nicht eingehalten worden seien, hat der Beschwerdeführer - sollte sein nunmehriges Vorbringen so zu verstehen sein - im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht.

Soweit aber der Beschwerdeführer die vorschriftswidrige Anbringung der Ortstafel zur Tatzeit ins Treffen geführt hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich hiebei um eine bloße, durch keine Beweisanbote untermauerte Behauptung handelte.

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Dezember 2000

Schlagworte

Feststellen der Geschwindigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020029.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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