Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des GA in S, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwälte in Wien I, Nibelungengasse 1/Stg. 3/2/46, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. Oktober 1999, Zl. Senat-NK-99-415, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft N. auf ihr schriftliches Verlangen vom 4. Februar 1998 innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Aufforderung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 8. Dezember 1997 um 08.45 Uhr in S. auf der Bundesstraße 306 in einem näher umschriebenen Bereich gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 begangen. Es sei daher gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) zu verhängen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (in der Fassung der 10. Novelle) kann die Behörde Auskunft darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat...
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass der Beschwerdeführer durch die gegenüber der Behörde erster Instanz abgegebene Behauptung, weder er noch jemand anders habe zum Vorfallszeitpunkt das Fahrzeug gelenkt, die ihn treffende Auskunftspflicht nicht in der gesetzlich geforderten Art erfüllt habe.
Zunächst ist dem Beschwerdeführer, der eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides wegen Verstoßes gegen § 44a (Z. 1) VStG darin erblickt, dass das Kennzeichen des Gegenstand der Anfrage bildenden Kraftfahrzeuges nicht im Spruch angeführt sei, entgegenzuhalten, dass dies nicht erforderlich war, weil in Ansehung einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 für die Unverwechselbarkeit einer Aufforderung, deren Nichtbefolgung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, etwa die Anführung des Datums der Aufforderung genügt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. November 1989, Zl. 89/02/0004). Insoweit liegt die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides somit nicht vor, weil im Spruch des - vollinhaltlich bestätigten - erstinstanzlichen Straferkenntnisses das Datum der Anfrage angeführt ist.
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, mit der Erklärung, das Fahrzeug an diesem Tag nicht gelenkt und es auch keiner dritten Person zu diesem Zeitpunkt zum Lenken überlassen zu haben, sodass er auch keinen Dritten habe namhaft machen können, habe er eine dem Gesetz und der zitierten Anfrage entsprechende Auskunft erteilt.
Würde dieses Vorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entsprechen, so wäre die von ihm erteilte Auskunft in der Tat nicht als unrichtig zu bezeichnen und läge auch ein Verstoß gegen § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 99/02/0305).
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis ausgeführt. "Da sich die Behörde offensichtlich um einen Monat geirrt" und anstelle für den 8. November 1997 angefragt habe, wer das Fahrzeug am "8. Dezember 1998" gelenkt habe, habe er bekanntgegeben, dass das Fahrzeug weder von ihm gelenkt noch einer einer dritten Person zum Lenken überlassen worden sei. Gleichzeitig machte der Beschwerdeführer Eva A. (seine Gattin) als Zeugin für die Richtigkeit seiner Angaben namhaft und beantragte deren zeugenschaftliche Einvernahme.
Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit der Berufung nur insoweit auseinander gesetzt, als sie dem Beschwerdeführer entgegengehalten hat, dass er niemals aufgefordert worden sei anzugeben, wer am 8. Dezember 1998 das Fahrzeug gelenkt habe, und dass der Meldungsleger zwar am 8. November 1997 nicht, wohl aber am 8. Dezember 1997 Dienst versehen habe. Wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde zutreffend ausführt, hätte die belangte Behörde aber schon auf Grund der in der Berufung zweimal vorgebrachten Behauptung, dass - ausgehend von dem vom Beschwerdeführer als richtiger Zeitpunkt erachteten 8. November 1997 - sich die Behörde offensichtlich um einen Monat geirrt habe, erkennen müssen, dass dem Beschwerdeführer bei der Bezeichnung des Jahres (1998 statt richtig 1997) ein Schreibfehler unterlaufen ist. Bei der gebotenen derart berichtigenden Interpretation des Berufungsvorbringens erweist sich aber das Beweisangebot der zeugenschaftlichen Einvernahme seiner Gattin zum Beweisthema der Richtigkeit seiner Angaben, nämlich des Nichtlenkens bzw. Nichtüberlassens des Fahrzeuges an einen Dritten am angefragten 8. Dezember 1997 als ein Beweismittel, welches nicht von vornherein als ungeeignet angesehen werden kann, zur Aufklärung des im Beschwerdefall maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Demgegenüber ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf dieses Beweisangebot überhaupt nicht eingegangen.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung darf die Behörde einen angebotenen Beweis wie z.B. Zeugen nur dann von vornherein ablehnen, wenn die angebotenen Beweismittel an sich nicht geeignet sind, über den Gegenstand einen Beweis zu liefern. Eine antizipative Beweiswürdigung ist den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Wien 1996, S 310, zitierte Judikatur und das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000).
Die belangte Behörde ist somit - entgegen der von ihr in der Gegenschrift vertretenen Ansicht, welche der Verwaltungsgerichtshof im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung nicht zu teilen vermag - auf ein nicht von vornherein als untauglich zu erkennendes Beweisanbot des Beschwerdeführers nicht eingegangen und hat den angefochtenen Bescheid ohne Vernehmung der angebotenen Zeugin erlassen. Daraus folgt, dass der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid musste daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 2000
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999020381.X00Im RIS seit
19.03.2001